Ein neues Buch hält der deutschen Maßnahmen-Gesellschaft den Spiegel vor: Wenn es dem Ich-Erzähler möglich war, die staatlichen Irrwege zu durchschauen und ungeimpft durch die bleierne Zeit der Pandemie zu kommen – warum scheiterten so viele andere “mündige” Bürger daran?

Die Zeiten werden besser für die einstigen “Schwurbler” und Querdenker: Seit die ungeschwärzten RKI-Protokolle veröffentlicht sind (dank mutiger Whistleblower und alternativer Journalisten, nicht ehemaliger Dickschiffe wie “Spiegel” oder “Zeit”), frisst sich das Aufklärungswerk langsam aber sicher zu den Wurzeln der politisch-gesellschaftlichen Corona-Katastrophe vor. Das Netz der Lügen und Verleumnungen wird Masche für Masche aufgedröselt. Nachdem nun offenliegt, dass das RKI selbst keinen “Fremdschutz” und sehr wenig Selbstschutz durch die mRNA-Impfungen feststellen konnte, muss das Bundesverfassungsgericht zum zweiten Mal prüfen, ob die einrichtungsbezogene Impfpflicht etwa für Pflegepersonal oder Soldaten mit dem Grundgesetz vereinbar war. Die Politik hatte sie entgegen dem besseren Wissen ihrer Experten erzwungen. Das Verwaltungsgericht Osnabrück als Vorinstanz entschied bereits: verfassungswidrig.

“Es wurde geimpft, egal ob es irgendwem half”, fasst der von der NZZ geschasste Publizist Milosz Matuschek den Mix aus Inkompetenz und Korruption im politisch-pharmazeutischen Komplex zusammen. Der fundiert regierungskritische deutsche Substacker mit dem Pseudonym Eugyppius ließ sich diesen deftigen Happen frisch gefangener Wahrheit schmecken: “Die Protokolle, die einen zentralen Stützpfeiler des Pandemie-Mythos untergraben haben, beginnen jetzt juristisch Früchte zu tragen”, schrieb er auf Englisch.

Das wäre indes nicht möglich geworden, wenn es nicht von Anfang an kritische Geister mit gesundem Menschenverstand gegeben hätte, die dem offiziellen Corona-Narrativ misstrauten – und die Indizien für die planmäßige Massen-Formierung durch den Staatsapparat mit Aufzeichnungen dokumentierten. Hätte es diese Menschen aus allen Bereichen des Leben nicht gegeben, Ärzte, Juristen, Verwaltungsbeamte, Pastoren, aber auch Pfleger oder andere nicht-privilegierte Berufstätige, dann ließe sich womöglich heute noch das entlastende Lügenmärchen von der “Gesellschaft, die insgesamt gut durch die Pandemie gekommen ist”, aufrecht erhalten. Doch es gibt diese entlarvenden Protokolle. Und jetzt ist ein weiteres hinzugekommen.

“My Corona” heißt das Buch, das der Blogger Sascha Wuttke im Selbstverlag herausgebracht hat – als E-Book bei Amazon zum eher symbolischen Preis von 1,99 Euro. Das schaufelt leider unwillkürlich einem gewissen Jeff Bezos weitere Centbeträge in den stets offenen Geldbeutel. Jenem Jeff Bezos, der als Eigentümer der “Washington Post” das tiefenverlogene Corona-Narrativ verbreiten und missliebige Fakten unter den Tisch fallen ließ, wie die meisten anderen Multimilliardäre auch. Aber hey, das ist der Kapitalismus für Sie! Betrachten wir es als kleinen Ablasshandel, dass der zweitreichste Pfeffersack der Welt (166 Milliarden Dollar) nun im Nachhinein seine riesigen Server-Farmen für Wuttkes unangenehme Wahrheiten öffnete. Und außerdem stellt der Autor Ihnen das Werk auf seiner eigenen Webseite alternativ sogar kostenlos als PDF zur Verfügung. Es scheint also keine fanatische Gewinnerzielungsabsicht und somit kein Pakt mit dem Teufel dahinterzustecken.

Was aber dann? Worum geht es in dem Buch? Um von hier an ernsthaft zu rezensieren: Mit Wuttkes eigenen Worten ist es “meine höchstpersönliche Geschichte” des Virus, der Maßnahmen und der Hysterie “über drei sehr belastende Jahre” hinweg. In diesem Ansatz steckt ein Problem, doch dazu später. Zunächst können Sie hier beim Lesen noch einmal all die Stationen Revue passieren lassen, die allmählich schon wieder in Vergessenheit geraten. Oder sagt Ihnen “Ischgl” noch etwas? “Heinsberg”? Die Balkonklatscher? Sehen Sie! Hätten wir Leute wie Wuttke nicht, würde sich die ganze Corona-Chronologie langsam aber sicher im Nebel der Geschichte verlieren. Was manchem sicher sehr recht wäre, aber jetzt eben ausgeschlossen ist.

Entlang dieses Stationendramas können Sie außerdem abgleichen, ob Wuttkes im Lauf der Zeit gewonnenen Erkenntnisse mit ihren eigenen Emotionen, Erfahrungen und womöglich Diskriminierungen zusammenpassen oder nicht. Und dabei wird mancher vermutlich verblüfft feststellen, dass er den staatlichen Scharaden wesentlich länger und umfänglicher auf den Leim gegangen ist als der bis heute ungeimpfte Sascha Wuttke. Zu dessen vergleichswese sehr frühem Ausscheren aus der Impf-Karawane hat Angela Merkel massiv beigetragen. Als der Autor im März 2020 seinen Geburtstag mit Freunden in einem Restaurant begehen will, macht ihm die soeben verordente regierungsamtliche Schließung der gesamten Gastronomie einen fetten Strich durch die Rechnung: “Es wäre das erste Mal seit Jahren gewesen, dass ich meinen Geburtstag wieder richtig gefeiert hätte, nach lähmenden Jahren des Verzichts, aus Gründen depressiver Verstimmungen, Geldsorgen oder anderen, dringlichen Gründen.” So aber nimmt er das Thema nun persönlich, so wird es “das Virus, das mir exklusiv den Tag versaute”.

Was im Nachhinein gut ist, denn aus dem produktiven Zorn heraus begann der Autor mit seinen Aufzeichnungen – und damit auch mit dem Recherchieren und Reflektieren: Was geht hier eigentlich vor? Kann das alles denn so stimmen? Warum werden kritische Experten mundtot gemacht? Warum verbreiten Politiker ernsthaft, man könne “Zero Covid” erzielen, also jedes einzelne Coronavirus auf der Welt unschädlich machen? Wir erfahren mehr nebenbei, dass Wuttke in dieser Anfangszeit als Handwerker auf einer Großbaustelle tätig ist, wo man die Dinge wesentlich gelassener betrachtet als unter den Panik schiebenden Akademikern in ihren hygiene-optimierten Hochglanzkatalogwelten. Nein, in der Pause auf dem Bau “standen wir draußen auf eine Kippe beisammen und hatten unsere Aerosole sowieso umgehend in alle Winde zerstreut”.

Damit ist nun schon im ersten Kapitel ein Szenario angelegt, das sehr spannend hätte werden können: Hier schreibt offensichtlich jemand, der nicht aus dem üblichen Elfenbeiturm eines geisteswissenschaftlichen Studiums mit anschließendem Bullshit-Job als Mainstreamjournalist oder Mitarbeiter einer staatsfinanzierten Stiftung heraus publizistisch mit den Wölfen heult, um seine Privilegien nicht zu verlieren oder unter seinen “Peers” nicht in Ungnade zu fallen. Nein, hier greift einer zur Tastatur, der sein zumindest zeitweise kärgliches Geld mit richtiger Arbeit im Kreise richtiger Menschen mit Wurzeln und Kanten verdient. “Working class” wäre früher der Sammelbegriff gewesen, als es noch ein Klassenbewusstsein gab: Die da oben gegen uns hier unten, so das damals anerkannte Naturgesetz.

Wuttke hat klar das analytische Rüstzeug, um diesen Klassenkampf in Corona-Kulissen zu bemerken und dank seines mindestens geistigen Zugangs zu beiden Lagern ein ebenso anklagendes wie stellvertretendes “Hier stehe ich, ich kann nicht anders” zu verfassen. Es hätte ein seltener Einblick in die moderne soziale Kriegsführung nicht aus der üblichen Flughöhe von oben herab, sondern von der Basis aus werden können. Doch so weit geht der Autor nicht. Er geht leider nicht einmal so weit, das dezidiert Persönliche am Titel “My Corona” wirklich einzulösen. Die Person namens “ich” bleibt nahezu unsichtbar. Sie versteckt sich hinter Fakten, Allgemeinem und gut Beobachtetem. Warum ist es denn “sein” Corona, was ist daran anders als am Corona anderer Leute – oder was verbindet ihn mit diesen anderen? Woher kommt Sascha Wuttke, wo und wie lebt er, was hat ihn vor der Pandemie geprägt und umgetrieben? All das bleibt absichtlich unscharf.

Die Absicht darf ich erstens unterstellen, weil sie auch in seinem Blog stets mitschwingt. Dort verrät er in der kurzen Selbstbeschreibung kurioserweise nicht einmal seinen Nachnamen, den er dann beim Bewerben seines Buches notgedrungen nachliefern muss. Aus seinem Geburtstag macht er ebenso ein Rätsel wie aus seinem Wohnort; ein Portätfoto findet sich nirgends. Keine gute Ausgangsposition für ein Buch in der Ich-Form. Wir sind heute als Blogger und Autoren zunehmend versucht, uns vor der immer konkreter werdenden Verfolgung freier Publizistik durch Regierungsbüttel und “zivilgesellschaftliche” Denunzianten mit einem Höchstmaß an Anonymität schützen zu wollen. Ich halte das Gegenteil für richtig: erkennbar bleiben, Gesicht zeigen, bewusst angreifbar sein, Haltung bewahren. Nur das macht uns als Schreibende frei und authentisch. Nur das zwingt uns auch zu der Selbstkontrolle, die eine ungute Radikalisierung im Schutz eines Pseudonyms verhindert.

Der zweite Grund, warum ich Wuttkes Versteckspiel als absichtlich einstufe: Ich habe ihn gefragt. Er habe nicht wie andere Blogger “blankziehen” und sich auch keine “Opferrolle” zuschreiben wollen, war seine Antwort. Und das ist ebenso verständlich wie im Ergebnis sehr schade. Denn gerade in der Corona-Kastastrophe, die uns alle extrem vereinzelt und auf uns selbst zurückgeworfen hat, wäre dieses psychologisch identifizierbare Ich weder die eine noch die andere Gefahr gelaufen. Es hätte stattdessen geholfen zu verstehen, was hier erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte vollzogen wurde: dass eine Obrigkeit und ihre unterstützende “Elite” einen externen Anlass systematisch dazu nutzten, die Grundrechte breiter Bevölkerungsschichten zu beschneiden und die “Masse” durch Zwangseinwirkung und Angstpropaganda in Schach zu halten. Wuttke hätte der Erzähler sein können, an dem das Scheitern dieses Versuchs aus der Zielpersonen-Perspektive deutlich geworden wäre.

Das Buch hätte außerdem, bei aller Bewunderung für ein erfolgreich vorgelegtes Erstlingswerk, ein gründliches Lektorat verdient gehabt. So wären schiefe Metaphern (“Hier droschen sich zwei Extrempositionen die Bälle entgegen”) und unnötig komplizierte Gedankenführungen geradegezogen worden. Fürs nächste Mal möchte man Wuttke empfehlen, nach dem verständlicherweise zunächst unaufgeräumten “Drauflosschreiben” (O-Ton) nicht auch draufloszupublizieren. Es trägt Früchte, nachträglich an einer möglichst klaren, schnörkellosen und leserfreundlichen Sprache zu arbeiten. Da der Autor – anders als viele andere – dank seiner Beobachtungs- und Reflexionsgabe wirklich etwas zu mitzuteilen hat, würde das genaue Formulieren seinen Botschaften zusätzliche Wucht verleihen.

Doch das ist alles Stilkritik, wie sie sich die Großschreiber der Großverlage viel eher anhören müssten als ein Debütant. Sie würden sich natürlich die Gotteslästerung verbitten – und trotzdem gelängen vielen dieser Stars keine so treffenden Skizzen und Schlaglichter auf das Elend, das die “Maßnahmen” über das Land brachten, wie Sascha Wuttke. Als er beruflich während des Lockdowns ein Altenheim aufsuchen muss, überkommt ihn das Grauen: “Die ‘Insassen’ vegetierten nun nicht nur so vor sich hin, sondern vegetierten in Maske so vor sich hin und wurden in ihrem vorher schon bedauernswerten Zustand zu gesichtslosen Geistfiguren im Rollstuhl. In dem Moment wunderte ich mich gar nicht darüber, warum sich die Alten im ersten Lockdown den Tod herbeiwünschten.”

Dieses Buch ist ein Akt der Psychohygiene, eine Energieleistung und ein wichtiges Dokument: Es beweist, dass es nahezu jedermann möglich gewesen wäre, an seinem Platz und von seiner Warte aus ein gesundes Misstrauen gegenüber den unerhörten Vorgängen im Land zu entwickeln. Auch hätte jeder die Chance gehabt, sich alternativ zu informieren und infolgedessen mindestens eine skeptisch abwägende, wenn schon nicht öffentlich widerständige Haltung einzunehmen. Der ungeimpfte Sascha Wuttke konnte es. Warum konnten es so viele andere vermeintlich nicht? Das muss jeder Leser anschließend vor dem Spiegel schon mit sich selbst abmachen. Und damit kommt es dann doch noch zu einem ganz persönlichen “My Corona”.