Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.
Hiermit fängt das ganze Elend an:

Diese emaillierte Ehrenplakette für Bildungsferne gilt entgegen meinen erlernten Reflexen heutzutage sogar ohne Komma nach dem „nur“ als orthografisch korrekt. Aber achten Sie mal darauf: In Deutschland bekommen Sie Bekenntnisse zum Thema Schule fast immer nur in abwertender Weise zu lesen oder hören (es sei denn, sie stammen von der Lehrperson*innen:enz*gewerkschaft GEW). Die Sprüche handeln im kumpelnden Protzton davon, wie wenig bis rein gar nichts man bis zum Abgang gelernt habe, wie scheiße Schule grundsätzlich sei, wie verachtenswert die Streber und wie albern das ganze Wissensgehabe. Man prahlt damit, in Mathe und Physik völlig ahnungslos zu sein, seine Schreibarbeiten von der KI erledigen zu lassen und ansonsten stets bei den Rauchern hinterm Schulklo gestanden zu haben.
Verständlich, einerseits, angesichts des 24/7-Haltungsturnens, auf das linke Pädagogen die Schule im Land der woken Hypermoral reduziert haben, und eingedenk der Zustände in den Klassenzimmern, die im Zuge der externen Auffüllung demografischer Lücken eingetreten sind. Andererseits gehen Land und Wirtschaft auf diese Weise final den Bach rauf, wie es unser ehemaliger grüner Minister für Deindustrialisierung kurskorrigierend festgelegt hat. Am Ende der Schulzeit aber erhalten die stolzen Nichtswisser und Nichtskönner jedes Abschlussjahrgangs ihre Diskriminierungs-Diplome, um daraufhin als staatlich anerkannte Benachteiligte gut alimentiert durchs Leben zu gehen. So ist fast allen gedient.
Die Folgen im Straßenbild bleiben indes nicht aus:

Hallo, Hamburger Jung bzw. Deern! Das Deutsche Seemannsheim in deiner ebenso stolzen wie rotgrünen Hansestadt versichert dir in einfacher Sprache, dass Seeleute dein Alltag bringen! Ja, richtig gelesen: Die bringen das Alltag, das du kriegst. Leise. Verlässlich. Fehlertolerant.
Je selbstsicherer die Schriftgröße, desto interessanter der Semantik und das Grammatik. Aber inwiefern eigentlich „leise“?
Absurde Dialoge mit dem Kompetenzsimulator ChatGPT, Folge 342:
Ich: „Nenne ein deutsches Wort mit y, nicht als Anfangsbuchstabe!“
Chat GPT: „Symphony (obwohl das ein englisches Wort ist, wird es im Deutschen oft verwendet)“
Ich: „Schau dir mal das deutsche Wort Symphonie an: Fällt dir was daran auf?“
ChatGPT: „Du hast Recht! Es hat zwar ein y im Wortinneren, aber es ist eigentlich ein griechisches Wort. Das zeigt, dass die deutsche Sprache viele Wörter aus anderen Sprachen übernommen hat.“
Ich: „Nenne ein deutsches Wort mit x, nicht als Anfangsbuchstabe!“
ChatGPT: „Fuchs“
Ich: „Schau dir mal das deutsche Wort Fuchs an. Fällt dir was daran auf?“
ChatGPT: „Du hast Recht! Fuchs ist ein interessantes Wort. Es hat ein x im Wortinneren, aber es ist kein griechisches Wort.“

Als moderner Mann schätze und verehre ich Frauen mit Doppelnamen. Ich verurteile alle Klischees, die dazu in reaktionären Kreisen kursieren, als antifeministisch, chauvinistisch und auch sonst in jeder Weise istisch. In Wahrheit sind Frauen mit Doppelnamen häufig doppelt so höhergebildet, besserverdienend und higherperformend wie Frauen mit Einfachnamen. Und wie Männer gleich dreimal. Ich überlege von daher ernsthaft, zu diesem Konzert in Nordstrand anzureisen. Schon allein, weil beide Musikerinnen auch noch exakt zu ihren Doppelnamen passende Instrumente spielen!
Zum Schluss für heute ein Blick zurück in die Zeit der totalen Rechtsschreibung. Ab hier nur noch reinrassiges Deutsch, denn jetzt hat die Partei das Wort. Es spricht der „Völkische Beobachter“:

Die Geburtsstunde des Reichstretstrahlers! Persönlich erfunden vom „ersten Fahrer des Führers“! Wie dichtete schon der große Robert Gernhardt? „Der Führer war ein armes Schwein / er hatte keinen Führerschein.“ Doch Blutordensträger Anton Loibl übernahm das Steuer und machte nicht nur den GröFaZ mobil, sondern auch das „Millionenheer der Radfahrer“. Letzteres strampelt sich dank Loibls Patent vielfach noch heute auf Pedalen mit Tretstrahlern ab, als hätt’s kein ’45 gegeben: nach oben buckelnd, nach unten aber tretend. So ist es in Deutschland seither „im Gesetz verankert“.
(Disclaimer: Dieses Fundstück aus dem VB vom November ’37 wurde vom legendären Satiremagazin Pardon bereits 1962 erstmals aufgelesen und zur Schau gestellt. Macht gar nichts. Es möge immer neue Generationen erheitern bis mindestens ins vierte und fünfte Geschlecht!)
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