Seit heute läuft, von mir mit Spannung erwartet, Marijn Poels‘ investigativer Dokumentarfilm über Hintergründe und Folgen des Corona-Komplexes. Sein Anspruch: Aufklärung und Aufbruch. Leider gibt er abenteuerlichen Thesen Raum – und instrumentalisiert wie die Gegenseite Schock und Angst.

Hinweis: Diese Rezension enthält Spoiler

Düster drohende Symbolik: Dokumentarfilmer Marijn Poels (Foto: MPF Media)

Es gibt einen Moment, kurz vor der Halbzeit dieses langen Films, da hätte der niederländische Dokumentarfilmer Marijn Poels noch die Kurve kriegen können. Rund 60 Minuten haben wir da bereits das konsumiert, was Engländer „gloom and doom“ nennen: die düstere Verdammnis, die aus jeder Pore seiner bezeichnenderweise „Pandamned“ getauften Corona-Doku kriecht. Das titelgebende Wortspiel ist eine Zusammenziehung der englischen Worte Pandemic und damned. Damit erweist sich der Titel als der Spoiler des gesamten Programms: Wir sind verdammt, alles ist noch viel schlimmer und bösartiger und auswegloser als je für möglich gehalten.

An besagtem möglichem Wendepunkt haben wir bereits Ulrike Guérot gehört, die linksliberale Politikwissenschaftlerin, die mit dem Entzug der Grundrechte durch die Corona-Politik in ihrem Buch „Wer schweigt, stimmt zu“ abrechnete und vor Poels‘ Kamera die Unfähigkeit beider Lager beklagt, noch miteinander zu sprechen. Wir haben Thomas Binder gehört, Arzt in der Schweiz, der berichtet, wie all sein ärztliches Wissen von den Coronamaßnahmen auf den Kopf gestellt wurde. Wir haben die kluge Analyse des Kommunikationsforschers Michael Mayen gehört, der die automatische Gleichschaltung des Journalismus in Zeiten von Google und Twitter erläutert.

Mayen hat uns auch über die „Trusted News Initiative“ aufgeklärt, die bereits seit Sommer 2019 die weltweit wichtigsten sogenannten Qualitätsmedien einschließlich ARD und ZDF zu einem Kampfbündnis gegen Trump-Symathisanten und spätere Impfgegner zusammenschmiedet. Und wir haben Ole Dammegård kennengelernt, den selbstdefinierten dänischen „Wahrheitssucher, Kodexbrecher und Friedensstifter“, der über Unterdrückungs-Mechanismen der Elite gegenüber der Masse referiert.

All das war gut und wichtig zu erfahren oder – bei etwas Vorwissen zur Thematik – sich ins Gedächtnis zu rufen. Aber andererseits war es auch ein Mosaik unterschiedlichster kritischer Blickwinkel auf immer nur angerissene Themenfelder aus zwei Jahren globalem Pandemie-Regime. Eine Menge „Talking Heads“, redende Köpfe, denen man interessiert zuhören, aber optisch keine weiteren Informationen entnehmen kann. Überhaupt besteht die Bildsprache von „Pandamned“ aus Köpfen, finsteren Symbolbildern (das Fällen und Zersägen eines Baumes versinnbildlicht je nach Gusto den Tod, die Brutalität, das Verbrechen) und immer noch mehr Talking Heads aus TV-Nachrichtenarchiven und YouTube-Schnipseln. Ein Podcast wäre hier eine bedenkenswerte Alternative gewesen und bei gleicher Informationsdichte vermutlich mit 30 Minuten weniger Länge ausgekommen.

Blockbuster-Aufmachung: Filmplakat „Pandamned“ (Foto: MPF Media)

Aber da ist nun diese Stelle, mitten im Film: „Cut! Cut! Cut!“ ruft ein Spielfilm-Regisseur am Set. Es ist ein uralter Schwarzweiß-Kinoschnipsel aus dem Archiv, den Poels hier unvermittelt einbaut – so als ahne er, dass ich mir genau diesen Einschnitt inzwischen dringend wünsche: Nicht immer so weitermachen mit den Wasserstandsmeldungen von der Corona-Konfliktfront, weil mir das Wasser eh schon bis zur Unterlippe steht. Inzwischen verlangt es mich heftig nach Auswegen, Annäherungen, Heilungschancen, Brückenbauern – nach irgend etwas Konstruktivem, das mir eine Hoffnung zurückgibt, die Dinge könnten irgendwann wieder ins Lot kommen. Denn dass die Gesellschaften, die diese zwei Jahre hinter sich haben, gründlich zerrüttet und entkernt worden sind, ist hinreichend klargeworden.

Und tatsächlich taucht Poels – Cut! Cut! Cut! – als nächstes bei der 87-jährigen Frankfurter Künstlerin Mary Bauermeister auf, die ihm für einen Moment die Regie aus der Hand nimmt. Er möge ihr doch bitte keine Suggestivfrage stellen, in der die Antwort bereits vorweggenommen sei, beendet Bauermeister seinen ersten Interviewversuch und nimmt damit eine große Schwäche des Films hellsichtig vorweg. Brav setzt Poels erneut an und fragt diesmal einfach nur: „Was können die Künstler tun?“ Nun scheint der Film in die von mir ersehnte Spur zu kommen. Die spirituell geprägte Gartenbaukünstlerin spricht darüber, dass die Kunst den Menschen neue Rituale der Gemeinsamkeit aufzeigen müsse. Denn die Kirchen hätten sich in dieser Hinsicht längst diskreditiert, und niemand stehe mehr für das große Ganze ein.

Das wäre mal ein Ansatz, zu dem ich nun gerne Bilder und vor allem Bauermeister bei der Arbeit sähe. Schließlich will Poels laut der Doku-Homepage nicht nur die „absurde Welt“ zeigen, die uns dank der Coronamaßnahmen bevorsteht, sondern auch, „wie wir sie noch verhindern können“. Aber diesen Teil löst er nicht ein. Stattdessen wendet sich der Film dem nächsten Dutzend wortmächtiger Ankläger der verschiedensten Aspekte von Polizeistaat, Gesundheitsdiktatur, Überwachungs-Ideologie und Wissenschaftskorruption zu.

Poels‘ Dokumentation ist nicht der erste Versuch aus dem alternativen Spektrum, die Pandemie samt ihrer politischen Agenda filmisch aufzuarbeiten. Vor allem sticht hier die ausgezeichnete, dreiteilige Reihe Corona – Auf der Suche nach der Wahrheit des Linzer Virologen Professor Martin Haditsch hervor. Sie lief im vergangenen Jahr beim österreichischen Privatsender Servus TV und ist dort immer noch abrufbar. Haditsch zeigte damit früh, wie man trotz der Fülle von Talking Heads unaufgeregt, seriös und zielführend einen regelrechten Road Movie, eine weltweite Expedition zu Orten der Wahrhaftigkeit im Gestrüpp der Lügen und Manipulationen drehen kann.

Auch Poels nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise, ein Experten-Hopping mit unzähligen Etappen. Unter anderem führt sein Weg zu Sucharit Bhakdi, dem Mikrobiologen, der für das Medizin-Establishment zur unberührbarsten aller Unpersonen wurde. Doch war der Ertrag diesen Zwischenstopp wert? Bhakdi erläutert Poels zwar in blumiger Sprache und anhand von Fotos auf seinem Laptop die Angriffsmechanismen der mRNA-Impfstoffe auf das gesunde Körpergewebe – aber ich habe ehrlich gesagt fast keine seiner vielen Metaphern verstanden. Und Poels hakt nicht nach. Auch nicht, als Bhakdi en passant feststellt, das Corona-Virus sei ja in einem Labor hergestellt worden, „und es wurde so gemacht, dass es gefährlicher hätte sein sollen“. Die naheliegenden Fragen wären hier gewesen: Von wem? Mit welchem Ziel? Und wodurch bewiesen?

Inzwischen verlangt es mich heftig nach Auswegen, Annäherungen, Heilungschancen, Brückenbauern – nach irgend etwas Konstruktivem.

Der Film hat starke Passagen, Momente der Entlarvung. Etwa, wenn Poels die junge TV- und Filmschaupielerin Miriam Stein interviewt, die sich 2021 an der Kampagne #allesdichtmachen beteiligte und auch gegen die Maßnahmen auf die Straße gehen wollte. Da werden wir Zeuge, wie das knüppelharte Corona-Regime jemanden in seiner politischen Naivität erschüttert hat: „Wir wollten doch nur gegen die Coronapolitik demonstrieren, wir sind links, wir sind aus der Mitte der Gesellschaft.“ Trotz dieser systemkonform windschiefen Selbstverortung (Mitte ist da, wo links ist) verbot man es ihr – mit der Begründung, es könnten sich auch „Querdenker“ anschließen. „Und das ist natürlich ein berechtigter Verdacht“, beeilt sich Stein vor Poels‘ Kamera zu bekennen, „aber dann kann man ja gar nicht mehr demonstrieren.“ Richtig. So ist das heute. Eine Lektion fürs Leben.

Eine Bereicherung der Doku ist auch der Ökonom und Wirtschaftsjournalist Norbert Häring, ein Experte für die umfassende Überwachungsinfrastruktur, deren Aufbau durch Corona ermöglicht und intensiviert wurde. Interessant sein Hinweis auf die geopolitsche Komponente: Die National Security Commission on Artificial Intelligence in den USA, geleitet vom früheren Google-Chef Eric Schmidt, versuche seit Jahren, im Kampf um die militärische und ökonomische Hegemonie den „Anwendungsvorteil“ Chinas auszugleichen, der in einer einzigartigen Kombination aus autoritärem Staat und digitaler Totalkontrolle bestehe. Letztlich hätten Microsoft und Co. schon vor Corona die Blaupausen bereitgestellt, dank derer die EU kurz nach Beginn ihrer Impfkampagne bereits den digitalen Impfausweis einführen konnte. „Die Roadmap dafür gab es schon seit 2018“, erläutert Häring ein entsprechendes Dokument.

Wenn Poels‘ Film dennoch mit seinem Anliegen der Wahrheitsfindung gescheitert ist, liegt es vor allem an seiner ausweglosen, unhinterfragten und damit unerträglichen Zuspitzung im zweiten Teil. Das ist die einzige Route, den der ansonsten richtungslos verlaufende Erzählfaden beschreibt: die Eskalation ins Apokalyptische. Es beginnt mit einer Video-Compilation, die vor laufender Kamera kollabierende Menschen zeigt: Spitzensportler während des Spiels, Politiker während einer Ansprache, eine junge Frau während der Impfung. Die gezeigten Zusammenbrüche werden nicht im Einzelnen erläutert, trotzdem ist die Message klar: Die Impfung bringt den abrupten Tod. Nun gibt es tatsächlich unzählige Hinweise auf ernsthafte bis tödliche Nebenwirkungen der mRNA-Wirkstoffe, aber hier wird nicht mit Belegen, sondern ausschließlich mit dem Schockeffekt gearbeitet. Ein Verfahren, für das doch gerade die Corona-Skeptiker manipulative Mainstream-Medien stets zu Recht scharf kritisieren.

Seltener Moment der Reflexion: Poels am Lagerfeuer (Stillfoto: MPF Media)

Und vollends auf die Spitze treibt es Poels dann mit dem Auftritt von Dolores Cahill, die als Professorin für Molekulargenetik und Immunologin vorgestellt wird, aber auch Chefin der radikalen „Irish Freedom Party“ ist. Nach einer kurzen Einführung in die Statistik und vor allem in die Stochastik der Impfschäden sowie in die Mechanismen, mit denen der Impfstoff die Körperabwehr dazu bringe, gesundes Gewebe anzugreifen, verkündet Cahill unvermittelt ihre Folgerung. An der Stelle habe ich zweimal zurückgespult, weil ich meinte, mich verhört zu haben: „Jeder, der auch nur eine Dosis dieser mRNA-Injektionen bekommen hat, wird in den nächsten drei bis fünf Jahren sterben. Ich weiß, das ist schwer zu ertragen.“ („Hard to hear“, sagt sie im englischen Originalton.)

Ja, das ist schwer zu ertragen. Vor allem, weil eine derart extreme und unglaubhafte Prophezeiung des gewaltsamen Todes Hunderter Millionen Menschen anschließend weder von ihr noch vom Filmemacher in irgendeiner Weise relativiert oder wenigstens mit weiteren Belegen unterfüttert wird. Poels erlaubt sich somit, dieselben Leichenberge heraufzubeschwören, die von interessierter Seite zum Erzeugen der allgemeinen Corona-Panik benutzt wurden – nur diesmal als Folge der Impfung, nicht der Pandemie. Diese reine Hysterisierung entspricht exakt der Methode, die coronakritische Medienmacher doch an ihren Gegnern als unlauter entlarven wollen und auch müssen. Außerdem droht sie mich einmal mehr in tiefer, ohnmächtiger Hoffnungslosigkeit zurückzulassen. Und davon habe ich nach zwei Jahren Pandemie bereits eine Überdosis.

Dessen ungeachtet muss kurz vor Schluss noch eine letzte Schippe draufgelegt werden. Ein Bauer berichtet Poels, wie eine Kaninchenplage einst australischen Farmern das Leben schwermachte. Nicht einmal massenhafter Abschuss der Tiere half noch – bis „ein eigens entwickeltes Virus, ich glaube aus einem französischen Labor“ nach gezielter Freisetzung die gesamte Population „ratz-fatz“ vernichtete. Alle Rammler ausgelöscht, Problem gelöst. Das bleibt dann so im Raum stehen. Jeder darf nun den gewünschten Analogie-Schluss ziehen, in einem Film, der nicht von Landwirtschaft, sondern von einer Menschheitsseuche handelt.

Die Dokumentarfilm „Pandamned“ wurde durch mehr als tausend Einzelspender mit insgesamt gut 70.000 Euro crowdfinanziert. Von diesen Geldgebern kann man schon strukturell kein Einschreiten gegen überdrehten Unfug erwarten. Aber der Co-Produzent des Films, der Schweizer Publizist und Jurist Milosz Matuschek, hätte sein Veto einlegen müssen. Matuschek ist mir in der Vergangenheit konstant als kluger, auch polemischer, aber immer auf sauberer Recherche aufsetzender Gegner der Coronamaßnahmen aufgefallen. Dass er den Film in dieser Form abgesegnet hat, ist ein schwerer Fehler: Es öffnet denjenigen eine weit offene Flanke, die Kritiker der Coronapolitik und des Grundrechteabbaus ohnehin als „Schwurbler“ verunglimpfen. Es diskreditiert unwillentlich selbst das, was der Film an dringend in die Öffentlichkeit gehörenden Informationen und Diskussionsgrundlagen liefert. Im grellen Licht der freischwebenden Extrembehauptungen und Andeutungen erscheint es schlagartig als angreifbar. Und angegriffen werden wird es.

Viel Feind, viel Ehr‘? Mag sein, aber eine konstruktive Aufarbeitung des Corona-Schreckens funktioniert so nicht. Glaubwürdig kritischer Journalismus, diese alte Binse bestätigt sich hier wieder, macht sich mit keiner Sache distanzlos gemein – auch nicht mit einer guten. Er macht aber Angebote für eine Öffnung des Denkens. Es wäre so wichtig gewesen, dass die Macher dieses Films dem Ruf des einkopierten Regisseurs gefolgt wären: „Cut! Cut! Cut!“


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