Groteske für 3 Witzfiguren und 1 Litfaßsäule. Mit einer Hinführung sowie einem Gastauftritt durch den Autor selbst.

Das hier ist eine dieser modernen Rotations-Litfaßsäulen. Im Gegensatz zu ihren würdevoll bewegungslosen Vorfahren erwecken sie durch langsames Kreisen um die eigene Achse den Eindruck, sie liefen einem beim Daran-entlang-Flanieren förmlich nach.

Das ständig lauernde Grauen an diesem Drehmechanismus besteht darin, dass man nie weiß, welche Schreckenssonne der Reklamekunst gleich hinter dem gerade noch gnädig den Blicken verborgenen Säulenhorizont aufgehen wird. Es sei denn, man wartet gezielt darauf, so wie ich in diesem Fall. Face your fears.

Bis hierhin gibt es ja nur den üblichen Schwachsinn zu sehen: Metaphernsalat vom Feinsten. Genauer gesagt: Eiersalat. Eiersalat von Feinkost Popp. Das klingt natürlich schon vielversprechend.

Was mag die Werbefuzzis dazu bewogen haben, ausgerechnet Eiersalat und die ernährungsoptimierte Welt des Hochleistungsfußballs in Verbindung zu bringen („Immer ein Geschmacks-Treffer“)? Dass Bundesligaprofis vor dem entscheidenden Spiel gerne Legebatterieprodukte mit Majo aus Plastikdosen löffeln? Eher nicht. Sondern, und jetzt halten Sie sich noch eine Achtelsäulenumdrehung lang fest, das hier:

Ja, ganz recht: Feinkost Popp ist Ärmelpartner des HSV.

Är-mel-part-ner.

Das Logo von Feinkost Popp darf ausschließlich und exklusiv auf den Ärmeln der HSV-Trikots aufgeflockt werden, um so auf Fotos und vor allem Fernsehbildern vom Spielbetrieb zu erscheinen. Nicht auf der Brust. Nicht auf dem Pöter. Nein, auf dem Ärmel – dem nahezu letzten bislang werbefreien Fußballprofiausrüstungsteil.

Es geht doch nichts über eine gute Ärmelpartnerschaft. Blutsbrüder sind nichts dagegen. Ärmelpartner gehen füreinander bis ans Ende der Welt. So wie diese drei:

Pippo Popp, Marketing Director von Feinkost Popp; Pep Banderola, Brand ID Corporate Design Merchandising Executive Executioner des HSV; und last but not least Herr Ärmel, Trikot-TV-Werbesekunden-Zeitmessbeauftragter der Deutschen Fußball Liga, DFL. Man sitzt bei einem guten Glas Eierlikör und einer Portion Eiersalat zusammen.

Popp: Meine lieben Ärmelpartner, ich freue mich aufrichtig, dass wir drei hier heute so schön …

Ärmel: Haltstopp! Ich als Volljurist bin nicht Ihr Ärmelpartner! Sondern der von der Deutschen Fußball Liga bestellte Business Compliance Correctness Supervisor Ihrer beiderseitigen Ärmelpartnerschaft mit Herrn Banderola. Also im eigentlichen Sinne Ihr Aufsichtsorgan. Da geht es um Genauigkeit, da geht es um kostbare Werbesekunden für zahlende Werbekunden. Das ist hier keine ménage à trois, wenn ich bitten darf!

Popp: Aufsichtsorgan? So nehmen Sie doch mal kurz den Stock aus dem Ausscheideorgan, Herr Ärmel, wir sind doch hier unter uns!

Banderola: Genau, recht hat er, der Pippo! Wir ärmeln hier alle im selben Boot, lieber Ärmel. Ohne unsere Ärmelpartnerschaft wären Sie bei der DFL doch nahezu ärmel… äh, arbeitslos. Dann bliebe Ihnen nur noch, die Sekunden der TV-Präsenz des Schwartau-Extra-Logos auf dem linken Jackenaufschlag von Peter Neururer zu zählen, huar-harharhar! Na, ob mir das lieber wäre…

Popp: Übrigens, möchte einer der Ärmelpartner noch einen Schlag Eiersalat?

Banderola: Danke, vielleicht später.

Ärmel (gezischt): Das will ich überhört haben, Herr Popp! Ihr Angebot könnte als Versuch der Vorteilserschleichung bzw. -gewährung im Amt des TV-Werbezeiten-Kontrollausübungsaufsichtsbeamten aufgefasst werden, wenn Sie mir gegenüber Eiersalat aus dem Ärmel schütteln.

Popp: Aber meinem vertraglich verbrieften Ärmelpartner Banderola vom ruhmreichen HSV werde ich ja wohl noch ein kleines Löffelchen …

Banderola (rülpsend): Danke, vielleicht später. Ist noch Eierlikör da?

Ärmel: Sicher, bitte sehr – übrigens wurde ich schon auf der Schule wegen meines Nachnamens auf den Ärmel genommen. Sie mögen mir also gewisse Empfindlichkeiten nachsehen. Ich sage nur: Augsburger Puppenstube.

Popp und Banderola (zugleich): Kiste!

Ärmel: Pardon, Puppenkiste. Da gab es immer diesen Herrn Ärmel, Fotograf auf der Insel Lummerland.

Banderola und Popp (singen): „Eine Insel mit zwei Bergen / und dem Fotoatelier / in dem letzten macht man Bilder / auf den ersten Dullijöh!“

Ärmel: Ebent. Und der dicke Benno und seine Bande in der Schule dann immer so zu mir: „Klick! Klick! Dullijöh!“

Banderola: Sie Ärmelster!

Popp: Jedenfalls, wenn ich den Ärmelfaden wieder aufnehmen dürfte: Wir als Ärmelpartner – und Sie als Aufsichtsperson, geschätzter Herr Ärmel! – möchten hier und heute ja auf der Möglichkeit herumhirnen, Reicheweite-Synergien durch Plakatieren der Ärmelpartnerschaft Popp-HSV auf Litfaßsäulen im öffentlichen Raum zu generieren. Irgendwelche grundsätzlichen Einwände, Ärmel?

Ärmel: Höchstens formeller Art.

Popp und Banderola (stöhnend): Und die wären?

Ärmel: Es würde sich hierbei um keine Ärmelpartnerschaft, sondern um eine Pappplakatpartnerschaft handeln.

Popp: Papperlapapp! Kommen Sie mit vor die Tür, ich zeige Ihnen unsere Feldversuch-Test-Litfaßsäule. Da sehen Sie, dass es sehr wohl weiterhin eine Ärmelpartnerschaft wäre!

(Die drei Herren gehen vor die Tür. Ein strahlender Vorfrühlingstag in Hamburg. Auf dem Grünstreifen inmitten einer sechsspurigen Hauptverkehrsstraße rotiert majestätisch eine Litfaßsäule mit dem Plakat-Prototyp.)

Ärmel (misstrauisch): Was ist das für ein merkwürdiger Mensch, der da mit dem Handy das Test-Plakat fotografiert?

Popp: Das ist dieser Autor, der glaubt, dass ihn rotierende Litfaßsäulen verfolgen. Die fixe Idee eines komischen Kauzes! Tun wir so, als bemerkten wir ihn gar nicht! Beachten Sie bitte stattdessen den unteren Plakatbereich, auf dem sehr deutlich das Wort „Ärmelpartner“ steht!

Ärmel (mit schreckenshoher Stimme): Aber schauen Sie doch nur! Die Litfaßsäule verfolgt den Mann ja tatsächlich! Da läuft er um sein Leben!

Popp und Banderola (zugleich): Leck mich am Ärmel, Partner!

(Vorhang, keine Zugabe)