Vor wenigen Tagen verurteilte eine Berliner Richterin den in der Hauptstadt lebenden Amerikaner CJ Hopkins für zwei Tweets, in denen ein Hakenkreuz durch eine Corona-Maske schimmert. Sein Vortrag im Prozess ist es wert, für die Nachwelt aufgehoben zu werden.

Eben erst aus einem ausgedehnten Urlaub zurückgekehrt, hinke ich den Aktualitäten wochenlang hinterher. Aber das macht nichts, denn der hier zu dokumentierende Text ist von zeitlosem Wert und wird, wenn es mit rechten Dingen zugeht, künftig einmal ein Geschichtsbuch zieren. Im zugehörigen Kapitel dieses noch zu verfassenden Geschichtsbuches werden vielleicht Oberschüler nachlesen können, wie Deutschland in den Zwanzigerjahren des 21. Jahrhunderts näher und näher an jene totalitären Strukturen einer staatlichen Willkürherrschaft heranrückte, die seine Protagonisten doch ein für allemal hinter sich gelassen zu haben glaubten.

Der gleich folgende Text ist die bewundernswerteste Rechtfertigung eines Angeklagten in einem politischen Prozess vor einem bundesdeutschen Gericht, die ich je gelesen habe. Nichtsdestotrotz wurde dieser Angeklagte am 30. September schuldig gesprochen, und zwar schuldig der “Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen”. Das verwendete Kennzeichen war ein Hakenkreuz, das schemenhaft durch eine Corona-Maske schimmert. Der Verurteilte ist der in Berlin lebende US-amerikanische Autor CJ Hopkins, der im Corona-Jahr 2022 mit diesem Bildmotiv zwei kurze Tweets auf Twitter illustrierte. Darin kritisierte er die in Deutschland pflichtgemäß zu tragenden Masken als “Symbole der Ideologiekonformität” und bemühte zum Beleg ein Zitat von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbauch: “Von der Maske geht immer auch ein Signal aus.”

In einem ersten Verfahren hatte eine Richterin des Amtsgerichts Tiergarten Hopkins demonstrativ widerwillig freigesprochen, doch die – weisungsgebundene – Berliner Staatsanwaltschaft war in die Berufung gegangen. In zweiter Instanz nun kassierte die diesmal zuständige Richterin des Kammergerichts das ursprüngliche Urteil und sprach Hopkins schuldig (das erstinstanzliche Gericht muss daraufhin jetzt noch das Strafmaß festlegen).

Dabei wurde nicht erwogen, dass der 63-jährige US-Autor ein sogenannter Altlinker ist, dass seine Bühnenwerke und Satiren unablässig vor totalitären Strukturen warnen, dass also kaum jemand so unverdächtig sein dürfte wie er, die NS-Ideologie verbreiten zu wollen. Oder dass Spiegel und Stern kürzlich ebenfalls “warnend” Hakenkreuze auf ihren Covern präsentierten, ohne in irgendeiner Weise belangt zu werden. Hopkins beklagte schließlich in seinen Tweets totalitäre Tendenzen nicht der Opposition, sondern des Regierungslagers. Hier sollte ein Exempel statuiert werden, und es wurde statuiert.

Sie können sich über die Einzelheiten des Verfahrens, die Antiterror-Maßnahmen und die spezielle Verhandlungsatmosphäre im Gerichtssaal hier informieren. Wahlweise auch hier oder von gerichtlicher Seite hier, oder natürlich beim Verurteilten CJ Hopkins selbst. Lesen Sie aber vor allem seine folgende Erklärung. Und sollte dieser Staat auch Sie demnächst einmal völlig überraschend und aus an den Haaren herbeigezogenen Gründen für angebliche politische Vergehen vor Gericht zerren, dann rufen Sie sich diesen Text ins Gedächtnis. Er möge uns allen im Fall des Falles als Richtschnur für eine aufrechte Haltung im Angesicht der Repression dienen, und als inspirierender Lichtblick in finsteren Zeiten.

CJ Hopkins, 2018 (Bildquelle: Königubu – Own work, CC BY-SA 4.0)

Erklärung von CJ Hopkins am 30.9.2024 vor dem Kammergericht Berlin:

“Meine Damen und Herren, ich bin CJ Hopkins, preisgekrönter Dramatiker, Autor und politischer Satiriker. Ich wohne seit 20 Jahren in Berlin. Mein Werk wird von hunderttausenden Menschen auf der ganzen Welt gelesen. Seit über dreißig Jahren schreibe und spreche ich mich gegen Faschismus, Autoritarismus, Totalitarismus usw. aus. Jeder kann im Internet suchen, meine Bücher finden, die Kritiken meiner Stücke lesen, meine Essays lesen und in fünf Minuten erfahren, wer ich bin und welche politischen Ansichten ich habe. Und dennoch werde ich von den deutschen Behörden beschuldigt, Pro-Nazi-Propaganda zu verbreiten. Ich werde dessen beschuldigt, weil ich zwei Tweets gepostet habe, in denen ich die offizielle Corona-Erzählung in Frage gestellt habe, und die neue, aufkommende Form des Totalitarismus, die sie hervorgebracht hat – d.h. die sogenannte „neue Normalität“ – mit Nazi-Deutschland verglichen habe.

Lassen Sie es mich klarstellen. Das habe ich getan. Im August 2022, als Deutschland darüber debattierte, ob die Maskenpflicht beendet werden sollte, habe ich diese zwei Tweets gepostet. Ich habe die offizielle Corona-Erzählung in Frage gestellt. Ich habe die „neue Normalität“ mit Nazi-Deutschland verglichen. Das habe ich mit dem Bild vom Cover meines Buches gemacht. Ich habe getan, was nach deutschem Recht jeder tun darf. Ich habe getan, was Karl Lauterbach getan hat, was Prominente wie Jessica Berlin getan haben. Ich habe getan, was führende deutsche Zeitungen und Zeitschriften getan haben.

Vor einigen Monaten haben Stern und Der Spiegel Covers ihrer Zeitschriften mit Hakenkreuzen veröffentlicht. (hold up images) Das Spiegel-Cover zeigt genau dasselbe künstlerische Konzept wie das Cover meines Buches und meiner Tweets. Der einzige Unterschied ist, dass das Hakenkreuz auf dem Spiegel-Cover hinter einer deutschen Flagge ist, während das Hakenkreuz auf meinem Cover und in meinen Tweets hinter einer medizinischen Maske ist. Das ist der einzige Unterschied.

Stern und Der Spiegel haben Hakenkreuze auf ihren Covers gedruckt, um die Öffentlichkeit vor dem Aufstieg einer neuen Form des Totalitarismus zu warnen, und genau das habe ich getan. Ich habe die „neue Normalität“ – d. h. eine neue, aufkommende Form des Totalitarismus – mit Nazi-Deutschland verglichen. Stern und Der Spiegel haben die AfD mit Nazi-Deutschland verglichen.

Ich bin kein Fan der AfD. Ich bin auch kein Fan von Stern und Der Spiegel. Das spielt keine Rolle. Stern und Der Spiegel haben das Recht zu tun, was sie getan haben, und ich auch. Dieses Recht ist uns in dem deutschen Grundgesetz garantiert. Wir alle haben das Recht, wenn wir sehen, dass eine neue Form des Totalitarismus Gestalt annimmt, uns ihr entgegenzustellen und sie mit historischen Formen des Totalitarismus zu vergleichen, einschließlich Nazi-Deutschland.

Ich verfolge die deutsche Wahlpolitik nicht genau, also weiß ich nicht genau, was die AfD getan hat, das Stern und Der Spiegel dazu veranlasst hat, sie mit den Nazis zu vergleichen. Aber ich weiß genau, was die deutschen Behörden in den Jahren 2020 bis 2023 getan haben.

Im Jahr 2020 riefen die deutschen Behörden einen nationalen Ausnahmezustand aus, für den sie keine konkreten Beweise vorlegten, und setzten die verfassungsmäßigen Rechte außer Kraft. Das hat Nazi-Deutschland auch getan, d.h. im März 1933. Von 2020 bis 2022 zwangen die deutschen Behörden die Menschen, Symbole ihrer Konformität mit der offiziellen Ideologie zu tragen und öffentliche Rituale der Loyalität durchzuführen. Das haben die Nazis auch getan. Die deutschen Behörden haben Proteste gegen ihre willkürlichen Erlasse verboten. Mithilfe der deutschen Medien bombardierten sie die Massen mit Lügen und Propaganda, die die Öffentlichkeit terrorisieren und zu gedankenlosem Gehorsam zwingen sollten. Sie trennten die deutsche Gesellschaft danach, wer der offiziellen Ideologie entsprach, und wer nicht. Sie zensierten politisch Andersdenkende. Sie haben Menschen ihrer Arbeitsplätze beraubt, weil sie sich weigerten, sich der offiziellen Ideologie anzupassen und sinnlosen Befehlen zu befolgen. Sie haben Massenhass gegen eine „Sündenbock“-Klasse von Menschen geschürt. Sie haben Kritiker der Regierungsverordnungen dämonisiert und verfolgt. Sie schickten Polizisten los, um sie zu brutalisieren. Sie instrumentalisierten das Gesetz, um politische Dissidenten zu bestrafen. Nazideutschland hat all das auch getan, wie die meisten anderen totalitären Systeme. Ich habe all dies in meinem Buch dokumentiert. Ich habe mich dagegen ausgesprochen. Ich habe Essays darüber veröffentlicht. Ich habe darüber getwittert.

“Von 2020 bis 2022 zwangen die deutschen Behörden die Menschen, Symbole ihrer Konformität mit der offiziellen Ideologie zu tragen und öffentliche Rituale der Loyalität durchzuführen. Das haben die Nazis auch getan.” – CJ Hopkins

Meine Strafe dafür ist: Hier stehe ich nun zum zweiten Mal vor einem Strafgericht. Die Behörden ließen meine Tweets zensieren. Sie haben mich bei dem Bundeskriminalamt angezeigt. Sie haben mich beim Bundesamt für Verfassungsschutz angezeigt. Mein Buch ist in Deutschland verboten. Die deutschen Behörden haben gegen mich ermittelt. Sie haben mich strafrechtlich verfolgt. Sie haben mich wegen zweier Tweets vor Gericht gestellt. Nachdem ich freigesprochen wurde, war das nicht genug, also haben sie mich erneut vor Gericht gestellt. Sie haben mich diffamiert. Sie haben mein Einkommen und meinen Ruf als Autor geschädigt. Sie haben mich gezwungen, Tausende von Euro auszugeben, um mich gegen diese lächerlichen Anklagen zu verteidigen. Und heute wurden ich, mein Anwalt und alle in der Galerie dieser offiziellen Machtdemonstration ausgesetzt und wie potenzielle Terroristen behandelt.

Warum – so könnten vernünftige Menschen fragen – erhalte ich diese Sonderbehandlung, und nicht SternDer SpiegelDie Tageszeitung und viele andere, die Hakenkreuze getwittert haben?

Das ist kein Geheimnis. Jeder kennt die Antwort auf diese Frage.

Jeder versteht genau, was diese Strafverfolgung tatsächlich ist. Jeder Journalist, der über meinen Fall berichtet hat, jeder in diesem Gerichtssaal, versteht, was diese Strafverfolgung wirklich ist. Es geht nicht darum, Menschen zu bestrafen, die wirklich Pro-Nazi-Propaganda verbreiten. Es geht darum, politisch Andersdenkende zu bestrafen und Kritiker zum Schweigen zu bringen. Ich bin nicht hier, weil ich ein Hakenkreuz auf meinen Buchumschlag gedruckt habe. Ich bin hier, weil ich es hinter einer „Corona-Maske“ gestellt habe. Ich bin hier, weil ich es gewagt habe, die Behörden zu kritisieren, weil ich mich geweigert habe, den Mund zu halten und Befehlen zu folgen.

Bei meinem ersten Prozess appellierte ich an die Richterin, dieses Spiel zu beenden und sich an das Gesetz zu halten. Das hat sie getan. Sie musste mich öffentlich beschimpfen und dann eine Covid-Maske aufsetzen, um ihre Loyalität gegenüber der „neuen Normalität“ zu zeigen, aber sie hat mich freigesprochen. Sie hat sich an das Gesetz gehalten. Und ich habe ihr gedankt. Aber ich werde nicht an diesem Gericht so appellieren. Ich habe dieses Spiel satt. Ich glaube, wenn dieses Gericht sich an das Gesetz halten wollte, wäre ich heute nicht hier. Das Gericht hätte die lächerlichen Argumente der Staatsanwaltschaft in der Revisionsbegründung zurückgewiesen. Das hat es nicht getan. Also werde ich nicht vor diesem Gericht um Gerechtigkeit appellieren. Oder Gerechtigkeit erwarten.

“Jeder Journalist, der über meinen Fall berichtet hat, jeder in diesem Gerichtssaal, versteht, was diese Strafverfolgung wirklich ist. (…) Es geht darum, politisch Andersdenkende zu bestrafen und Kritiker zum Schweigen zu bringen.” – CJ Hopkins

Also weiter. Tun Sie mit mir, was Sie für nötig halten. Verhängen Sie eine Geldstrafe. Schicken Sie mich ins Gefängnis. Machen Sie mich bankrott. Was auch immer. Ich werde nicht so tun, als wäre ich schuldig, nur damit Sie aufhören, mich zu bestrafen. Ich werde nicht für Sie lügen. Ich werde mich nicht vor Ihnen beugen, nur weil Sie mich bedrohen, weil Sie die Macht haben, mir wehzutun.

Sie haben diese Macht. Ich verstehe das. Jeder versteht das. Die deutschen Behörden haben die Macht, diejenigen zu bestrafen, die sie kritisieren, die ihre Heuchelei und ihre Lügen aufdecken. Wir alle verstehen die Botschaft. Aber so laufen die Dinge in demokratischen Gesellschaften nicht. So laufen die Dinge in totalitären Systemen.

Ich werde da nicht mitmachen. Ich werde nie so leben.

Solange die deutschen Behörden weiterhin behaupten, dass Deutschland ein demokratisches Land ist, das die Rechtsstaatlichkeit und demokratische Prinzipien respektiert, werde ich mich weiterhin so verhalten, als wäre es das. Ich werde mich nicht einschüchtern lassen. Ich werde auf meinen verfassungsmäßigen Rechten bestehen. Ich werde demokratische Prinzipien respektieren und für deren Erhalt kämpfen. Die deutschen Behörden können diese Rechte, die Rechtsstaatlichkeit und die demokratischen Prinzipien lächerlich machen, wenn sie wollen. Ich werde das nicht tun. Nicht für die Staatsanwaltschaft Berlin. Nicht für dieses Gericht. Nicht für die deutschen Behörden. Für niemanden.

Totalitarismus, Autoritarismus, Tyrannei, siegen niemals. Auf lange Sicht nicht. Das lehrt uns die Geschichte. Und es ist die Geschichte, die am Ende über uns alle richtet.”


CJ Hopkins hat angekündigt, nach Ausschöpfung aller Instanzen nun gegen seine Verurteilung vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Zu den voraussichtlichen Verfahrenskosten von mehr als 13.000 Euro können Sie hier durch eine Spende beitragen.