Donald Trump stilisierte sich als Friedensfürst, um von den kriegsmüden Amerikanern ein weiteres Mal gewählt zu werden. Man hatte seit der Kabinettsbildung ahnen können, wie weit es damit tatsächlich her ist. Doch eine Figur aus seiner engsten Umgebung setzte dem schmutzigen Falschspiel jetzt überraschend die Krone auf.

Tulsi Gabbard, Director of National Intelligence

Am 30. November vergangenen Jahres, kurz nach der US-Präsidentschaftswahl, schrieb ich eine E-Mail an einen befreundeten Autor: „Ich habe nicht länger die Illusion, dass Trump irgendwie segensreich wirken wird – zumindest nicht friedenspolitisch. Seine Wahl wichtiger zukünftiger Amtsträger ist in allen Fällen zuverlässig auf Scharfmacher, Rüstungsprofiteure und Kriegstreiber gefallen, zuallererst bezüglich Israel / Iran, aber ebenso auch bezüglich Russland. (…) Ohnehin müssen wir als Journalisten von Tag 1 an auf dezidiert kritische Trump-Beobachtung umstellen, oder wir hätten nichts begriffen von Macht und Korruption.“

Ich könnte mir ja nun für diese Prophezeiung ein wenig auf die Schulter klopfen, nachdem die USA in der vergangenen Nacht den Iran attackiert und vermutlich eine weitere katastrophale Eskalationsspirale entfesselt haben. Aber erstens verbietet die schreckliche Entwicklung jede Selbstverliebtheit. Und zweitens habe leider auch ich nicht vorausgesehen, wer den kaltschnäuzigsten Verrat am „Projekt Weltfrieden“ begehen würde – abgesehen natürlich vom Präsidenten selbst, der einen anderen der zahlreichen Kriege Amerikas „mit einem Telefonat“ oder wahlweise „am ersten Tag“ zu beenden versprochen hatte.

Auf Tulsi Gabbard hatte ich sogar große Hoffnungen gesetzt. Ich hatte die abtrünnige ehemalige Führungsfigur der „Democrats“ für eine der ganz wenigen Ausnahmen von all den missionarischen Falken in Trumps Umgebung gehalten. Die Frau, die er zu seinem „Director of National Intelligence“ und damit zur Chefin aller US-Geheimdienste gemacht hatte, war mit einem Versprechen angetreten: Aus der CIA und dem Dutzend anderer Dienste, die als Verkörperung des „Deep State“ eigenmächtig ganze Nationen infiltrieren und als Vorbereitung für die Eroberungskriege des militärisch-industriellen Komplexes der USA destabilisieren, würde sie wieder (oder erstmals) verantwortlich handelnde Agenturen für Informationsbeschaffung machen.

Im Grunde verdankte Gabbard ihre ganze politische Karriere dem systematisch aufgebauten Image eines Engels des Weltfriedens. So wie 2019, damals noch als Demokratin firmierend, als sie während Trumps erster Amtszeit die Kriegslüsternheit des Präsidenten gegenüber dem Iran kritisierte:

Und selbst nach ihrer 180-Grad-Wende ins rechtspopulistische Lager, in ihrer neuen Rolle unter Trump, sah es noch vor wenigen Wochen so aus, als hätte Gabbard die Geheimdienste tatsächlich diszipliniert und zur Beschränkung auf authentische Informationsbeschaffung erzogen. Im März 2025 noch sagte sie vor dem US-Kongress aus, die US-Dienste blieben „bei ihrer Einschätzung, dass der Iran keine Nuklearwaffe baut und der oberste Führer Irans Khamenei das Nuklearwaffenprogramm, das er im Jahr 2003 suspendierte, nicht autorisiert hat.“

Mit „autorisiert“ war eine erneute Autorisierung gemeint, also die Freigabe einer Wiederaufnahme des Atomprogramms. Eine sprachliche Schlampigkeit Gabbards, die ansonsten nahezu vom Blatt wiedergegeben hatte, was in der soeben erschienen Ausgabe des Geheimdienstreports Annual Threat Assessment geschrieben stand (Seite 26): „Wir bleiben bei unserer Einschätzung, dass der Iran keine Nuklearwaffe baut und dass Khamenei das Nuklearwaffenprogramm, das er im Jahr 2003 suspendiert hatte, nicht erneut autorisiert hat, obwohl wahrscheinlich der Druck auf erhöht wurde, es zu tun.“

Vor wenigen Tagen erst wurde Donald Trump dann von Medien mit dieser gesicherten Einschätzung seiner Geheimdienstdirektorin konfrontiert. Da hatte er selbst – offenbar nach gründlicher Bearbeitung durch Israel und den Mossad – bereits davon schwadroniert, der Iran sei nun wenige Tage von der Bombe entfernt. Und in einem ebenso frappierenden wie brutalen Akt von „unter den Bus werfen“ bescheinigte er Gabbard nun in rotzigem Ton: „Es kümmert mich nicht, was sie sagt“ (bei Minute 1:00). Anderswo beließ er es ohne nähere Erläuterung bei der profunden Aussage, ihre Einschätzung sei „falsch“:

Nun sollte man glauben, eine derart gedemütigte und düpierte Geheimdienst-Direktorin müsste daraufhin sofort zurückteten, um ihre Integrität und diejenige ihrer Informationsbeschaffer in den Diensten zu bewahren. Doch an dieser Stelle zerbrach meine Hoffnung auf Tulsi Gabbard. Denn was sie tat, war das Gegenteil. Sie ging auf X und twitterte:

„Die unehrlichen Medien reißen meine Aussage aus dem Zusammenhang und verbreiten Fake News, um dadurch einen Keil zwischen uns zu treiben. Amerika verfügt über Geheimdienstberichte, dass Iran an dem Punkt angelangt ist, innerhalb von Wochen oder Monaten eine Nuklearwaffe herstellen zu können, falls sie sich entscheiden, den Zusammenbau zu finalisieren.“ Zwischen Trump und sie, behauptete sie, passe kein Blatt Papier.

Bizarrerweise fügte Gabbard diesem Tweet zum Beleg das Video ihrer Kongress-Aussage vom März hinzu, als sie exakt das Gegenteil sagte. Ein Land, das noch im März kein Atomwaffenprogramm verfolgte, „kann“ also nun angeblich innerhalb von Wochen eine Atomwaffe zusammenbauen, „falls“ es das will. Das sind die „Massenvernichtungswaffen 2.0“, deren Erstausgabe als reine Fabrikation einer kriegslüsternen und machtbesessenen Kaste von Soziopathen schon den unseligen Irak-Krieg mit Hunderttausenden toten Zivilisten herbeigetäuscht hat. Nur diesmal noch viel billiger produziert. Es wird interessant sein zu beobachten, wer alles den Köder dennoch ein zweites Mal schluckt.

Alles, was nun folgt, geht auf das Konto von Trump, der bereits seit seiner Regierungserklärung in der Öffentlichkeit spricht wie ein Zombie auf schweren Psychopharmaka. Wir haben nun quasi innerhalb von sechs Monaten wieder Joe-Biden-Niveau erreicht, nur mit noch weniger politischer Anfangs-Intelligenz. Ich dachte eigentlich, das sei unmöglich. Und wir wollen nicht vergessen, dass es Trump war, der so weit herabsank, wochenlange „hoffnungsvolle“ Schein-Verhandlungen mit den Iranern über das Atomprogramm zu inszenieren, um Israel währenddessen Gelegenheit zu einem überraschenden Erstschlag zu geben. Die Sachlage immerhin ist nun sonnenklar: Es gibt keinen Heilsbringer aus Amerika. Es gibt nur das Gegenteil.

(Klarstellung: Es soll nicht so aussehen, als hätte ich diese Politiker-Statements und ihre eklatanten Widersprüche gefunden oder zusammengestellt. Das ist dem in Australien lebenden Autorenpaar Caitlin Johnstone und Tim Foley zu verdanken. Ihnen gebührt Anerkennung dafür, die amerikanisch-israelischen Völkerrechtsverbrechen im Nahen Osten bereits seit Jahren aus einer konsequent antiimperialistischen Warte anzuprangern. Für die handelnden Charaktere im todbringenden Schmierentheater um den vom „Westen“ angefachten Irankrieg haben die beiden noch deutlich krassere Worte gewählt als ich. Davon distanziere ich mich. Mich von Fakten zu distanzieren, ist nicht möglich.)