Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.

Heute dreht sich hier alles ums nahende Ende. Hä? Ist doch Frühling! Alles grünt und blüht, die Biergärten quellen über, erste Poser kopfspringen aus ihren Cabrios in die Badeseen. Pandemie? War gestern! Heizung? Schnee von gestern bzw. morgen. Turbo-Inflation? Bullshit! Die 50-Cent-Briefmarke kostet immer noch exakt so viel wie 2002. Ukraine? Atomkrieg? Chill mal dein Leben, Bruder! Alles so schön bunt hier! Zum Beispiel dieses farbenfrohe, quietschvergnügte Dokument des Scheiterns der Berliner Republik:

Abonnent*innen: Das sind wir, die weiblichen Seiten meiner mit dem Beil des Genderwahns gespaltenen Persönlichkeit und ich. Auch wir sparen Geld. Wir müssen nicht mal was tun. Uns werden einfach von Juni an neun statt ca. 57 Euro für unser Teilzeit-Abo abgebucht. Aber damit dürfen wir – Zauberei! – nun plötzlich sogar Vollzeit fahren. Und bis nach Sylt, um dort beim kommenden Klassenkampf die Kriegsberichterstattung zu übernehmen! Ja, der Frieden der Reetdach-Paläste könnte von den Hüttenbewohnern tatsächlich demnächst zum Sozialtarif gestört werden – eine interessante Perspektive der woken Bespaßungs-Politik für Inflationsopfer.

Denn in Wahrheit sehen wir auf obigem Bild den schriftlichen Beleg, dass der letzte Rest von Kostendeckung und Marktwirtschaft abgeschafft ist, die Grundversorgung nicht mehr gewährleistet, die galoppierende Geldentwertung außer Kontrolle und der Staat nur noch hilfloser Aktivist mit immer absurderen Umverteilungsmaßnahmen. Uns steht spätestens ab Herbst eine Energieversorgungskrise biblischen Ausmaßes bevor, zugleich eine Preissteigerungsrate im gut zweistelligen Bereich, Autofahren dürfte endgültig unerschwinglich werden – aber hey, Leute, nehmt auf dem Weg zur Endstation Jüngstes Gericht doch einfach billig Bus und Bahn, angetrieben von Salatöl bzw. Luft-Strom! Bei so viel Realismus fallen die zusätzlichen Fantastillionen, die diese irre Gießkannen-Subvention kostet, kaum noch ins Gewicht (Rüstungsetat 2022: plus 100 Milliarden € aus dem frei erfundenen „Sonderhaushalt“, hihi!).

Wir sind dem Endzustand der Republik, dem waffenstarrenden Sozialparadies mit Digitalpersonalimpfausweis, Versorgungsgutscheinen und gnadenlosem Grundgehalt, einen weiteren Riesenschritt näher.

Es folgt eine kurze Durchsage des russischen Staatsfernsehens:

Falls Sie das jetzt nicht anklicken wollten, weil Sie fürchteten, vom Algorithmus als Putinversteher registriert zu werden: Der Claus Kleber von Rossija 1 mit der Staatsflagge am Revers sagt ungefähr: Wenn Boris Johnson mit seinem kleinen Schrumpelschwänzchen atomare Vergeltungsschläge gegen das mächtige Russland androht, dann packen wir mal unsere fetten Untersee-Nukleartorpedoschwengel aus und spritzen damit einen hochverstrahlten Tsunami über seine gesamte Affeninsel. „Subtile Propaganda“ ist wohl ein Widerspruch in sich, aber das hier … Sagen wir so: Diese Beleidigung meiner Restintelligenz durch eine glatzköpfige Hackfresse mit Mafia-Appeal hat erste Zweifel geweckt, ob eine Dikatur blutsaugender Moskauer Oligarchen wirklich die Lösung für alles wäre.

Apropos atomarer Penisneid: Der Frühling macht selbst aus mir altem Torfsack einen Jungbullen, dem das Testosteron den Blick verschleiert. In einer Mail möchte mich die Deutsche Bahn als Tester ihrer neuen mobilen DB-App gewinnen, unter anderem soll ich deren Funktion „Sofortporno“ bewerten. Ich staune erfreut über so viel moderne Liberalität auf Schienen und will mich schon zur Verfügung stellen, als ich den Text zum Glück ein zweites Mal studiere. Und da steht enttäuschenderweise in Wirklichkeit, dass es um die Funktion „Sofortstorno“ gehe – „falls Sie doch einmal ein falsches Ticket gebucht haben“. Wie langweilig ist das denn? Sogleich nehme ich Abstand von der Wiederaufnahme meiner Bahntester-Karriere.

Inflation Watch: Kennen Sie diese Sonnenblumenöl-Flaschen aus dem Bückregal beim Discounter, diese Behältnisse aus superdünnem Billigplastik, die beim geringsten Zugriff bizarre Dellen und nach innen gestülpte Druckstellen bekommen? Meiner Erinnerung nach kosteten die vor den Befreiungskriegen so etwa 89 Cent pro Liter.

Nun, dieser Tage habe ich so eine „erstehen“ können, wie man in Zeiten der Not wohl mit Entdeckerstolz und ehemals dicker Hose sagt. Für 4,99 Euro, meine Damen und Herren! Immerhin: unter fünf.

Zum Abschluss für heute und beim Thema bleibend jetzt aber noch ein ergreifendes Werk der Volksdichtung. Es hängt im schleswig-holsteinischen Ratzeburg neben der bronzenen Statue eines Mannes, der das Innenfutter seiner leeren Hosentaschen vergnügt auf links zieht. Natürlich vor der örtlichen Sparkassenfiliale. Gewidmet ist das Gedicht all den Veteranen unter Ihnen, die sich noch an Zeiten der Preisstabilität und – ja, ich weiß, Opa erzählt wieder von Stalingrad – an „Sparzinsen“ erinnern:

Ich gebe zu, selbst ich als Wirtschaftsökonom musste kurz nachschlagen, was „Mündelsicherheit“ war. Niemand könnte es schöner erklären als die gute, alte, hochkorrupte Wikipedia. Bitte lesen Sie den folgenden Auszug vollständig bekifft und dafür umso lauter, er wird Sie trotz der Härten dieser Tage fröhlich stimmen:

„Mündelgeld ist das zum Vermögen eines Mündels gehörende Kapitalvermögen. Der Vormund ist verpflichtet, dieses Geld in besonderer Form, mündelsicher genannt, und verzinslich anzulegen. Mündelsicher sind alle Vermögensanlagen, bei denen Wertverluste der Anlage mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind; der Wertverlust durch Inflation wird hierbei jedoch implizit toleriert.“

Das Jahr 2022 hat angerufen. Das mit dem Wertverlust sei soweit korrekt.


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