Zum verspäteten Ende der Fastenzeit ein vermeintlich fatalistischer Statusbericht – mit einer mich selbst überraschenden Wendung

Ostern liegt schon wieder eine Weile zurück, und trotzdem wurde hier bis heute weitergefastet. Ich war im Urlaub und auf Reisen, also mit Horizonterweiterung ausgelastet, weshalb ich wie der Rest der Menschheit mein eigenes Geschreibsel nicht weiter nennenswert vermisst habe. Aber jetzt, am Vorabend meines 59. Geburtstags, bin ich und ist es zurück. Wir beide sind letzten Endes ja doch eins und störrisch wie ein alter Esel, Zielgruppenansprache hin oder her.

So also wird jetzt hier wieder magaziniert – mit in der Ferne aufgeklartem Blick, den indes das Licht der Erkenntnis dank seiner fokussierten Strahlkraft gnadenlos und immer wieder auf die grollenden Wolkenbänke am Horizont lenkt. So ist das nun mal, wenn man gezwungen ist, weiter zu sehen als die Kinder der Happy-Ignorance-Kultur in Huxleys schöner neuer Welt.

Buchstabierend taste ich mich dessen ungeachtet heute aufs Neue in meine von Jahrhundertstürmen eingerahmte Welt hinein, ungelenk noch und gliederlahm, vielleicht heißt es ja deshalb Tastatur. Meine Schriftsprache muss mir erst wiederkommen wie Worte, die einem auf der Zunge liegen, aber sich noch wehren dagegen, über die Schwelle der Begrifflichkeit gezerrt zu werden.

Was habe ich denn nun gelernt in diesem Portugalurlaub mit nahezu totalem, wenn auch nur einen halben Tag lang herrschendem Strom- und Datenausfall? Was aber auch in Summe verstanden während der vergangenen Jahre eines schon fast sechs Dekaden währenden Lebens der Teil- und Totalausfälle? Und was antwortet mir das Erkannte auf meine vor Wochen hier in meiner öffentlichen Isolierstation aufgeworfene Frage, zu welchem Behufe dies altbacken-skurrile Fingerspiel namens Schreiben noch gut sein soll in einer audiovisuell verstrahlten Welt?

Gelernt habe ich: nichts mehr zu erwarten von dem Land, in das ich zurückgekehrt bin, außer einer exponenziell ansteigenden politischen Torheit, gepaart mit galoppierender Korruption und eskalierendem Tugend-Furor der Mächtigen. Gelernt habe ich seit Merkels Schleusenöffnung 2015, dass Kräfte unser Geschick lenken, die sich nicht zeigen und die freigesetzt, aber nicht frei gewählt werden. Gelernt habe ich in der Plandemie, dass die Manövriermasse Gesellschaft noch dieselbe ist wie in allen totalitären Reichen. Die Namen andere, die Fahnen neu bemustert, die Hassreflexe aber zeitlos. Der Wille zur Blockbildung und zum An-die-Wand-Stellen immer aktivierbar, wie auch bis zuletzt noch im Klima-Delirium und anhaltend im nicht enden wollenden Wahnsinn der Russenverteufelung und Selenskyj-Glorifizierung.

Gelernt habe ich im konkreten Detail, dass die ukrainische Kastastrophe aus NATO-Perspektive neben dem amerikanischen zu einem wesentlichen Teil dem britischen Regime und der Geldzitadelle der City of London zu verdanken ist – von der Rekrutierung ukrainischer Nazis über die Torpedierung des Friedens von Istanbul bis zur Planung und technischen Ausstattung vorhersehbarer Massaker wie der „Sommer-Gegenoffensive“ und der nun auf ganzer Linie gescheiterten Invasion des russischen Staatsgebiets um die Stadt Kursk.

Britische Strategen, in London ansässige Finanziers, britische Söldner mit der hinter den Linien durchexerzierten Mission, ukrainische Jugendliche mit Waffengewalt am Desertieren zu hindern. Johnson, Starmer – Männer mit mehr Blut an den Händen als mancher diplomierte Diktator. Und mein ewiger Hamburger Bürgermeister, der erprobte Plandemie-Manager, empfängt Londons Flugzeugträger im Hafen mit Grußworten, die von „Kriegshäfen“ und „Bereitstellungsräumen“ fiebern. Man lernt in der Krise, wes‘ Geistes Kind eine Amtsperson ist.

Gelernt habe ich, von politischen Parteien und ihren Großsprechern nur noch das schamloseste Taktieren und Ausschlachten der öffentlichen Haushalte für ihre egomanen Schattenspiele zu erwarten – und dass Milliardensummen nicht mehr hinreichen, um ihre Bereicherungsphantasien noch zu befriedigen. Wir werden bald neue Zahlen lernen müssen für das, was noch kommt.

Gelernt habe ich, seit über 30 Jahren Journalist, ausnahmslos keinen Medien und Herausgebern mehr ungeprüft zu trauen, nicht ihren „Expertinnen“ und nicht ihren „Faktencheckern“, nicht einmal ihren Sportreportern, nicht ein Wort, erst recht nicht dem Wetterbericht. Und ja, so sollte man auch meine Texte lesen: mit rebellischem Misstrauen und jederzeit entflammbarem Zorn über die Zumutung des Manipuliertwerdens. Gelernt habe ich, dass exakt dasselbe für Wahlen gilt, die nichts als Täuschung und Enttäuschung sind. Doch flächendeckend werden beide Schutzmechanismen immer wieder neu verlernt, dafür wurde gesorgt.

Gelernt habe ich, dass was wir als segensreich zu identifizieren lernten, sich zuverlässig als manipulativer Moloch entpuppt: die EU mit ihrer betonfrisierten Führerin an der Spitze, aber auch die Weltgesundheitsorganisation, die „philanthropischen“ Stiftungen der Superreichen, die NGOs, das Weltwirtschaftsforum, die Atlantiker, die zu einer Kartellbehörde mutierten „demokratischen Parteien“, die Astroturf-Institutionen der „Zivilgesellschaft“, die verordnete „Willkommenskultur“, die vorgestanzten Pseudotugenden sogenannter Offenheit, Vielfalt und Toleranz, der Feminismus und „Antifaschismus“ – und immer wieder diese eine, spezielle Impfung. Sie machen es einem schon extrem schwer, den Reflex zu beherrschen, im Gegenzug das Verbotene und Tabuisierte um Erlösung anzuflehen. Denn: warum eigentlich nicht Gegenkurse ausprobieren? Was könnte schlimmer sein als das, was man uns aufgetischt hat?

Gelernt habe ich aber auch, und dies erst ganz frisch im Chaos der portugiesischen Stromflaute: Kommt die Not, kommt auch das Beste im Menschen ans Licht. Wobei „Not“ hier ja höchstens eine Ahnung derselben war, die sich erst mit tage- und gar wochenlang anhaltendem Ausfall manifestiert hätte, dann aber epochal. Nichtsdestotrotz drückte mir ein unbekannter britischer (!) Tourist einen Zwanzigeuroschein in die Hand. Verbunden mit den besten Wünschen, dass wir damit wir noch rechtzeitig den Weg zum Flughafen fänden, wo doch nirgends mehr Kartenzahlung möglich war.

Und eine Kanadierin schanghaite uns jenes einzige freie Taxi, das die umherirrende Menge mehr begehrte als Gold, nicht ohne unsere Barschaft dafür noch um 40 weitere Euro zu ergänzen – hier immerhin waren wir im Tumult geistesgegenwärtig genug, ihre Mailadresse zu notieren und hinterher Ausgleich zu leisten. Während zwei ältere deutsche Damen, die ich auf offener Straße um Tipps zu Transportmitteln im Blackout gefragt hatte, mir schmallippig rieten, doch einfach einen Uber zu bestellen.

Unsere Wohltäter handelten einfach, weil sie in der Lage waren, Empathie zu empfinden. Für die Generation der 30-Jährigen: Das ist jenes Mit- und Einfühlen, das bei Bedarf sogar Banknoten hervorzaubert, aber eben ums Verrecken nicht monetarisierbar ist. Was unsere Gönner nicht ahnten und worüber sie nicht nachdachten: dass sie nicht vergessen werden. Nicht in diesem Leben. Weil sie sich als Menschen erwiesen haben.

Genau das soll auch ab jetzt und im neuen Lebensjahr meine Richtschnur sein: Hier, auf TWASBO, soll mehr als bisher über und mit und von den Menschen erzählt werden. Sie sollen gefragt werden, und auf ihre Antworten und Ideen und Hoffnungen und Ängste soll gehört werden. Dieses Magazin soll, statt nur um sich oder gar mich selbst zu kreisen, nun umso mehr und so viel wie möglich davon handeln, was es alles heißt, in dieser schwarzen Zeit ein Mensch zu sein. Wir alle müssen – und wir werden – unsere Mit-Menschen wiederentdecken. Allzu lange haben wir trotz aller weihevollen Worte in Wahrheit bloß gelernt, dass der Mensch des Menschen Wolf ist, dass Kinder der Oma den Tod bringen, dass der Fremde nur Böses will, dass alle scheiße sind außer bestenfalls Mutti.

Doch das gilt bei näherem Hinsehen nur für diejenigen, die an der degenerativen Krankheit namens Geld/Macht laborieren. Nur diejenigen, bei denen sich Herrschsucht und Raffgier paaren, entsprechen wahrhaft diesem psychopathischen Zerrbild. Die „kleinen Leute“, die „einfachen Menschen“, die wie ich von diesen monströsen Figuren auf deren Spielfeld hin und her geschleudert werden, verdienen die Chance der Würdigung, bevor man sie durch den Fleischwolf der Eliten dreht.

Es ist eine uralte und immer wieder bestätigte Weisheit: Die Kluft verläuft nicht zwischen den Völkern, nicht zwischen den Nationen, nicht zwischen den Rassen, nicht einmal zwischen den Ideologien. Die tödlichste Grenze verläuft nach wie vor zwischen oben und unten. Man muss – nein man darf – kein Sozialist sein, um auf diese Tatsache menschlich zu reagieren. Um die Sicht von unten muss es hier gehen. So oft wie möglich.