Das also ist jetzt mein Land:
Mit weit geöffneten Grenzen
machen wir umso entschlossener
dicht.
Die Bahn fährt nicht pünktlich
gegen die Wand.
Eine Deutsche möchte auch sie
nicht mehr sein.
Die Bank, leider ebenfalls Deutsche,
würde den Namen am liebsten
in „Ehrbare“ ändern, bliebe der Stallgeruch
ihr nicht verräterisch treu.
Die Schule, der Vorsilbe „Volks“
schon seit langem verlustig, ist lustig.
Sie feiert die Vielfalt. Was sonst
bliebe zu feiern ihr übrig.
Die Kirche steht mahnend
und leergepredigt im Raum.
Wer darin noch auf Antworten wartete,
starb an den Fragen, verhungert und alt.
Das Volk, in den Giebel des Reichstags
tiefgründig eingraviert, es verwittert.
Nur manchmal, im Traum,
erscheint Angela Merkel auch ihm.
Schau, sie zünden ein Feuerwerk
an diesem Tag der allseitig offenen Tür,
um willkommen zu heißen,
was immer da kommt: inschallah.
Und die Feuerwehr böllert sich um den Verstand,
um die Stille nicht hören zu müssen,
die aus all den erstickten,
erkalteten Glutnestern dröhnt.
Prall mit Leben sei endlich das Land
brüllt es deswegen sanft
aus dem antifaschistischen
Volksbefreiungsempfänger.
Was soll ich da sagen,
während ich zeitgemäß schweige?
Vielleicht: Auf ein Neues!
Du fremd gewordenes, allzu vertrautes
Land.
© Oliver Driesen. Dieses Gedicht wurde in die Shortlist beim Polly 2019 aufgenommen.