Das vielleicht irrsinnigste und verlogenste Szenario geopolitischer Gewaltanwendung, das ein amerikanischer Präsdient bislang vorgelegt hat, ist inzwischen zur Hälfte realisiert.
Dieses KI-generierte Video ließ US-Präsident Donald Trump bereits im Februar verbreiten. Es zeigt eine von ihm autorisierte Vision für einen „neu entwickelten“ und befriedeten Gaza-Streifen. Das Video wurde produziert, nachdem Trump am 4. Februar 2025 in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyhu seine Vorstellung von der Zukunft Gazas ausgebreitet hatte: Die USA könnten das Gebiet „übernehmen“, die Palästinenser in andere Länder umsiedeln, den Küstenstreifen „einebnen“ und als „Riviera des Mittleren Ostens“ wiederaufbauen.
Neben einer überlebensgroßen goldenen Statue Trumps in den Straßen der neuen Gaza-Stadt, in der es Dollarscheine regnet, kommen auch Personen vor, die Elon Musk und Benjamin Netanyahu ähneln, und Tesla-ähnliche Autos fahren durchs Bild.
Der als Rap vorgetragene Text zum Video lautet übersetzt: „Donald Trump wird euch frei machen. Er bringt das Licht, damit alle es sehen können: Keine Tunnel mehr, keine Angst mehr. Endlich ist Trump-Gaza hier! Trump-Gaza leuchtet hell, eine goldene Zukunft, ein brandneues Licht. Schlemmt und tanzt, der Deal ist gemacht! Trump-Gaza: Nummer eins!“
Diese Videosequenzen wurde am 5. August 2025 von einem Korrespondenten des britischen Guardian an Bord eines jordanischen Flugzeugs aufgenommen, das Hilfsgüter transportierte. Wegen der totalen Blockade und Zensur, die Israel über unabhängige Medienberichterstattung verhängt hat (zahlreiche in Gaza verbliebene Journalisten wurden getötet), gibt es kaum noch verlässliche Bilder und Berichte vom Zustand am Boden.
Ich verspotte den Guardian häufig auf diesen Seiten, wenn er Fakten und Positionen im Sinne linksextremer Wokeness verzerrt und eine entsprechende Agenda verfolgt, statt unabhängig und kritisch gegenüber den Mächtigen zu berichten. Nicht in diesem Fall. Die Londoner Redaktion hat das ganze Ausmaß der Kriegsverbrechen an der palästinensischen Zivilbevölkerung seit Beginn des jüngsten israelischen Einmarsches in Gaza vor zwei Jahren immer wieder offengelegt. In dieser Trümmerwüste müssen Millionen Männer, Frauen und Kinder weitgehend unversorgt ausharren.
Ohne die US-Regierung, die religiösen Fanatiker und den militärisch-industriellen Komplex der USA sowie ihre Profiteure wäre nichts davon möglich gewesen. Was in Gaza geschieht, wird in die Geschichtsbücher der Welt eingehen. Als Gesellschaft, als sogenannte „Verbündete“ und als Einzelne müssen wir entscheiden, auf welcher Seite wir Heutigen darin in der Zukunft auftauchen wollen. Mittäter? Desinteressiert? Anwalt der Ohnmächtigen? Nur eines ist sicher: Als Ahnungslose werden wir uns nicht mehr davonstehlen können.
Lieber Herr Driesen,
danke für die Aufklärung, sowohl zum „Trump-Video“ wie auch zu den Brunnen. Ich hatte gedacht, Sie selbst hätten die Brunnen per Foto-Bearbeitung eingefärbt. Das blutrote Wasser ist wirklich ein starkes Bild, auf eine ganz andere Art ebenso eindrücklich wie die schrecklichen Videos aus Gaza, die ich mir so gut wie nie anschaue, damit mich das nicht ewig verfolgt. Ich lese vorsichtshalber nur Textnachrichten.
Warum niemand kommentiert, kann man wohl nur mutmaßen. Ich glaube, es hat auch damit zu tun, dass hier die „guten“ Israelis, die so oft vorschnell mit den einstigen Opfern der Deutschen gleichgesetzt werden, entsetzliche Verbrechen begehen, die noch dazu den Verbrechen der damaligen Täter so sehr gleichen. Wie man aber den gedanklichen Sprung schafft, die Verbrechen in Gaza nicht nur zu beschweigen, sondern auch noch mit Inbrunst zu verteidigen, wie das einige Leute tun, die ich für kultiviert und integer gehalten habe… Irgendwas setzt da wohl aus, nicht nur bei amerikanischen Präsidenten.
Herzliche Grüße nach Hamburg!
Lieber Herr Driesen,
ist das Video wirklich echt, von dem Sie schreiben, Donald Trump habe es verbreitet? Oder ist das Satire? Dollarscheine, die vom Himmel über Gaza regnen?
Ich kann es kaum glauben, und die Worte „widerlich“ und „geschmacklos“ reichen bei weitem nicht aus, wenn man an das denkt, was im Gaza-Streifen passiert.
Es hat mich sehr gefreut, dass Sie nicht zu denjenigen gehören, die zwar bei Corona und der Ukraine kritisch waren, gegenüber Israel aber jegliche kritische Distanz vermissen lassen. Im Gegenteil, je monströser die israelischen Verbrechen werden, desto wütender und zynischer und grausamer werden diese Leute bei dem Versuch, das zu verteidigen, was nicht zu verteidigen ist. Sie sprechen den Opfern Israels das Menschsein ab, ganz so wie es vor über achtzig Jahren hierzulande üblich war. Obwohl sie während der Corona-Maßnahmen genau erkannt haben, was faul war. Obwohl sie beim Ukrainekrieg wissen, dass es kein Schwarz und Weiß gibt. Aber angesichts des Gaza-Konflikts streifen sie plötzlich alle Hemmungen ab…
Danke auch für Ihren Beitrag mit dem drastischen Bild der blutenden Brunnen. Vielleicht wären dann auch endlich diejenigen still, die dem Völkermord in Gaza applaudieren, wenn nicht nur aus den Brunnen in den Fußgängerzonen, sondern aus den Wasserhähnen zuhause eine blutrote Flüssigkeit fließen würde. Solange bis das Morden in Gaza (und gerne auch anderswo) endlich ein Ende findet.
Liebe Frau Zechert, das KI-Video ist „echt“ – insofern, als es von Trump persönlich ursprünglich auf seinem Netzwerk „Truth Social“ verbreitet wurde (damals war er ja auch noch der beste Freund von Elon Musk). Der in Israel geborene Chef der Agentur, die es produziert hatte, versuchte später zurückzurudern und es als „Satire“ zu verkaufen: https://www.theguardian.com/technology/2025/mar/06/trump-gaza-ai-video-intended-as-political-satire-says-creator.
Wir leben in einer Zeit, in der ein US-Präsident die groteskesten Dinge sagen und verbreiten darf (und damit meine ich nicht nur Trump). Auf der anderen Seite geben sie tiefe Einblicke in das Mindset der oligarchischen Feudalherrenschicht.
Das Bild der blutigen Brunnen, das sich mir eines Tages hier in Hamburg völlig überraschend und ohne jede Erklärung darbot, hat mich auf einer archaischen Ebene bis ins Mark erschüttert. Der Brunnen ist ja ein uraltes Märchen-Motiv der Weissagung und der Anbindung an tiefe Schichten des Bewusstseins. Ich habe lange recherchiert, konnte aber im Netz kein Wort zu dieser Aktion finden. So eine Einfärbung kommt zwar alle paar Jahre mal aus verschiedensten Anlässen zustande, aber dann wurde meist auch berichtet oder zumindest ein „Bekennerschreiben“ fand sich. Diesmal: absolut nichts. Hat da ein Algorithmus ganze Arbeit geleistet? Oder wollte man absichtlich Ambivalenz erzeugen, damit Menschen wie ich zu eigenen Assoziationen angeregt werden? Dass außer Ihnen niemand in diesem Blog etwas dazu (sowie zum Thema Gaza) kommentiert hat, kann ich kaum begreifen.