Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.

Eine fröhlich-besinnungslose Vorweihnachtskonsumzeit wünscht Ihnen TWASBO, Ihr Verbrauchermagazin für die (Jahres-)Endphase der herrschenden Doktrin! Wenn Sie immer schon mal wissen wollten, wie es der Kapitalismus geschafft hat, zum raffgierigsten aller destruktiven Wirtschafts- und Weltanschauungssysteme zu werden, betrachten Sie diese Schaufensterwerbung in – mal wieder! – Ratzeburg. Und falls Sie als Angehörige der Management-Kaste nicht wissen, um was für eine Art Unternehmen es sich hier handelt: die Filiale einer jener Ladenketten, die nur das Geschmackloseste verhökern, was es an nutzlosem Billigplastik und Billigscheißdreck, gefertigt in Billiglohnländern des globalen Südens, gibt. Es riecht in solchen Geschäftsräumen übrigens auch so: ein süßlich-würgender Duft nach prekärer Beschäftigung, krebserregenden Weichmachern und Nachschub für die großen Sondermüllstrudel der sieben Weltmeere.
Damit man als Unternehmen genau diese Geruchsnote trifft, muss man in der Lage sein, die Bedürfnisse der von der neoliberalen Grundordnung krank gemachten, verfetteten, verarmten, dumm gehaltenen und immer weiter wachsenden Unterschichten zu bedienen. Die primäre Opfergruppe dieser Umstände aber sind nun mal Jungs. Also Jungen und junge Männer mit Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, induziert durch digitalen Overload, soziale Atomisierung und die Unerreichbarkeit jeder sinnvollen Lebensperspektive. Jungs, die von den gebenedeiten Frauen an den Stellschrauben dieser Republik als allererste aussortiert, gecancelt, sanktioniert und ritalinisiert werden. Hier aber nimmt man sich ihrer an. Hier dürfen sie noch das sein, als das sie dem System dienlich sind: reflexgesteuerte Impulskonsumenten und Dopaminjunkies, ziellose Wegelagerer am Rand der großen Konsumautobahn, zukünftiges Stimmvieh, zuletzt noch gefleischwolftes und in Bodybags entsorgtes Kanonenfutter. Ja, frohes Fest auch.
Auf der anderen Seite ist Weihnachten zugleich das Fest der moralisch-ethischen Selbstkasteiung im rotgrün geschmückten Schland. Vorfreude herrscht zwar theoretisch auch in den Kitas der links-woken Glaubensfestung Hamburg – doch „welche christlichen Bräuche sind noch zeitgemäß in einer Zeit, in der fast 60 Prozent der Kitakinder in Hamburg Migrationshintergrund haben?“ Frägt das Hamburger Abendblatt, das den Gewissenskonflikt per Headline auf den Punkt bringt: „Sind Tannenbäume und Engel noch erlaubt?“ Schließlich, erinnert uns die Zeitung schaudernd, sei im vergangenen Jahr der Geschäftsführer eines Grünpflanzencenters „heimlich“ in das Gelände einer Hamburger Kita „eingedrungen“ und habe dort … einen Baum aufgestellt! Zack, natürlich 3.000 Euro Strafe durch ein deutsches Gericht wegen Hausfriedensbruchs. Weil schließlich jeder weiß, wie traumatisierend Tannen auf vulnerabile Migrantenkinderseelen wirken.
Die vom Abendblatt befragten Kita-Pädagoginnen beeilten sich denn auch eifrig zu versichern, sie hätten mit abendländisch-christlichem Glauben oder Traditionsgedöns absolut nichts am Hut, sondern allenfalls mit „Wundern“ und „Wichteln“ und „Zauber“ für alle Kinder dieser Welt. Und da sind wir wohl wieder bei Harry Potter – ach nein, geht ja nicht. Vielleicht sollte man Weihnachten sicherheitshalber in Quadnachten umbenennen.
Der feuchte Festanstellungstraum jedes Autors, Dichters, Denkers, Ex-Journalisten und Werbestrichers:

Jawoll, nach Glinde schick ich mein Bewerbungsschreiben. Und zwar einfach nur, um beim Einstellungsgespräch sagen zu können: „Als Texter wollte ich schon immer für den Reißwolf arbeiten!“

Aus Liebe zur Umwelt. Natürlich. Genau. Sicher. Deshalb verzichten die auf jeden Service. Deshalb machen die im Regelfall nicht sauber. Oder auch nur das Bett. Sag ja zur lieben Umwelt! Sag nein zur Ressourcenverschwendung! Sag ja zum Klimaschutz! Sag nein zur Erderwärmung! Sag Kumbayah! Sag Klingelingeling. Sag Eiermann.
Ein Hotel in Dortmund, stellvertretend fürs Gesamtland Ende 2025. Ich mein‘, wenn man kein Zimmerpersonal hat, weil man nur Billigstlöhne zu zahlen bereit ist und die Leute mit Bürgergeld jetzt mehr abgreifen können als mit monotoner und undankbarer Arbeit, solange bei anderen Leuten noch Steuermittel melkbar sind – sollte man das nicht alles ehrlicherweise auch so sagen? Es würde jedenfalls nicht nur zur eigenen Ehrlichmachung und Restehrenrettung beitragen, sondern auch zur politökonomischen Bildung der Bevölkerung: „Schaut her, so sind wir Chefs im Lande, und wie der Herr, so’s Gscherr, und deswegen schmeißt eure dreckigen Handtücher nur munter auf den Fußboden, es kommt trotzdem keiner, weil keiner da ist, und ihr als zahlende Gäste interessiert uns einen Scheiß, außer natürlich euer Geld.“
Hier mein Entwurf für ein vom Gast mitzubringendes Hinweisschild: „Aus Liebe zur Umwelt verzichte ich auf die Bezahlung Ihres Zimmers. Wenn Sie eine Zimmerbezahlung wünschen, ist dies selbstverständlich (theoretisch) möglich. Bitte hängen Sie hierzu die Zimmerbezahlungskarte bis spätestens 11:00 Uhr früh (dann bin ich schon lange weg) an meine Tür.“
Die hirntotesten Nachrichten erreichen mich oft mit einer gewissen Verzögerung, in diesem Fall von rund dreieinhalb Jahren: Quidditch, das 3D-Fußballspiel der Zauberlehrlinge aus Harry Potter, hat angeblich Mitte 2022 seinen Namen geändert. Jawohl, diese versponnene Gaga-Sportart existiert seit dem Erfolg der Bücher und Filme tatsächlich auch in der realen Welt der Muggel – mit richtigen Spielregeln für richtige Mannschaften (m/w/d) auf richtigen, wenn auch ebenerdigen Spielfeldern in rund 40 Ländern der Welt. Aber Quidditch heißt jetzt Quadball.
Und zwar, so die New York Times aus dem gleichnamigen New York, liege das keineswegs nur am Verlust irgendwelcher Namensrechte irgendwelcher US-Corporations an der Fantasiewelt von JK Rowling. Nein, es sei auch deshalb notwendig, weil die Autorin „transphob“ sei. Dabei beruft sich die Zeitung auf die International Quidditch Association, die sich selbst nun auch pronto subito entsprechend umbenennen wolle. Es sei nämlich sogar schon so weit gekommen, dass die toxische Verbindung zwischen Rowling und dem von ihr erfundenen Sport die Rekrutierung neuer Spieler*innen*ens erschwert habe. Um Gottes (w/m/d) Willen!
Nun schreiben wir aber fast schon 2026. Ein paar wenige Jährchen sowie eine US-Wahl später also lässt sich am zunächst in Amerika gewendeten Zeitgeist ablesen, wie vollkommen wahnsinnig das bis hierhin Beschriebene ist und immer war. Eines Tages werden Historiker oder Psychologen den gesamten Komplex des moraltriefenden Umbenennens von Dingen als die Große Westliche Hirnerweichung diagnostizieren. Vielleicht schon unter dem Eindruck der laufenden Gegenaufklärung führt selbst das Wokeness-Zentralkomitee von Wikipedia in seiner englischsprachigen Version den Sport derzeit unter „Quidditch, sometimes also known als Quadball“.
In diesem Sinne – und im Geist von Weihnachten – zum Ausklang für heute nichts weiter als diese erfrischend andere Haltung (leider wohl gefälscht):



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