Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.
Im Endzeitalter des Deppen-Kapitalismus ist jeder freundschaftliche Rat längst zum kühl kalkulierten Reklame-Slogan verkommen, zur monetarisierten Phrase: Instinktiv soll der Mensch agieren, emotional, anal, banal, basal. Nicht zögern, nicht bedenken, bloß kaufen, kaufen, kaufen.
Doch nach dem Veröden des Geschäfts, dem Kollaps des Konsums, endlich entkoppelt von jedwedem Produkt, isoliert in einem Schaufenster ohne Schau (wie hier in Schwalmtal), verwandeln sich sinnbefreite Klebebuchstaben zurück in menschliche Worte von Wert: Folge deinem Instinkt! Lass dich nicht länger beirren von Irren, nicht irritieren von Tieren! Sei wieder du selbst, oder werde es zum ersten Mal!
Die Sprache gewinnt mit jeder Insolvenz mehr Transparenz zurück. Instinktiv spürst du, was du vermisst hast. Dein Instinkt dient zur Wildheit, nicht zur Dressur. Nun ist auch die Farbgebung wieder wahrhaftig: Grün sind die Triebe, grün wie das Natürliche, nicht wie das eben noch herrschende Regime der tarngefärbten Unfreiheit.
Folge deinem Instinkt!
Na, wählen Sie am 23. Februar auch den Wechsel? Natürlich, was denn sonst! So wie jetzt, mit der abgeschalteten Ampel, konnte es ja nicht weitergehen in Berlin. Also jetzt muss der Merz von BlackRock der CDU Kanzler werden, was denn sonst? Der wird dann mit der SPD und den Grünen alles anders und besser machen. Hauptsache, die FDP mit dem finsteren Lindner ist draußen. Wie der schon immer guckt! Wegen deren paar Prozent hat doch die ganze Sache mit Energiewende, Mobilitätswende, Kriegsbegeisterung, Willkommenskultur, Gender, Trans und Diversity bisher nicht so richtig geklappt. Wegen denen ist der inspirierende Zustrom von Millionen Migranten aus demokratiefernen Armutsregionen noch nicht voll zur wirtschaftlichen Entfaltung gekommen. Wegen denen haben wir immer noch nicht die drakonische Bestrafung falscher Meinungen, die wir bräuchten.
Und der sympathische Habeck kann ja auch unter Merz wieder Vizekanzler werden. Oder vielleicht doch eher der Kühnert von der SPD, ein unterbewertetes Talent, das wir in Spitzenämter zurückholen müssen. Bloß gut, dass unsere Demokratie immer wieder so viele Möglichkeiten des Aufbruchs und Neuanfangs bietet. Man muss schließlich eine Vision haben, eine Hoffnung für die eigene Zukunft und die seiner Kinder. Am wichtigsten ist aber, dass die Brandmauern halten. Wir wollen doch nicht Extremisten unser Land überlassen, so wie die Amis. Wir kriegen das alles viel besser ruiniert als die. Also ich denke positiv: Ich verlasse mich darauf, dass alles so bleibt, nur noch mehr. Wir schaffen das!
Es war einmal der CEO eines mächtigen deutschen Konzerns, der wollte sich ein Haus bauen (lassen). In den malerisch grünen Bergwiesen oberhalb von Kitzbühel in Tirol sollte es stehen, dort, wo die Immobilienpreise zu den allerhöchsten in ganz Europa zählen. Schon hatte unser tatkräftiger Vorstandschef einen Bergbauern gefunden, der ihm den Wiesengrund am Hang für 90 Millionen Euro als Bauland zu verkaufen bereit war. Zwar untersagte die Stadt Kitzbühel solche Bauvorhaben wegen des tourismussensiblen Landschaftsbildes grundsätzlich streng. Doch die Zusage einer beträchtlichen Finanzspritze an die Gemeinde, der das Geld für ihr Vorhaben eines neuen Schulhauses sehr zupass kam, hatte flugs die Möglichkeit einer Sondergenehmigung eröffnet.
Nun begab es sich, dass dem hoffnungsvollen Bauherren noch eine Kleinigkeit den Plan vergällte: Ein Streifen dunklen Nadelwaldes auf dem angrenzenden Grundstück verstellte den Blick ins idyllische Tal. Was tun? Dieser Baumbestand gehörte einem zweiten Bauern. Sicher ließ sich auch mit dem ein Handel schließen, auf dass die störenden Stämme abgeholzt werden konnten! Gesagt, getan: Noch einmal zehn Millionen bot unser CEO dem Nachbarbauern für einen Verkauf – welch fürstliche Summe für einen schmalen Streifen Grund!
Der Nachbarbauer aber hasste den anderen, den potenziellen Bauland-Bauern. Schon seit Generationen waren die beiden Familien inniglich verfeindet. Und dieser Widersacher sollte nun sogar 90 Millionen kasssieren? Na, dem würde er’s zeigen! So weigerte sich der prinzipienfeste Hassbauer, seinen Waldstreifen zu verkaufen, und alles Locken mit Moneten vermochte ihn nicht umzustimmen. Somit ohne Hoffnung auf freie Sicht weit übers Tal, ließ unser Vorstandschef endlich von seinem Vorhaben ab – und dem ersten Bergbauern entging der Deal seines Lebens.
Moral: Manchmal ist es der ehrliche Hass, der gute und gerechte Ergebnisse zeitigt und die Welt ein kleines bissl weniger korrupt macht.
Ein Grüner, ein Veganer und eine Transsexuelle kommen in eine Bar in Castrop-Rauxel. Sagt der Grüne: „Ich hätte gern ein Bier.“ Sagt der Barmann: „Sorry, aber Sie werden hier nicht bedient!“ Sagt der Grüne: „Das Bier ist doch für den Veganer.“ Sagt der Barmann: „Ach so, das ist was anderes!“ Und der Veganer bekommt sein Bier. Sagt der Grüne, nein, sagt die Transsexuelle, Quatsch, also, sagt das Bier: „…“
Wenn das letzte Quentchen Witz kläglich verendet ist, wenn man sich in eine Sackgasse manövriert hat, in der nicht die klitzekleinste Pointe einen Ausweg aus der heillos verfahrenen Situation bietet – dann könnte man eigentlich mal sagen: Scheiß drauf, jetzt brech ich mit allen Konventionen und schau einfach, was sich draus machen lässt. Etwas Besseres als den Tod finde ich überall.
Oder man hält sich die Augen zu und wartet darauf, dass die Nacht kommt und die Finsternis alles verschluckt. Deutschland 2024.
Es gibt Orte, da knistert deutlich wahrnehmbar die Hochfrequenzstrahlung eines fremdartigen Paralleluniversums. Nein, nicht nur in Garding (TWASBO-Leser wissen mehr). Ebenso verhält es sich nämlich in meinem Lieblings-EDEKA in Hamburg, wo es immer wieder zu surrealen Lautsprecherdurchsagen kommt. Schallte es vor drei Jahren ebenso rätselhaft wie überfallartig „Neptun Eintausend!“ durch den Markt, so kommandierte dieselbe körperlose Stimme bei meinem Besuch vor wenigen Tagen mit drohendem Unterton: „Herr Katschinski, bitte in die Marmeladenecke!“
Bleibt mir als Journalist nur die klassische W-Frage: Warum schickt die Filialleitung Herrn Katschinski in die Marmeladenecke? Vermutlich zum Schämen für ein auf dem Fliesenboden zerdeppertes Glas Schwartau Extra. Allein der Name Katschinski lässt seinen Träger geradezu prädestiniert erscheinen, um mit Eselsmütze in die Marmeladenecke gestellt zu werden – anstelle des unantastbaren Königs Kunde, der tölpelhaft das Glas zu Bruch gehen ließ. Ist man als Katschinski der geborene Sündenbock? Ich meine, wenn man zum Beispiel Göring-Eckardt heißt, passiert einem doch so was nicht …
Ich kenn den Witz anders. Der Grüne sagt zum Barmann: „Das Bier ist doch für Neptun 1000!“