Der junge irakische Flüchtling Hisham ist im Ruhrgebiet gut angekommen: Er schießt Tore für die Kreisligisten von Westfalia Herne. Als Hisham unversehens ins Rampenlicht des Fußballgeschäfts gerät, erlebt der kauzige Rentner Anton Borowiak aus der Germanenstraße seinen dritten Frühling: als Spielerberater – und als Leibkoch in der Not.

Förderpreis des Literaturpreises Ruhr 2018

„Dschiddu! Dschiddu!!!“

Das Geschrei hörte Anton Borowiak im Dachgeschoss lange vor dem Poltern der Schritte, nein, der Bocksprünge, die immer drei Stufen im Treppenhaus auf einmal nahmen. So rief ihn nur einer, meist in heller Aufregung. Dieser eine war Hisham, und die Aufregung kam im Dreistufen-Takt nach oben gebollert.

Es hatte eine Weile gedauert, bis Borowiak sich daran gewöhnt hatte, „Großvater“ auf Arabisch gerufen zu werden. Weder seine polnischen Wurzeln noch seine Jahrzehnte in der Germanenstraße, ausgerechnet, hatten ihn auf diesen Sprachwandel vorbereitet.

Wenn Borowiak gefragt wurde, wo er wohnte, sagte er natürlich nicht: in Herne, gleich an der Autobahn. Er fand, an der Straße zum Schloss Strünkede klang entschieden besser. Gelogen war das nicht, also jedenfalls im Hinblick auf die Generalrichtung der Germanenstraße. Nur eben von ihrem entferntesten Ende her betrachtet, von den Siedlungs-Wohnblocks aus.

Meistens hatte es auch den gewünschten Effekt, dass nämlich der andere gleich rief, ach, zum Stadion Schloss Strünkede? Und dann konnte man anfangen, über Westfalia Herne zu fachsimpeln, den traditionsreichen Oberliga-Fußballklub. Seit Olga tot war, funktionierte das sogar noch besser. Er sah ja nur noch andere alte Männer. Und Hisham.

Schon flog die Tür zum Speicher auf, dass die Siegerurkunden an den Wänden in ihren Wechselrahmen gefährlich schaukelten. Zeitgleich flatterten die Nummern 4, 9 und 13 panisch auf, ein paar Federn stoben im staubigen Licht des Speichers umher.

„Jungchen! Biste verrückt geworden? Du sollst sie nicht erschrecken! Wie oft hab ich dir gesagt, leise reinzukommen?“

Hisham stand viel zu sehr unter Strom, um zerknirscht zu sein.

„Dschiddu! Ich spiele!“

Der Junge hatte schnell Deutsch gelernt, seit er vor zwei Jahren als unbegleiteter jugendlicher Flüchtling aus dem Irak in Herne angekommen war. Oder vielmehr, seit er das kleine Zimmer bei Borowiak bewohnte, das Olgas Arbeitszimmer gewesen war. Denn seitdem sorgte Anton dafür, dass Hisham zur Schule ging. Mit eiserner Faust. Gerade mal 17 Jahre alt? Der muss noch viel lernen!

„Natürlich spielste, Jungchen, bist ja Fußballer. Gibt keinen Fußballer, der nicht möcht spielen. Reich mir mal die Packung Erdnüsse! Beruhigt die Viecher.“

Die Taube mit der Ringnummer 13 pickte durch das Maschengitter ihrer Drahtbox im Holzverhau gleich zwei der Erdnusshälften aus der Hand des alten Mannes, dicht gefolgt von Nummer 4, die sich mit einer begnügte. Beiden war das wilde Flattern damit auf einen Biss vergangen. Nur Nr. 9, dunkelgrauer Kopf, grün schimmernder Hals, verkroch sich ganz hinten in ihrer Box, immer noch flügelschlagend. Bockig.

Für den Augenblick war Hisham vom Erdnusstrick so abgelenkt, dass er seine Sensation ganz aus den Augen verlor.

„Dschiddu, warum mag Nummer 9 nicht die Nuss?“

„Na, weil se beleidigt ist, Jungchen! Und weil se alt ist, ein Taubengreis. Weiß ich ja, dass sie deine Lieblingstaube ist: 17 Jahre alt – genau wie du. Und Nummer 9 – genau wie du als Stürmer. Nur Pokale holt die nicht mehr für uns. Aber pass mal auf!“

Borowiak nahm eine Erdnuss aus dem Päckchen und platzierte sie mitten in seiner Ohrmuschel, geradewegs vor dem Hörkanal. Dann legte er das Ohr an den Maschendraht der Box von Nummer 9. Die so Verführte zierte sich noch ein wenig, konnte aber dann doch nicht widerstehen. Mit einem präzisen Ruck packte ihr Schnabel die Nuss und entwand sie aus dem Ohr des Alten. Damit war wieder Frieden im Schlag. Nur Picken, das Scharren der Krallen und gelegentliches Gurren war noch zu hören.

Die Ruhe ließ Hisham wieder einfallen, warum er auf den Speicher des vermutlich letzten Siedlungsblocks in Herne gestürmt war, der noch einen Zuchttaubenschlag aufwies. Mit dem Ende des Bergbaus und dem Aussterben der alten Kumpel geriet auch der Taubensport an der Ruhr allmählich in Vergessenheit. Ganz anders als der Fußballsport.

„Der Trainer sagt: Ich spiele – erste Mannschaft! DFB-Pokal!“

„Jungchen! Sollste doch nicht lügen!“

„Ist die Wahrheit, Dschiddu! Sind alle krank, also muss der Trainer von der Ersten mich fragen!“

„Du spielst nicht gegen Schalke!?“

„Ist die Wahrheit, Dschiddu! Schwör’!“

Das konnte unmöglich stimmen. Oder etwa doch? Hisham Samad hatte einen Platz in der zweiten Mannschaft des SC Westfalia ergattert, Kreisliga. Schon das war mit 17 Jahren und als Flüchtling eine Nachricht in den örtlichen Zeitungen gewesen. Okay, er hatte einfach da weitergemacht, wo er im Irak aufgehört hatte. Und ja, er schoss Tore, sogar sehr viele Tore. Aber die Zwote spielte gegen Mannschaften wie Pöppinghausen oder Habinghorst, gewöhnlich vor 300 Zuschauern. Während die ruhmreichen Oberligisten der Westfalia das große Los gezogen hatten: In der ersten DFB-Pokalrunde würden sie gegen die übermächtigen Bundesliga-Stars von Schalke 04 antreten. Aber die letzten Meldungen hatten von einer Grippewelle in der Mannschaft gesprochen.

Das Spiel der Spiele, Mittwochabend. Flutlicht. Das überdimensionale Stadion am Schloss Strünkede, das noch aus der großen alten Zeit des Traditionsclubs Westfalia stammte, würde übermorgen mit mehr als 30.000 Fans restlos ausverkauft sein. Fernsehen, Radio, die überregionalen Zeitungen, alle da. Und sein Jungchen sollte auf dem Platz stehen? Borowiak war sprachlos.

Es stimmte. Das Internet meldete es nur ein paar Stunden, nachdem Hisham auf den Dachboden gebollert war: „Grippe-Ersatz: SCW setzt gegen Schalke auf Kreisliga-Talent Samad.“

Plötzlich beherbergte Borowiak unter seinem bescheidenen Dach eine Berühmtheit. Sein Telefon in der Siedlungswohnung an der Autobahn begann heißzulaufen. Die großen Zeitungen und Sender wollten vor dem Schalke-Spiel schnell noch Interviews mit dem Iraker, den sie einen „Glücksfall der Integration“ nannten. Wobei sie das ja auch nach seinen Toren gegen Pöppinghausen mal hätten tun können. Aus Sicht seiner Sportskameraden in der zwoten Mannschaft jedenfalls, aber was zählten die schon.

Diesen „polnischen Opa“ hingegen, der sich da im Kohlenpott so rührend um den irakischen Flüchtlingsjungen kümmerte, wollten die Medienfritzen aus Hamburg und dem Rest des Landes als Verbindungsmann zu ihrem neuen Liebling nutzen. Da kannten „Spiegel“, „Stern“ & Co. aber Borowiak schlecht. „Braucht das Jungchen noch einen Tag Ruhe vor dem großen Spiel“, erklärte er gerade zum dritten Mal einem Reporter der „Süddeutschen“, der am anderen Ende der Leitung nicht locker lassen wollte. „Und sein Berater braucht auch Ruhe. Welcher Berater? Na ich, Anton Borowiak! Binde ich dem Jungen jeden Morgen die Schuhe zu!“

In diesem Moment drehte sich der Schlüssel im Schlüsselloch, und Hisham schlich mehr in die Wohnung, als dass er sie betrat. Borowiak hatte im Treppenhaus auch kein Geboller gehört.

„Moment, rufe ich zurück, vielleicht! Vielleicht auch nicht.“

Er legte auf und erkannte mit einem Blick, dass etwas nicht stimmte. „Was fehlt dir, Jungchen? Blass siehste aus! Wie war das Abschlusstraining mit der ersten Mannschaft?“

„Die sagen, ich bin zu klein für, wie heißt das, Luftkampf.“

„Jungchen! Bist 1,75 – größer als Messi!“

„Ja, aber die Schalker Abwehr ist einen Kopf größer als ich. Und der Trainer will mehr, wie sagt man, Sprungkraft.“

„Reichen dem drei Treppenstufen auf einmal nicht? Lässt er dich jetzt etwa doch nicht spielen?“

„Er sagt, wenn ich beim Hochsteigen zum Kopfball nicht fliege wie ein Engel: Halbe Stunde, dann wechselt er mich aus gegen einen offensiven Mittelfeldspieler! Dschiddu, wie kann ich fliegen wie ein Engel, wenn alle Engel doppelt so groß sind wie ich?“

Die Verzweiflung schien Hisham noch ein wenig schrumpfen zu lassen. Borowiak sah seinen Schmerz. Er überlegte fieberhaft. Hier stand nicht nur sein Stürmer auf dem Spiel. Nicht nur das Schicksal des SC Westfalia im Jahrhundertspiel gegen Schalke. Hier ging es um seinen Ruf als Spielerberater.

Fliegen wie ein Engel. Der Ausdruck rumorte in Anton Borowiak.

Fliegen wie ein Engel. Außergewöhnliche Ansprüche erforderten außergewöhnliche Maßnahmen.

„Gut, Jungchen“, sagte er schließlich mit Nachdruck. „Du gehst jetzt in dein Zimmer, Playstation spielen, und machst die Tür zu. Kommst erst raus, wenn ich‘s dir sage. In der Zwischenzeit kocht Anton Borowiak dir seine berühmte, geheime, polnische Fliegersuppe! Nach dieser Suppe fliegst du morgen wie ein Engel.“

„Fliegensuppe?“ Hisham schüttelte es. „Dschiddu, willst du den einzigen gesunden Stürmer vom SCW vergiften?“

„Flieger, nicht Fliegen! Ein Geheimrezept von meiner Mutter aus Krakau. Hat sie sogar einmal für Mirosław Hermaszewski gekocht, und der war der erste polnische Kosmonaut!“

„Aber die darf auch nicht mit Schweinefleisch … !“

„Jungchen, hast du vielleicht schon mal ein fliegendes Schwein gesehen? Ich gehe paar Besorgungen machen, im polnischen Supermarkt. Und du bleibst im Zimmer!“

Es dauerte lange, bis alle Zutaten den Weg in Borowiaks Suppentopf gefunden hatten. Entscheidend für den Geschmack war, das Fleisch allein zweieinhalb Stunden köcheln zu lassen. Das gab dem Alten mehr als genug Zeit für die Grießklößchen, für die er erst Butter leicht zerlaufen ließ, dann zwei Eier dazugab und die Masse mit einer Gabel vermengte. Schließlich rührte er noch Grieß und Mehl hinzu und formte die Klößchen, bis sie fest genug waren. Für den Eierstich verquirlte er Eier, Milch, Salz und etwas Muskatnuss und ließ alles in einem Wasserbad stocken.

Fast zuletzt, als das dunkle Fleisch endlich weich war und sich von den Knochen zu lösen begann, ließ Borowiak noch Suppengemüse für die Brühe mitkochen. Er entfernte die Knochen und zerteilte das Fleisch. Am Ende gab er Grießklößchen und den in Würfel geschnittenen Eierstich hinzu. Dann rief er Hisham.

Angelockt vom Duft, setzte sich sein Schützling erwartungsvoll vor seinen Teller an den Tisch. Borowiak füllte auf.

„Was ist das für Fleisch, Dschiddu? Riecht wie die Hühnchen daheim in Erbil, so wie meine Tante sie machte.“

„Würde ich dir Hühnersuppe gekocht haben, Jungchen, würdest du morgen flattern und nicht fliegen. Willst du gegen Schalke flattern wie ein Huhn oder fliegen wie ein Engel?“

„Aber hast du keinen Engel in die Suppe getan?“ Möglich schien es Hisham. Sie waren nicht sehr stark im Glauben, die Menschen hier in Deutschland.

„Kein Engel, Gott bewahre“, murmelte der Alte, immerhin praktizierender Katholik. Und seine Stimme wurde noch unverständlicher, während er sich dem Herd zuwandte und unter Rühren in den Kochtopf brummte: „Kein Engel und kein Suppenhuhn.“

Zuletzt war gerade noch ein Wort vernehmbar, das wie „Ende“ klang. Oder war es „Ente“?

„Entenfleisch, Dschiddu? Enten schwimmen auf dem See. Ich will morgen nicht baden gehen!“

„Was?“ Aufgeschreckt drehte sich der Alte zum Tisch um. „Jungchen, Flug-Ente! Schon mal gehört? Polnische Flug-Ente! Die steigen am höchsten. Ziehen zur Paarung bis nach Sibirien. Wirst du danach Kopfballtore machen wie Miro Klose!“

Erleichtert und mit neuer Zuversicht griff Hisham zum Löffel. Klose, der unangefochtene WM-Torschützenkönig, war sein Idol.

Als der Mittwochabend da war, der Abend aller Abende, legte das Flutlicht des Stadions am Schloss Strünkede eine verheißungsvolle Glocke aus weißem Licht über den dunklen östlichen Horizont. Borowiak konnte es sehen, wenn er sich aus dem schrägen Dachstuhlfenster lehnte. Er konnte die Schlachtengesänge herüberwehen hören, lange bevor das Spiel begann. Er konnte die Pressluftfanfaren hören, den Stadionsprecher und die scheppernde Popmusik. Nur er selbst konnte nicht auf der Tribüne sein.

„Mein Herz mecht das nicht mitmachen, Jungchen“, hatte er Hisham erklärt. Den traf die Entscheidung so heftig, dass er um ein Haar selbst nicht antreten wollte, wenn sein deutscher Großvater, sein Dschiddu, nicht dabei war. Der Verein hatte sogar eine VIP-Eintrittskarte für Anton Borowiak locker gemacht, der ja jetzt fast selbst schon zum Team gehörte, so als Spielerberater. Aber der Dschiddu war stur geblieben. Es ging über seine Kräfte, mit ansehen zu müssen, welche Wirkung seine Suppe auf den Westfalia-Spieler mit der Nr. 9 haben würde. Ob sie überhaupt eine haben würde. Ebenso gut, dachte er heimlich bei sich, ebenso gut hätte ich ihm gegen Schalke 04 einen Zaubertrank versprechen können, der unbesiegbar macht.

Statt auf der Tribüne saß der alte Mann auf einem Hocker im Dachgeschoss des Siedlungs-Wohnblocks, gleich bei der Autobahn. Die Tauben, die er versorgt hatte, dösten längst im Halbdunkel ihrer Käfige vor sich hin. Nur manchmal machten sie kleine Bewegungen oder scharrende Geräusche. Sie waren keine Fußballfans. Ab und zu plusterte eine ihr Gefieder auf, bevor sie ihr Nickerchen fortsetzte.

Es gab hier oben ein kleines Transistorradio, batteriebetrieben. Doch Borowiak schaltete es lieber nicht ein. Was akustisch aus dem nur einen Kilometer entfernten Stadion bis in den schlecht isolierten Speicher drang, strapazierte sein Nervenkostüm schon genug. Normalerweise war es ein Kinderspiel, ein Westfalia-Tor am Lärmpegel von einem Gästetreffer zu unterscheiden. Dass diesmal fast zur Hälfte Schalke-Fans auf den Rängen saßen, machte die Sache nicht einfacher, aber Borowiak würde sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Seine innere Stoppuhr tickte los, als um 20 Uhr der Auftaktjubel durch die Arena brandete.

Dann hockte er endlose 87 Spielminuten lang fast unbeweglich auf dem Speicher. Warum hätte er auch aufspringen sollen, wenn der Gegner schon seit der ersten Halbzeit mit 1:0 führte. Es war das Minimalergebnis, das dem Bundeligisten zum Weiterkommen reichen würde. Was denn sonst. Das Leben war kein Wunschkonzert. Aber selbst dieses 0:1 aus Sicht des SC Westfalia war mehr als ein Achtungserfolg. Eine Blamage für die Schalker Stars, die gegen einen Vertreter der fünften Liga angetreten waren. Gegen einen ersatzgeschwächten Fünftligisten, bei dem ein Kreisliga-Spieler stürmte. Aber die Schalker Triumph-Gesänge waren eindeutig.

Augenblick! Was war das für ein Tumult, der da in der 88. Minute losbrach? Ein ungeheurer Jubelschrei, dicht gefolgt von einem lang anhaltenden Pfeifkonzert! Ging Anton Borowiaks innere Stoppuhr falsch? War etwa schon Schluss? Hatte Schalke gewonnen? Borowiak hielt es nicht mehr aus. Er schaltete das Radio ein.

„… war die Abseitsfahne sehr spät oben“, rief der Reporter gerade ins Mikrofon. „Fünf, sechs Spieler der Heimmannschaft umlagern den Schiedsrichter und protestieren, aber so tragisch es für Westfalia Herne ist: Das wunderschöne Kopfballtor des erst 17-jährigen Kreisliga-Stürmers Hisham Samad aus dem Irak, es zählt nicht! Wie ein Senkrechtstarter steigt der nicht gerade groß gewachsene Spieler da hoch und höher und versenkt das Leder mit dem Kopf unhaltbar im rechten Winkel! Oh, ist das bitter: Die Zeitlupe zeigt deutlich, dass der junge Mann mit der Rückennummer 9 nicht im Abseits war! Fehlentscheidung, aber es bleibt dabei: kein Ausgleich, keine Verlängerung …“

Borowiak hatte genug. Er knipste das Gerät wieder aus und schlurfte hinüber zu der Maschendraht-Box, die in der Ecke in fast vollständiges Dunkel getaucht war. Es war die einzige, in der sich gar nichts rührte und deren Käfigtür offen stand. Blind griff der Alte hinein.

Nachdem seine Finger auf das Ding gestoßen waren, das er am Abend zuvor darin zurückgelassen hatte, ließ er sich auf seinem Hocker nieder und wendete es zwischen Daumen und Zeigefinger, immer wieder, Umdrehung für Umdrehung. Auch ohne Licht wusste Borowiak, welche Zahl in den aufgebogenen, schmalen Alu-Ring eingestanzt war.

„Will ich ja zugeben, Nummer 9, dass du schön bist geflogen“, murmelte er schließlich. „Aber wenn’s im Leben gerecht zuginge, wärst du im Himmel gelandet statt in Anton Borowiaks Suppe.“


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