Das Jahr 2012 endet, und damit endet für mich auch eine Strecke zehnjähriger Jubiläen. Vor zehn Jahren mein erstes Kind gezeugt, vor zehn Jahren, ähem, geheiratet (seit zehn Jahren immer noch verheiratet). Vor zehn Jahren in diese Wohnung gezogen (merke: Familientaugliche Wohnungen findet man am besten mit hoch schwangerem Bauch!). Und seit zehn Jahren Freiberufler.

Das ist nämlich auch ein prägendes Ereignis, das man vielleicht aber nicht viel öfter als einmal braucht: wenn man weiß, jetzt wird man bald Vater, also verantwortlich für eine Familie, und dann erfährt, dass sich das mit der Traum-Festanstellung übrigens auch erledigt hat.

So wurde ich also 2002 “freigesetzt”. Ich weiß noch schemenhaft, dass ich damals einen veritablen Businessplan vorlegen musste, um bestimmte Leistungen für Neu-Selbstständige vom Arbeitsamt zu bekommen. War natürlich ein reiner Schwachsinn, der Businessplan. Wer weiß schon, was in fünf oder gar zehn Jahren ist? Niemand.

Und nun die Pointe, die das Leben schrieb: Der Plan, ein reines Phantasieprodukt, ist im Ergebnis vollständig aufgegangen. Ich würde sogar sagen: Ich war wahrscheinlich einer der ganz wenigen meines Jahrgangs, dessen Plan nicht nur entfernt oder annähernd Realität wurde, sondern sich fast schon in DDR-Dimensionen übererfüllte (“Auch in diesem Jahr wurde dank der weitsichtigen Wirtschafts- und Sozialpolitik des ZK der SED die Traktorproduktion um 300 Prozent gesteigert”). Die Produktion wunderbarer Kinder jedenfalls konnte noch um insgesamt 100 Prozent gesteigert werden. Und satt wurden wir alle bis heute auch.

Was sagt mir das alles für die Zukunft? Freiheit aushalten! Die Suche nach Sicherheit als Schimäre begreifen. Zufriedenheit üben. Besitz geringschätzen. Vertrauen wagen. Auch wenn der Weltuntergang mal wieder bevorsteht oder der Euro bald in Scherben fällt oder der allerschönste Plan in sich zusammenbricht. Auch in den schwarzen Nächten, in denen der kalte Angstschweiß auf der Stirn steht, das Herz rast und man sich dabei erwischt, wie man aus dem Bett aufspringt in Richtung Schreibtisch, nur um noch auf der Bettkante zu wissen, dass es jetzt gerade überhaupt keinen Sinn macht, die Horizontale zu verlassen. Hab Vertrauen, auch 2013. Eine alte Frau gab mir, als unser erstes Kind unterwegs war, den Satz mit auf den Weg: “Wem gibt Gott ein Häschen, dem gibt er auch ein Gräschen”. Das sollte bedeuten: Du magst in diese Welt geworfen sein, aber es wird dich auch etwas hindurch tragen. Keine Ahnung, warum. Verdient ist es nur so mittel. Der Rest ist Wundern.

Aber jetzt, kurz vor 2013, lauter zehnjährige Jubiläen im Rücken, zwinkere ich mir einmal kurz zu: Hurra, ich lebe noch, und hoch soll ich leben.

Weiter geht’s. Allen Lesern ein gutes neues Jahr!