Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.

Bedaure, Herr Oliver ist keineswegs stolze Mama geworden. Auch wenn das den Gender-Tröten so passen könnte. Und das einzige Produkt, das mir zum Wohl meines 1,90 Meter großen Kindes am Herzen liegt, ist derzeit eine Friseurschere. Aber selbst die darf gerne im Besitz und in den kundigen Händen eines Salonbetreibers verbleiben, der zur Abwechslung vielleicht mal nicht automatisch das Streetfighter-Stylesheet an seine Kunden anlegt. Ich weiß nicht, ob die Gesellschaft für Konsumkatastrophen (GfK) solche Bedürfnisse meinte, als sie mich unversehens mit oben abgebildeter Mail beglückte.

Ach komm, wo wir gerade bei Katastrophen sind. Schon einen Monat alt, aber trotz hektischer Löschung durch den Urheber vielfach geteilt und zum Instant-Klassiker des Idiotenjournalismus erhoben: Die unbestechlichen „Faktenfinder“ der Tagesschau unterzogen die Enthüllung der US-Reporterlegende Seymour Hersh, wonach die USA unsere wichtigste Gaspipeline in die Luft gesprengt haben, einer strengen Prüfung. Dessen Geschichte stank doch meilenweit nach Fake News und Putinpropaganda!

Da behauptete dieser Hersh, dieser alte Englischsprecher, in seinem Artikel etwa rotzfrech, Spezialtaucher hätten die Sprengladung unter Wasser an der Pipeline angebracht („anbringen“ heißt auf Englisch: „to plant“).

„A-haaaaaa!“, riefen die Faktenchecker der ARD, „plant! Pflanze! Sprengstoff in Pflanzenform! So was gibt es doch gar nicht!“ Und von da an nahm die Aufklärung ihren Lauf:

Ist das endgeil! Mit echter Experten-Expertise drin: „ausgeschlossen, dass unauffällige Pflanzenattrappen zum Einsatz kamen“! Und wissen Sie was? Herr Domjahn hat vermutlich Recht mit seiner Skepsis! Die besten Geschichten schreiben halt immer noch die Öffis; auffällige Praktikantenattrappen mit Bremer Abitur und krankhaft geschwollener Checkerdrüse bewahren Deutschland vor russischer Nazi-Manipulation. Dieselben Richtigmeiner und Wichtigtuer haben übrigens jahrelang mit Hingabe die Lügen der bösen Corona-Schwurbler enttarnt – und Sie, ja genau Sie, haben ihnen Wort für Wort geglaubt. Weil das Gütesiegel „Tagesschau“ draufstand. Dochdoch, geben Sie’s ruhig zu.

Apropos Corona-Schwurbler. Das mir bis dahin gar nicht bekannte Berliner Nachrichtenmagazin „Hintergrund“ hat in seiner Online-Ausgabe ein paar interessante Fundstücke zu Karl Lauterbachs wissenschaftlicher Karriere zusammengestellt, die das Bild dieses Spitzenpolitikers (sowie seiner ehemaligen Volkspartei) aufs Schönste und Treffendste abrunden. Die akribischen Recherchen und ebenso peniblen Quellenangaben hätten natürlich auch einem der bekannteren „Nachrichtenmagazine“ und sonstigen Leitmedien gut zu Gesicht gestanden – wenn wir noch in den Achtzigerjahren leben würden. Tun wir aber nicht. Da müssen Sie jetzt schon mit „obskuren“ alternativen Medien Vorlieb nehmen, wenn Sie trotzdem an unbequemen Wahrheiten (Al Gore) interessiert sind.


Ich kann vor lauter Dankbarkeit mein Wasser kaum noch halten: pralle 0,6 Prozent Zinsen! Und das bei nur rund acht Prozent Inflation? Ist diese Bank plötzlich zur Außenstelle der Caritas mutiert? Da verliert mein vieles Geld ja nur noch 7,4 Prozent pro Jahr an Wert! Aber selbstverständlich werde ich jetzt gleich „einen regelmäßigen Sparplan anlegen“: Ich erspare es mir ab sofort regelmäßig, das Geseier von „guten Nachrichten“ vor dem Löschen der Mail überhaupt noch zu lesen. So macht Sparen „in Zukunft wieder mehr Spaß“ – ja, hat es denn jemals keinen Spaß gemacht?


Brecht hat Recht: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Oder aktuell auf die Credit Suisse abgewandelt: gegen die Rettung einer Bank.

Aber es gibt auch Erfreuliches: Ich habe einen funkelnden Edelstein von einem Satz gelesen. Einem Satz, dem ich wünsche, er möge einst in güldenen Lettern geprägt als Buchtitel erscheinen oder in eine steinerne Gebotstafel gemeißelt werden. Er findet sich in der jüngst erschienenen, empfehlenswerten Autobiographie des 1936 in Leipzig geborenen Kameramanns Manfred Romboy. Der Veteran, der ein privates Museum für Film- und Fernsehtechnik betreibt, lernte sein Handwerk noch bei der DEFA in Babelsberg. Zu meinem großen Glück und Nutzen durfte ich vor vielen Jahren, in meiner Zeit als freier Mitarbeiter des heute unerträglich woken WDR, mit Romboy durch die Gegend fahren und Fernsehbeiträge produzieren. Ihm verdanke ich auch das Fachwissen zu 100 Jahren Film- und Fernsehentwicklung in meinem Roman Schalttagskind.

Und was ist nun mit dem Satz? Der stammt von Romboys Mutter. Als er ein kleiner Junge und ein gewisser Adolf H. Reichskanzler war, ermahnte sie ihren Sohn immer mal wieder: „Mach nichts kaputt, wir haben Krieg!“


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