Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.

Das hier ist eine deutsche Universität.

Falls die Architekten vor knapp einem halben Jahrhundert vorhatten, dem zukünftigen materiellen und geistigen Kollaps des Hochschulsektors ein Mahnmal zu errichten, ist es ihnen mit dem „Geomatikum“ als Sitz der naturwissenschaftlichen Fakultäten in Hamburg gelungen. Das ganze Elend der sogenannten Wissenschaftslandschaft im Zeitalter von Wokeness, „Drittmittelforschung“ und ideologisch bedingter Verwahrlosung steckt in diesem einen Bild.

Im Inneren des Klotzes tobt derselbe Krieg um die Köpfe, der das ganze Land ergriffen hat, nur fokussierter. Denn in diesem Gruselgebäude residieren Institute und Einrichtungen von großer strategischer Bedeutung – für die vergleichbar elitären deutschen Regierungspolitiker, die artverwandte Brutalismus-Bauten der Geisteswissenschaften durchlaufen haben. Sie haben zwar keine Erfahrung mit Wissenschaft gemacht, wissen aber, welche Diskurse man unter Kontrolle bringen muss, um zu herrschen. Da trifft es sich, dass im „Geomatikum“ unter anderem das Deutsche Klimarechenzentrum, das Institut für Meeresforschung und das Meteorologische Institut kaserniert sind. Es ist zu gewährleisten, Genossen, dass sie nützliche Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen liefern!

Gleich im Foyer grüßt dieser Tage eine Ausstellung aus zahlreichen eng bedruckten Wandtafeln. Gäste der Universität müssen glauben, diese auf den ersten Blick kontextfreie Darstellung der Geschichte des I.G.-Farben-Konzerns sei sozusagen ein Aushängeschild der Fakultät, also vom Dekanat beauftragt und genehmigt. Nach dem Anprangern der NS-Vergangenheit, aus der nebenbei einzig die ruhmreiche Widerstandsrolle der „Antifaschstischen Aktion“ hervorsticht, folgt eine Fortschreibung der Wirtschaftshistorie bis in die Jetztzeit. Die Ausstellung bescheinigt den großen deutschen Chemiekonzernen wie BASF und Bayer als Rechtsnachfolgern der I.G. Farben eine nahtlose Kontinuität der „Missetaten“, offenbar ein Lieblingsbegriff der Ausstellungsmacher. Ihr „Monopol“ muss jedenfalls „entmachtet“ werden. Über die BASF heißt es zum Beispiel, sie treibe „die Privatisierung der Ozeane voran“. Auch finanziere der Konzern „US-Politiker, die den Klimawandel leugnen“. Jetzt spätestens sind wir im strömungsoptimierten Fahrwasser. Schöne Grüße, Ihre Universität Hamburg!

Oder? Wer ist denn nun eigentlich der Absender dieser Leistungsschau deutschen Denkens? Ach, ein Klebestreifen:

Vielleicht besser, nicht vollkommen offenzulegen, wer hinter der „AG I.G. Farben“ bzw. „AG ANTIFarben“ steht. Auch für die Universitätsleitung.

Die Hamburger Morgenpost (MoPo) war als ehemals sozialdemokratisches Boulevardblatt bis vor etwa zehn Jahren noch mit respektablem Politikteil ausgestattet. Kürzlich nun entlarvte das nahezu final zugrunde gewirtschaftete Blättchen ausgerechnet SPD-Veteran Klaus von Dohnanyi, den Ex-Bürgermeister der Hansestadt, als Staatsfeind. Mit „zynischen Ukraine-Thesen“ sei der 95-Jährige auf „intellektuellen Abwegen“, schlagzeilte ein Kommentator, der die vier „l“ im Wort „intellektuell“ vermutlich erst im Wörterbuch nachschlagen musste.

In einem fünf Absätze kurzen Text nimmt der Pressbengel, dessen Namen man im Unterschied zu Dohnanyis bereits nach dem ersten Satz vergessen hat, den welterfahrenen Staatsmann mal so richtig auseinander. In „bester Wagenknecht-AfD-Manier“, denn doppelt angezählt hält besser, habe Dohnanyi Täter und Opfer vertauscht – mit „Äußerungen“ gegenüber einem Medium, das die große MoPo nicht der namentlichen Nennung würdig findet. In einem Interview hatte der frühere Bürgermeister sich gegen deutsche Panzerlieferungen an die Ukraine ausgesprochen und unter anderem erklärt, Putin wolle „die Ukraine nicht in der Nato und diese nicht an seiner Grenze haben. Darüber wollte er verhandeln, aber der Westen war dazu nicht bereit.“ Deshalb trage die Nato eine Mitverantwortung für den Angriffskrieg Putins. Den er im übrigen scharf kritisierte.

Jede dieser Aussagen ist faktisch richtig und belegbar. Aber der Schmierblattschreiberling weiß es nicht nur besser, er verspürt auch die moralische Legitimation, noch einmal ins Gesicht nachzutreten, um beim Linientreue-TÜV zu glänzen: „Dass ein Mann wie von Dohnanyi, der als Jugendlicher vor der Roten Armee flüchtete und dessen Vater von den Nazis ermordet wurde, so redet wie im aktuellen Bundestag nur die extremen politischen Ränder, ist tragisch.“

An seine eigene tragische Situation erinnerte den Journalisten dann die wenige Tage später kursierende Meldung, dass die Printauflage der MoPo zukünftig fast vollständig eingestampft und die Hatz auf Abweichler nur noch digital fortgesetzt werden soll. Aufatmen bei den armen Bäumen, die sonst noch für diesen Dreck gestorben wären.

Das Plakat links verkündet das offizielle politische Handeln einer Regierungspartei. Es ist schön, dass deutsche Politikerinnen den hier alt gewordenen oder im Alter eingewanderten Migrantinnen den Lebensabend verschönern möchten. Ebenso schön wird es sein, wenn deutsche Politikerinnen derselben Regierungspartei auch solchen Senioren, die in Mülltonnen nach Pfandflaschen suchen müssen, aber dummerweise alte weiße deutsche Männer (oder Frauen) sind, den Lebensabend verschönern möchten – und sie deswegen auch lachend auf einem Plakat abbilden. Ich habe so eines noch nicht gesehen, aber kann ja noch werden. Freude und Vorfreude allerorten also.

Sie nennen es „Betongold“.

Noch zum Thema ganz oben. Irgendwo zwischen den sich düster auftürmenden Geschossen des „Geomatikums“ klebt im Treppenhaus eine der heute üblichen Parolen: „Der Klimawandel wartet nicht, bis du deine Ausbildung beendet hast“. Und genau da, mitten in der tiefsten Propaganda-Tristesse, blitzt an einer deutschen Universität ein letzer Funke wissenschaftlicher Skepsis und Unabhängigkeit auf. Jemand hat mit schwarzem Edding ein einziges Wort unter die linientreue Botschaft gekritzelt:

„Lüge!“


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