Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.

Das Jahr 2026 steht uns unmittelbar bevor, und diesen Umstand würdigend bleibt eigentlich nur zu sagen: Früher war alles viel besser. Wobei „früher“ immer öfter auch „vor 15 Minuten“ bedeuten kann. Oder wie auf diesem Foto: so lange her, wie Efeu braucht, um über eine noch sehr gut erhaltene Werbefläche zu wuchern (Botaniker wissen: nicht lange). Besonders rührend finde ich, dass der Betreiber dieser Eisbutze offenbar Skrupel hatte, dreiste 70 Cent pro Kugel zu verlangen. Von schlechtem Gewissen gepeinigt, legte er deshalb die Information nach: „Achtung! Große Kugel!“

Ach, Kinners, da könnte ich glatt ein nostalgisches Tränchen verdrücken. Kenner ahnen schon, dass dieses Bild nicht in einer Großstadt aufgenommen worden sein kann. Stimmt, es handelt sich um das liebenswerte Kaff, das in dieser Kolumne vermutlich inzwischen das am häufigsten vorkommende ist: Ratzeburg, Schleswig-Holstein.

Sie ist ja längst alle Kanäle rauf und runtergenudelt geworden. Aber weil die Mitteilung des US-Präsidenten vom 15. Dezember die Jahresweltbestleistung an Widerwärtigkeit demokratisch gewählter Amtsträger für 2025 markiert, möchte ich sie hier doch noch einmal für die Nachwelt dokumentieren.

Kontext: Wenige Stunden zuvor waren in Hollywood der linke Filmregisseur Rob Reiner und seine Frau mit zahlreichen Stichwunden ermordet aufgefunden worden. Reiner war ein erbitterter Gegner Trumps gewesen, der das auch auf jede Weise kundgetan hatte. Auf sein schreckliches Ableben hin verfasste und veröffentlichte der Präsident, ohne dass ihn irgendjemand daran hinderte, folgende Beileidsbekundung:

Zu deutsch: „Eine sehr traurige Sache ist letzte Nacht in Hollywood passiert. Rob Reiner, ein gequälter und mit sich selbst im Kampf liegender, aber früher einmal sehr talentierter Filmregisseur und Comedy-Star, starb zusammen mit seiner Frau Michele, wie man hört infolge des Zorns, den er bei anderen durch sein massives, unnachgiebiges und unheilbares Leiden an einer gehirnerweichenden Krankheit namens TRUMP-GEISTESSTÖRUNG-SYNDROM verursacht hat, manchmal als TGS bezeichnet. Er war bekannt dafür, Leute durch seine rasende Besessenheit mit Präsident Donald J. Trump VERRÜCKT gemacht zu haben, wobei sein offensichtlicher Verfolgungswahn neue Höhepunkte erreichte, als die Trump-Regierung alle Ziele und Erwartungen von Großartigkeit übertraf und das Goldende Zeitalter Amerikas direkt vor uns lag wie vielleicht niemals zuvor. Mögen Rob und Michele in Frieden ruhen!“

Wie gesagt, das namentlich gezeichnete Statement des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zum brutalen Messermord an einem Promi-Paar aus seinem Land. Schon Stunden später wurde der erwachsene Sohn der getöteten Eheleute als dringend tatverdächtig festgenommen. Er hat eine lange Geschichte von Drogensucht und Auseinandersetzungen mit seinem Vater.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe früher einmal Hoffnungen auf Donald Trump gesetzt, einfach weil er die etablierte und damit auch vollständig korrumpierte politische Elite zu bekämpfen versprach. Komischerweise wurde bislang trotzdem niemand für die gestohlene 2020er Wahl oder das Corona-Verbrechen oder eine der 1001 anderen Schandtaten des Apparats haftbar gemacht. Nennen Sie mich alt und naiv.

Heute weiß ich nicht mehr, was ich entsetzlicher finde: das Gebaren eines dem Tode nahen, dafür unendlich (herzens-)bildungsfernen, unter anderem von Israel gekauften Egomanen mit Zugriff auf die nuklearen Codes oder die mehr als 3.000 Likes, die sein krankes Gekotze im Netz schon nach wenigen Minuten verbuchen konnte. Die dritte Möglichkeit: dass der „Wählerwille“ nach den Mobstern Obama, Biden und – zweimal! – Trump als nächstes den Joker auf die Showbühne der imperialen Atommacht befördert. Mit Gotham City als neuer Bundeshauptstadt. Aber vielleicht wäre das sogar ein Schritt zurück in Richtung Realpolitik.

Das hier wirft zahlreiche rechtliche Fragen auf:

1. Ist Beim-Urinieren-Videografieren eigentlich legal?
2. Erfüllt es nicht den Tatbestand der Folter, wenn der Dödel zur Strafe „voll umfanglich“ zwischen Tür und Angel „zur Verantwortung gezogen“ wird?
3. Was ist für Frauen vorgesehen? Steinigung?
4. Warum ist die Rechtschreibpolizei noch nicht gegen die drei fehlenden Punkte vorgegangen? Wenn schon Scharia, dann aber mit null Fehlern!

(Ich weiß tatsächlich nicht mehr, wo ich das fotografiert habe, aber noch wahrscheinlicher als Ratzeburg ist in diesem Fall Bad Segeberg.)

Aus unserer nach hinten offenen Reihe „Je größer das Schriftbild, desto bekloppter die Botschaft“:

Dieser Satz ist selbst am helllichten Tag schlecht lesbar, obwohl der Schriftzug sich über etwa 15 Meter Straßenfront hinzieht. So ist das eben, wenn man eine 5.000 Punkt große Schriftart wählt, die noch mehr nach Auswurf aussieht als Comic Sans. Das für sich genommen stellt schon mal eine Top-Leistung moderner Massenkommunikation dar, aber der eigentliche Brüller ist der Inhalt. Was hier unweit der Hamburger Landungsbrücken geschrieben steht, lautet meinem besten Wissen und Gewissen zufolge: „We think loved matters to you.“ Die wörtlichste Entsprechung im Deutschen wäre: „Wir denken geliebte Sachen zu dir.“ Mag auch sein, dass „geniale“ Werber hier satzzeichenverachtend auszudrücken beliebten: „We think ‚loved‘ matters to you.“ Was bedeuten würde: „Wir glauben, dass ‚geliebt‘ dir wichtig ist.“

Wie auch immer, Pest oder Cholera. Allerdings höre ich in der Werbeagentur jetzt die Korken knallen: „Er hat es fotografiert und sich den Kopf darüber zerbrochen! Wir haben einen Slogan mit Ultra-Penetrationskraft geschaffen!“ Richtig ist, dass dieser seeehr lange Buchstaben-Dildo den Betrachter knallhart penetriert – nur eben mehr so wie Vergewaltigung im Knast. Ob das verkaufsfördernd wirkt? Und für was eigentlich? Egal, aus tiefstem Herzen egal.

Das war’s denn auch für 2025 von dieser Stelle. Seien wir am Ende so optimistisch, wie Sie es von TWASBO erwarten dürfen: Hoffen wir gegen alle Vernunft, dass im neuen Jahr nur noch jede zweite öffentliche Äußerung der üblichen Verdächtigen das Gehirn des Empfängers verflüssigt und als Schleim durch die Nasenlöcher austreten lässt. Dann ist schon viel gewonnen! In diesem Sinne herzlichst, immer Ihr dauerverschnupfter
O.D.