Macht – was ist das im Kern? Nur ein Werkzeug, oder führt sie ein Eigenleben? Wie erfasst man etwas, das uns alle in der Hand hat, sich selbst aber dem Zugriff zu entziehen scheint? Und was könnte Macht ersetzen? In loser Folge geht TWASBO einem Phänomen auf den Grund, das unsere Nachfahren noch in tausend Jahren umtreiben dürfte.

In der dreiteiligen Hollywood-Verfilmung von Mario Puzus „Der Pate“ gibt es gegen Ende der Trilogie eine blutige Szene: Auftragskiller Calò besucht den italienischen Politiker und Wirtschaftsboss Lucchesi in dessen Büro. Angeblich, um ihm als Bote eine Nachricht von Michael Corleone zu überbringen: So bedeutsam sei diese Information, dass er sie Lucchesi ins Ohr flüstern müsse. Corleone und Lucchesi sind offiziell Partner bei einer milliardenschweren Finanztransaktion im Schatten der Vatikanbank, hegen aber beide insgeheim Mordpläne gegen den jeweils anderen. Doch in Gegenwart seines Leibwächters fühlt sich Lucchesi sicher und winkt den unbewaffneten Calò nah zu sich heran. Wie denn nun die Botschaft laute, verlangt er zu wissen. „Die Macht erledigt die Machtlosen“, wispert der Killer – und stößt Lucchesi dessen eigenen Brillenbügel in den Hals.
Mit diesem Merksatz über das Wesen der Macht könnte ich eigentlich schon wieder aufhören.
Wenn nur die Fragen nicht umso komplexer würden, je mehr ich darüber nachdenke: Was stellt den Kern der Macht dar, ihre letzte Quintessenz? Was lässt sie für viele so betörend, so begehrenswert erscheinen? Was macht sie so gefährlich? Ist sie männlich oder weiblich? Ein endliches oder ein zeitloses Phänomen? Ist sie abstrakt, nicht zu greifen, also am Ende doch wesenlos? Betrifft sie nur Menschen oder alle Lebewesen, selbst Götter und Dämonen, gar das ganze Universum? Und da sie sich immer wieder als destruktiv entpuppt – was könnte sie ersetzen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen?
Doch vielleicht sollte ich zunächst erklären, warum ausgerechnet ich mich überhaupt an diesen Fragen festgebissen habe. Denn aufgewachsen bin ich, heute 59 Jahre alt, im Auenland. Es hieß Bundesrepublik oder BRD und war eine Tolkien-Idylle, in der das Leben seinen lieblichen Lauf nahm und Machtfragen kaum je einen Normalsterblichen interessierten. Macht hatten, so dachten wir, natürlich die vom Volk gewählten Bundeskanzler. Oder die großen Konzernherren der Deutschland AG. Sicher auch die Amerikaner mit ihren Atomraketen. Oder, in gewisser Weise, der Papst in Rom, wenngleich er bekanntlich über keine Legionen verfügt, sondern nur über die Schweizergarde. Darüber hinaus war Fußball wichtiger. Und dabei blieb es, wie es schien, für immer.
Schließlich aber bahnte sich etwas an, das große Parallelen zu einem Zusammenbruch aufweist und vermutlich auch mit einem solchen einhergeht. Zusammenbrüche verlaufen stets erst unmerklich langsam, dann Knall auf Fall. So auch diese Entwicklung: Lange Zeit bemerkte kaum jemand, dass die gründlich verhausschweinte und eingefriedete Macht sich wie ein Houdini von ihren Ketten befreite. Sie schien ein Eigenleben zu entwickeln, sich loszuwinden aus einer Beschränkungs- und Mäßigungsfessel nach der anderen. Sie war wie der Eine Ring in Tolkiens Mittelerde: Er wollte von Neuem gefunden werden – um diesmal vielleicht nicht seinen Finder, sondern seine Finderin allmählich in Besitz nehmen zu können, zu verzehren, in eine Untote zu verwandeln. Er wollte der neuen Ringträgerin den Willen Saurons aufzwängen, den Willen zur totalen Überwältigung.
„Wahre Macht belohnt nicht die Prinzipienreiter.“
Und gefunden wurde er: von einer neuen Generation, einer ganz anders gestrickten politischen Elite. Erst merkte man diesen Politikerinnen kaum etwas an, doch irgendwann fiel ihre Maßlosigkeit auf, ihre verlorene Anbindung an diejenigen, über die sie Macht ausübten und für deren Interessenvertretung sie offiziell mit Steuern bezahlt wurden. Dann, als es zu spät schien, um noch etwas dagegen zu unternehmen, ging es Schlag auf Schlag: 2015, Merkels Grenzöffnung; 2020, das Corona-Regime; 2022, Russland-Dämonisierung und Kriegshysterie; 2025, der nahezu totale Kontrollanspruch über jedwede Lebensäußerung im Internet.
Moment, ja, stimmt: Am neuen, von der Macht verzehrten politischen Establishment wurden auch Männer beteiligt. Ob der Wechsel des dominierenden Geschlechts in Machtstrukturen einen Unterschied bedeutet, wird auch noch zu fragen sein (in Teil 2). Wie auch immer, ich muss ich feststellen: Machtfragen sind wieder – erstmals in meiner Lebensspanne – existenzielle Fragen geworden. Zumindest für mich und meinesgleichen, für die Machtlosen eben. Diese Fragen betreffen ganz unmittelbar und brandaktuell unser wirtschaftliches, soziales, ja vielleicht sogar physisches Überleben.
Vor einigen Tagen beendete ich hier einen Artikel über die neue Springflut der Hausdurchsuchungen wegen Meinungsverbrechen im Netz mit dem Fazit, sie sei Ausdruck der Angst des Establishments: „Denn nichts fürchtet die Macht so sehr wie die Vernetzung der vielen Millionen Machtlosen.“ Und genau dieses Ende war der Anfang der Fragenkette, die ich nun hier aufgreife. Ein Restzweifel an meinem eigenen Schlusssatz blieb mir: Wenn die Macht – wie im „Paten“ – die Machtlosen erledigt, warum sollte sie dann Angst vor ihnen haben? Diese offenkundige Schwachstelle der Macht, ihre Achillesferse, würde ja schon mal gegen ihre Absolutheit sprechen. Ebenso wie die Tatsache, dass in der menschlichen Geschichte jede „absolute“ Macht an ein Ende gelangte. Es könnte hilfreich sein, die Spur der Mordszene aus dem „Paten“ weiter zu verfolgen.
Das ebenso bündige wie brutale Filmzitat ist keine Erfindung Hollywoods oder Mario Puzos. Tatsächlich hat diesen Satz ein echter Spitzenpolitiker gesagt: Il potere logora chi non ce l’ha. Es war der siebenmalige und in zahllose Korruptionsskandale verstrickte italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti (1919-2013), der ihn 1978 in einem Zeitungsinterview äußerte. Zufällig trug er auch dieselbe Frisur wie der fiktive Lucchesi und eine ebenso dicke Hornbrille, die nur in seinem Fall nicht zur Mordwaffe wurde. Allerdings wird logora genaugenommen nicht mit erledigt übersetzt, sondern mit verschleißt: Macht verschleißt denjenigen, der sie nicht hat. (Der Google-Übersetzer bietet interessanterweise die Variante korrumpiert an.)
Dieser Satz Andreottis war aber auch nicht, wie die Italiener sagen, „Mehl aus seinem Sack“, also auf seinem Mist gewachsen. Nein, er zitierte damit seinerseits Talleyrand, den berühmten französischen Politiker und Diplomaten des 18. Jahrhunderts. Die feine Ironie dieses Bonmots von Talleyrand, einem gewieften Opportunisten der Macht, scheint Generationen von Staatsmännern erfreut zu haben. Wusste doch keiner besser als sie, dass Macht nie auf einem ebenen Spielfeld ausgeübt wird.
Indem sie also ein empfindsames Sinnesorgan für sich veränderndes Gefälle verlangt, erfordert Macht reaktionsschnelle Flexibilität. Das statische Beharren auf gleich welcher moralischer oder ideologischer Gewissheit ist nicht machterhaltend. Es droht vielmehr die Power-Position an der Spitze weitaus schneller zunichte zu machen als das gegenteilige Verhalten: prinzipienloses Abwägen der Kräfteverhältnisse, überraschender Seitenwechsel, in den Wind gehängte Fähnchen nach dem Motto „Was stört mich mein Geschwätz von gestern“. Denn die wahre Macht belohnt nicht Prinzipienreiter, sondern diejenigen, die sich clever auf neue Kräfteverhältnisse einzustellen wissen.

Trumps Wahlsieg in den USA ist das beste Beispiel dafür: Noch 2020 musste sein Durchmarsch mit „Lawfare“ – politischer Justiz – und höchst kreativen Wahlmanipulationen hinter Corona-Nebelschwaden verhindert werden. 2024 dann waren die Oligarchen des Imperiums zu dem Schluss gekommen, dass sie nunmehr genügend tragfähige Fäden ins MAGA-Lager geknüpft hatten, um auch Trump an diesen Fäden in dienliche Positionen lenken zu können. Seine Wahl wurde gestattet. Und tatsächlich: Nicht nur hat Silicon-Valley-Milliarär Peter Thiel den Vizepräsidenten J. D. Vance in der Hand, der seine eigene politische Schöpfung und Marionette ist. Nein, fast die gesamte Regierungsmannschaft Trumps wurde mit Leuten besetzt, die nicht MAGA oder den Republikanern oder gar einer bislang verachteten Mehrheit von Provinz-Amerikanern in den Flyover States verpflichtet sind, sondern einmal mehr Corporations, Kartellen und Kriegsgewinnlern.
Sein Kabinett der Milliardäre vertritt konsequent geo- und finanzpolitische Strategien, die von globalistischen Vulgärkapitalisten definiert werden, meist gegen die Interessen seiner Wähler. Und das, obwohl diese Politik vielfach – etwa mit aggressiv millitärischem Expansionismus, Inflationspolitik und ausbleibender Bekämpfung des Korruptionssumpfes namens „deep state“ – in totalem Widerspruch zu Trumps Wahlkampfversprechen steht. Genau das aber war der Deal: Die systemtragende Macht gestattete einen demokratischen Seitenwechsel (landläufig irreführend „Machtwechsel“ genannt) als Anerkennung der Tatsache, dass sie weiterhin die Fäden in der Hand behielt. Nur um diesen Preis wurde der vehement als „Nazi“ und „Krimineller“ attackierte Trump fast über Nacht von jedem Verfolgungsdruck erlöst und von einem Tag auf den anderen präsidiabel. Die wahre Macht kleidet sich in keusche Prinzipien („Wählerwille“), während sie darunter mit nackter Flexibilität agiert.
Das gilt nicht nur in den USA, sondern auch in den Provinzen des von Washington aus kontrollierten Imperiums. Es wäre von daher alles andere als überraschend, wenn die heute noch unverbrüchlich erscheinenden Brandmauern gegen die AfD in Deutschland demnächst still und leise eingeebnet werden würden. Denn die Opportunitätskosten des Status Quo steigen von Tag zu Tag: Jede weitere Regierungszeit des etablierten und erschöpften Kartells könnte das Land derart in wirtschaftliche Abgründe und soziale Konflikte stürzen, dass selbst die diskreten oligarchischen Strukturen und Netzwerke Schaden zu nehmen drohen. Damit hat sich die Machtbalance entscheidend verlagert – wenn auch auf einer ganz anderen Ebene, als es dem Wahlvolk weisgemacht wird.
Die wahre Macht (Wer stellt sie dar? Wer übt sie aus?) könnte daher bereits entschieden haben, dass es politisch an der Zeit ist, der relativen Wählermehrheit der Deutschen ihren bislang streng verwehrten Willen zu gewähren und diejenige Partei an die Regierungshebel zu lassen, die gerade noch verfemt und bekämpft zu werden hatte. Wahrscheinlich laufen gerade jetzt in Hinterzimmern emsige Vorbereitungen dafür. Erste Anzeichen sind bereits öffentlich geworden: Vor kurzem hatte der einflussreiche Bundesverband der Familienunternehmer – er vertritt den von der politisch fabrizierten Wirtschaftsmisere besonders geschundenen Mittelstand – AfD-Abgeordnete zu einem „Parlamentarischen Abend“ eingeladen. Üblicherweise geht es in solch einem Rahmen um Sondierungsgespräche. Auch das große Familienunternehmen dm Drogeriemarkt zeigte sich zunächst offen.
„Nur wer auch den Dissens beherrscht, beherrscht den Diskurs.“
Der dadurch ausgelöste Entrüstungssturm von Aktivisten, rotgrün-durchwirkten Mitgliedsunternehmen und Leitmedien brachte Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann allerdings schnell wieder auf Linie. Noch vor dem Ersten Advent kroch sie zu Kreuze und bat um Abbitte für ihr Abweichlertum. Fast im Gleichschritt „korrigierte“ sich auch dm-Chef Christoph Werner. Der deutsche Mittelstand, von Wächtern umstellt, hatte in seiner Not unbeholfen Laut gegeben. Das ortslose Netzwerk der Oligarchen agiert mehrere Ebenen oberhalb davon. Es sendet seine eigenen Signale auf diskreten Frequenzen erst dann, wenn die Zeit gekommen ist. Die sogenannte Meinungsmacht des Mobs, der Meute und der Medien verschleißt nur denjenigen, der sie nicht hat. Die wahre Macht weiß Verschleißerscheinungen zu vermeiden.
Das gelingt ihr, indem sie die vermeintlichen Extreme assimiliert, die sie als Popanz und Feindbild für die ihr Unterworfenen aufbaut. Denn wahre Macht manifestiert sich in der Demokratie nicht allein auf der „siegreichen“ Seite des politischen Spektrums, sondern gerade auch durch ihre Kontrolle über die vermeintliche Opposition. Nur wer auch den Dissens beherrscht, beherrscht den Diskurs. Macht zeigt sich im vollen Ornat erst dort, wo sie eine scheinbar inkompatible Opposition – über Propaganda und personelle Rochaden – bei Bedarf für die Regierungsübernahme aktivieren kann. Und das heißt zugleich: für sich instrumentalisieren. Der nächste Spielball in dieser Umwälzungs-Inszenierung kann also ebensogut die AfD sein. Wir in Deutschland hinken den amerikanischen Trends bekanntlich stets etwa zehn Jahre hinterher. Doch manchmal geht die Aufholjagd auch schneller.
Die Kernfrage dieses ersten Teils meiner Überlegungen zur Macht zielte indes nicht darauf ab, was sie tut, sondern was sie ist. Vieles spricht für ein eigenständiges Dasein und Wesen, losgelöst von denjenigen, die sie zu ihren Trägern auserwählt. Womöglich ist gerade die ruhelose, stets vorandrängende Vitalität und Dynamik der Macht das stärkste Indiz für einen eigenen Stoffwechsel, mithin nach biologischer Interpretation ein Eigenleben. Vielleicht ja als Schwarmintelligenz, als neuronales Netz. Aber, mag man einwenden, warum gibt es dann Macht-Haber? Zeugt das nicht von der Macht als bloßem Objekt statt Subjekt?
Natürlich gibt es Menschen und Familien, die derart wohlhabend und vernetzt sind, dass sie Macht auch über Jahrzehnte und gar Jahrhunderte innehaben. Genauer vielleicht: Sie bewirten und bewirtschaften sie. Jeder kennt die Namen solcher Clans, wenn auch nie alle Namen: Die Diskretion ist groß in diesen elitären Sphären. Aber dann und wann, wie gesagt, sucht die Macht sich überraschend neue Haber – ganz wie der Eine Ring. Die gewachsene Sprache weiß vielleicht mehr als wir, wenn sie das Filmzitat nicht lauten lässt „Die Mächtigen erledigen die Machtlosen“, sondern „Die Macht erledigt …“

Auch ist es bezeichnend, dass Macht mit in der politischen Theorie mit Gewalt gleichgesetzt wird, und zwar mit Gewalt in wertneutraler Benennung. Etwa, wenn wir von Gewaltenteilung sprechen, durch die Macht angeblich wie entkeimte Milch homogenisiert und pasteurisiert werden kann. Die zu separierenden drei Gewalten sind bekanntlich die abstrakten Wesenheiten Legislative, Exekutive und Jurisdiktion. Und ausgerechnet Journalistinnen (mögen sie sich stellvertretend gegendert fühlen), also der inzwischen vielleicht geknechtetste, korrumpierteste und zensierteste Berufsstand, gefallen sich in der Selbstwahrnehmung als kontrollierende „vierte Gewalt“. Sie haben diese Gewalt in ihren Augen nicht nur, sie sind sie.
Das heißt, Journalistinnen glauben nicht etwa nur über Macht/Gewalt zu verfügen, sondern sie bis zur Selbstangleichung verinnerlicht zu haben. Dies aber tut ein Lebewesen üblicherweise durch das Zusichnehmen eines anderen Lebewesens. Et voilà: Die Macht lebt in ihm! Die Journalistin möchte sie beziehungsweise ihr machtvolles Ich nun natürlich wie Boromir aus Mittelerde im Kampf für das Gute einsetzen. Überhaupt wird Macht ja gerne zur „Gestaltungsmacht“ verklärt, um sie zähmbar und zivilgesellschaftlich operationalisierbar wirken zu lassen. Doch der Bissen Macht ist für unsere Journalistin letztlich ungenießbar. Sie verschluckt sich notgedrungen daran – woraufhin die Macht den abrupten Weg hinaus aus ihrem Wirtskörper findet und die ewig neue Suche nach einem anderen beginnen kann.
„Ewig“ ist ein gutes Stichwort. Denn am Ende und im Kern weist die Macht weit über den Horizont sterblicher Menschen hinaus. Auch hierfür gibt es ein vielsagendes Wort, das die mit Gewalt gleichgesetzte Macht enthält: Naturgewalt. Zwar darf man bezweifeln, dass Macht auch im Tier- oder gar Pflanzenreich zum Ausdruck kommt, wenn etwa ein Bär seinem Konkurrenten die Kehle durchbeißt oder ein Baum einem anderen das Licht des Lebens raubt – es mag auch einfach ein biochemischer Programmablauf sein. Doch Stürme, Erdbeben, Vulkanausbrüche oder selbst ein dramatischer Sonnenuntergang lassen sich von uns Menschen nicht so leicht rational in den Griff bekommen. Wir spüren, sie sind wahrhafte Naturgewalt, eine Macht von eigenen Gnaden.
„Gott und Satan haben keine Macht. Sie sind Macht.“
Und wenn wir schon in den Himmel schauen: Alles Werden und Vergehen jenseits unseres kleinen Planeten ist unmittelbare und ungefilterte Gewalt. Macht in ihrer reinen Dichotomie: neu entzündeter Stern und Schwarzes Loch, Kreation und Zerstörung, konstruktiv und destruktiv. „Gut“ und „böse“, so haben die Religionshüter das Tanzpaar der archetypischen Naturgewalten normierend getauft. Und die beiden Wesen in Reinform, die uns das Christentum für diese Dichotomie der Macht anbietet, heißen Gott und Satan. Sie haben nicht, sie sind die Macht.
Es ist einerseits erschütternd und niederdrückend, von einer (oder gar einer zweifachen) autonomen Existenzform der Macht ausgehen zu müssen. Andererseits auch ein Trost. Denn es garantiert, dass Autokraten und Diktatoren, Eiserne Kanzlerinnen, unabwählbare EU-Gouvernanten und rot-grün-graue Herren mit scheinbar undurchdringlichen Bürokratiepanzern „ihrer“ Macht trotz allem niemals ganz sicher sein können. Die Macht, diese ewige Unruhestifterin, kann sich vielmehr jeden Augenblick wieder auf die Suche machen – um sich neuer Reiter zu bedienen, die so töricht sind zu glauben, den Drachen zähmen zu können.
In der nächsten Folge von „Das Wesen der Macht“ soll es um machtvolle Netzwerke gehen: Wer knüpft sie, wie funktionieren ihre Strukturen, und warum müssen wir gerade jetzt ihre krebsartige Wucherung erleiden?


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