Schreiben in den Zeiten der politischen Umwälzung: Aus Lähmung wird Lawine, aber wohin reißt sie uns mit? Kann sie überhaupt etwas reißen, hier im Land der sturheilen Beharrung und der moralgeschwängerten Hysterie? Ein Ausweg immerhin liegt seit der Münchner Rede von JD Vance als Option offen auf dem Tisch.

Eine Lähmung hat mich befallen. Manifestiert zunächst als Schreibblockade, die mir sonst meist fremd ist. Aber auch als ein allgemeines Sedierungsgefühl, eine merkwürdige Entkopplung von den sich immer dramatischer überstürzenden Ereignissen einerseits und dem immer absurderen Starrsinn eines waidwunden Gesellschafts-Arrangements andererseits, das sie „Demokratie“ nennen. Unsere Demokratie. Unseredemokratie. Aus der Perspektive derer, die dieses Konstrukt bewirtschaften wie ihr gottgegebenes Latifundium, ist das wahrer, als sie wahrhaben wollen: Es ist ihre Demokratie und ihre allein.

Aber das Substantiv mit dem besitzanzeigenen Fürwort ist im Begriff, durch etwas anderes ersetzt zu werden. Auch das geschieht ganz anders, als die Kartellparteien samt ihrer publizistischen Torwächter uns weismachen, so viel ist sicher. Und so weit ich sehen kann, gibt es nur zwei mögliche Ersatzkonstruktionen für das demnächst so oder so Ausrangierte. Ich versuche zu verstehen, in welche von beiden Richtungen die Weiche gestellt wird, wenn nicht wie in einem Stellwerk der Deutschen Bahn in beide zugleich. Das ist das Schöne an einer Lähmung: Man wird zu dem Glück gezwungen, alles passiv auf sich wirken zu lassen. Das Inferno, dem man ausgeliefert ist, erst einmal gründlich zu verarbeiten. In der Zwischenzeit darf man sich der Teilnahmslosigkeit hingeben. Ein großer Luxus heutzutage.

Heute aber zwinge ich der Lähmung ein Ende auf. Das kann man. Die ersten feinen Risse in die erstarrte Matrix zu stemmen erfordert viel Selbstdisziplin, doch dann – zumindest war es bisher immer so – kommt die Erkenntnislawine ins Rollen. Es ist ja nicht so, dass eine Lähmung nur unproduktiv wäre. Unter der Kruste rumort es in solch einem Zustand. Da ist Reibung, Spannung, Widerstand, kämpft Anziehungs- gegen Abstoßungskraft, gerät eine mühsam im Lot gehaltene Statik unter zunehmenden Druck. Da forschen von außen Begriffe nach Einlass wie mit einem Meißel, staut sich von innen lange gebändigte Lava auf, die zur Eruption drängt – bevor sie durch den ihr dargebotenen Spalt bricht und das Geröll des zu lange Erstarrten mit sich zu Tal reißt.

So wir mir erging es viele Jahre lang dem Land, erging es dem ganzen „Westen“, dem das Land bei historischer und geographischer Betrachtung nicht einmal angehört. So wie ich ist das mich umgebende Konstrukt dabei, seine fast schon verlorene Sprache wiederzufinden.

Wir erleben derzeit die Aufführung eines Wahlkampfs, das lässt sich selbst unter Aufbietung aller Kräfte nicht ausblenden. Ich gehe durch die Stadt und werde flächendeckend von Plakaten gepeinigt, von denen ich nicht sicher bin, ob mich die Slogans oder die Gesichter darauf mehr deprimieren. Jede einzelne dieser Tafeln wurde von jemandem befestigt, der entweder daran glaubt oder als Ungläubiger ausreichend bezahlt wird. Im Vorübergehen registriere ich solch einen Aufhängungsakt: Ein vom Leben gezeichneter Aktivist aus einem Milieu, das sich früher stolz Arbeiterklasse genannt hätte, als es für diese Menschen noch Arbeit gab statt Flaschenpfand, fesselt Peter Tschentscher mit Kabelbildern in Kopfhöhe an einen Laternenmast. „Wohlstand und Zusammenhalt“ verspricht nun der vom Mast hängende SPD-Bürgermeister, der die Hamburger in den Zeiten der „Pandemie“ in zwei Gruppen separierte: Geimpfte und Unberührbare.

Da sind die erstaunlich zahlreichen Pappkameraden der Partei-Simulation „Volt“ vielleicht doch die erträglicheren. Denn bei denen gewinne ich den Eindruck, dass sämtliche Kandidatenporträts von einer KI generiert worden sein könnten. Was die Vermutung unterstützt: Zu jedem Bild wird nur ein meist ebenfalls virtuell anmutender Vorname mitgeteilt, das muss reichen. Die beiden einzigen in Worte gefassten Programmpunkte – Zukunft, Klimawandel – halten wenigstens die inhaltlichen Zumutungen in freundlich engen Grenzen. Beinahe erscheint mir diese insgesamt surreale Positionierung vergleichsweise wählbar.

Unterdessen sehe ich im Grinse- und Parolengewitter weit und breit kein Plakat der bundesweit mittlerweile wohl zweitstärksten Kraft AfD, es sei denn in Fetzen im Schneematsch am Boden. Darauf ist „ganz Hamburg“ stolz, denn „ganz Hamburg hasst die AfD“: Unserewehrhaftedemokratie kämpft couragiert gegen eine fast wider Willen zur Volkspartei aufgestiegene Gruppe Neoliberal-Konservativer, die irgendwo zwischen Lambsdorff-FDP und Kohl-CDU changiert. Sie möchte den Euro abschaffen und messermordende Fremde des Landes verweisen. Das sind nicht tolerierbare Gedankenverbrechen gegen den staatstragenden Nihilismus von linksaußen bis linksextrem. Und die Trupps der Oppositionsvernichter sind effizient, das muss man ihnen lassen. Ihnen entgeht auch sonst keine Gelegenheit, den politischen Dissens zu entmenschlichen und mit Hunden gleichzusetzen:

Vor 80 Jahren hätte da gestanden: „Juden ist die Benutzung der Spiel- und Liegewiese nicht gestattet.“ So kommt alles wieder, jedoch im zeitgemäß freshen Style der Antifa. Neu ist auch, dass sich das Kartell diesmal zusätzlich wie ein Autoimmundefekt gegen sein eigenes Fleisch und Blut wendet. Denn diesmal bekommt auch die seit Merkel grüngewendete und tiefenentkernte „CDU“ (niemand weiß mehr, wofür das C stand) das volle Programm der „Gegen rechts“-Behandlung: niederbrüllen, canceln, stigmatisieren, bedrohen, attackieren. Ihre Wahlplakate werden von Unserendemokraten in dadaistische Collagen der Angebotsfreiheit verwandelt, also der Freiheit von Angebot.

Nicht, dass die inhaltliche Prägnanz des abgebildeten Plakats darunter groß gelitten hätte, im Gegenteil. Wenn man sehr genau hinsieht, vermittelt es nun mit dünnem Filzschreibergekrakel die Kernbotschaft des linksnihilistischen Kartells an die Menschen in Unsererdemokratie, die es ernähren: Fuck you! Und so kurz vor der Wahl wiederholt das Kartell diese Botschaft bei jedem sich bietendem Anlass. Zum Glück für die Botschafter bieten sich viele. Gerade erst vor drei Tagen war es wieder so weit.

Am 13. Februar 2025 hat in München ein abgelehnter Asylbewerber mit „Duldungs-Status“ als Fahrer eines Pkw ein Massaker unter Bürgern des ihn zwangsweise, weil ungefragt duldenden Volkes angerichtet. Das ist nichts Neues, ebensowenig wie der Terrorakt eines Arabers auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt wenige Wochen zuvor, der seinerseits unübersehbar viele Vor-Fälle hatte. Zwischendurch: tödliche Messerattacken, Verstümmelungen und Vergewaltigungen in mehr Städten, als ich mir merken kann. Jedes einzelne Mal lautete die Botschaft des Kartells an die deutschen Opfer dieser Gewalt: Fuck you! Zu Empathie ist das Kartell nur fähig, wenn es um „psychisch gestörte“ Mörder mit Migrationsgeschichte geht. Gegenüber Landsleuten, die seine Politik zu Witwen und Waisen macht, verkümmert das Mitleid zur zynischen Hülse.

Neu war allerdings in München: Erstmals traf das Gemetzel Demonstranten der Gewerkschaft Verdi und damit eine deutsche Organisation, die sich rabiat für ein Bleiberecht aller Einwandernden einsetzt, also gegen die Souveränität des Staatsvolkes. Das tat sie nicht nur vor dem jüngsten Attentat, sondern auch unmittelbar danach: Rote Fahnen wehten auf dem Königsplatz, einem flammenden Appell gegen „rassistische Instrumentalisierung“ folgend: „Wir wenden uns an die Öffentlichkeit, weil wir angewidert sind von den Reaktionen der Politik, die diesen Angriff auf uns und unsere Freund:innen zu einem Angriff auf unsere migrantischen und geflüchteten Kolleg:innen machen wollen!“ Dem Aufruf zufolge war ein „Auto“ in die Menschenmenge gefahren. Böses Auto. Zusammenhangsloses Auto.

Was sich hier zeigt, ist vermutlich der Hauptgrund für meine zwischenzeitliche Schreiblähmung. Als Autor und Wirtschaftshistoriker bin ich davon abhängig, mit möglichst präzisen Wörtern arbeiten zu können. Wörtern, die Probleme benennen, Ursachen und Wirkungen, Verantwortlichkeiten und Motive. Doch die herrschende Schicht im Land, in dem ich lebe, hat die Bedeutung der Wörter okkupiert. Sie hat es in jahrzehntelanger strategischer Fleißarbeit geschafft, zentrale Begriffe mit neuen, meist gegenteiligen und häufig kriminalisierenden Bedeutungen aufzuladen. Sie hat das Land seiner wahrhaftigen Sprache beraubt und damit funktionsunfähig gemacht.

Rassismus ist jetzt, was früher gesunder Menschenverstand oder Selbsterhaltungsstreben gewesen wäre. Nazis sind nicht mehr Nazis, wie wir sie aus Schwarzweißfilmen in der Schule kannten, sondern als „Faschisten“ wiederauferstandene Befürworter von etwas, das früher Realpolitik geheißen hätte. Identitätsverlust heißt heute „Vielfalt“, die aber zugleich auch strenge Uniformität unter der Regenbogenflagge bezeichnet. Klimaschutz ist etwas, das sehr wenig mit Klima, dafür alles mit dem Schutz von Geldströmen und Diskurshoheit zu tun hat. Regierungsorganisationen heißen jetzt NGOs. Energienotstand ist Energiewende. Mitte? Ist jetzt rechts. Was früher SA war, heißt Antifa.

Nur Unseredemokratie ist Unseredemokratie geblieben. Hätte man allerdings vor 1998 dieses damals unbekannte Koppelwort verwendet, wäre man dafür vom Verfassungsschutz beobachtet worden, der seinerseits heute Regierungsschutz heißen müsste. Damals galt die Demokratie noch als ein besitzwortloses Abstimmungsverfahren, das wechselnde Mehrheiten ergibt.

Die verheerendste Wirkung auf mein verwirrtes Land hat die planvolle sprachliche Deformierung nach Nietzsches Schema der „Umwertung aller Werte“ dort ausgeübt, wo auch schon der Philosoph die schlimmste Störung diagnostizierte: beim Umlügen von Schwäche in Stärke und umgekehrt. Dieses zentrale Täuschmanöver war ideal für einen Vasallenstaat unter fremdbestimmtem Nuklearschirm, in dem die Schwachen folgenlos Stärke simulieren konnten. Sie ist untrennbar mit der inzwischen nahezu abgeschlossenen Wehrlosmachung, Entmännlichung, Feminisierung und Trans-Formierung unserer Gesellschaft verknüpft. Aber auch im Rest der „westlichen“ Hemisphäre hat der Trick dazu geführt, dass das eigentlich starke Geschlecht heute als wahrhaft schwach und betreuungsbedürftig stigmatisiert ist und eine ganze Generation junger Männer sich in die Verzweiflung der Perspektiv- und Wertlosigkeit gestürzt sieht. Der militante Feminismus hält für sie nur Ritalin bereit.

Das Umlügen von Stärke in Schwäche ist untrennbar mit der Wehrlosmachung, Entmännlichung, Feminisierung und Trans-Formierung unserer Gesellschaft verknüpft.

Das alles ist kein Zufall ohne Zweck gewesen. Eine verweiblichte, verkindlichte und in ihrer Sprache verdrehte Politik wird heute von Frauen dominiert, die in linker und grüner Wolle gefärbt sind. Ihre Stärke ist ihre Schwäche, ihr blankes Schwert die Hypermoral, ihr Schild das Diskriminierungsverbot. Wo der Typus des männlichen Spitzenpolitikers bis kurz nach der Jahrtausendwende über Ratio und Diplomatie verfügte, haben sie ein unerschöpfliches Reservoir an Bauchgefühl und „Haltung“. Sie haben, wenn schon keine abgeschlossenen Bildungs- und Berufswege, so doch unzählige Vorfeldorganisationen im Rücken, die solche Figurinen an die Macht bringen: linke Schulen, linke Universitäten, linke Stiftungen, linke Gewerkschaften, linke Kirchen, linke Sender und Zeitungen.

Das Deutschland der Institutionen ist spätestens seit 1968 flächendeckend sozialistisch dominiert. Wir hatten ja nichts anderes, nicht mal im Westen. Die 16 Kohljahre waren ein schwerer Betriebsunfall des Establishments, das ohne ihn eine deutsche Wiedervereinigung verhindert hätte. Es hat sie ihm nie verziehen, und es hat Konsequenzen gezogen. Vier lange Wahlperioden dauerte es, bis das heranreifende Netzwerk der interdependenten Linkskader sich im langen Schatten des Pfälzers so fest verknüpft hatte, dass es seine Seilschaften durchbringen und weitere Kohls dauerhaft verhindern konnte.

Vergleichbares bewältigten die neomarxistisch gewendeten US-„Democrats“ später während der ersten Amtszeit Trumps in nur vier Jahren – so glaubten sie. Bei uns war der lange Marsch mit Schröder/Fischer gewonnen, was eine Dauerregentschaft von linksgrün seit rund 26 Jahren bedeutet (bei kultureller Hegemonie, wie gesagt, seit fast sechs Jahrzehnten). Bitte mache nun niemand den traurigen Witz, dass Merkel doch eine Christdemokratin gewesen sei. Sie war es, die das ganze totalitäre Potenzial eines kaum noch getarnten Kartells zur Entfaltung brachte.

Wer plant so etwas, wer arbeitet so systematisch und geduldig an einer neosozialistischen Kulturrevolution dieses Ausmaßes mit all ihren politischen Konsequenzen? Es braucht diskrete Vorkämpfer mit Vorwissen, von denen ich in meiner journalistischen Anfängerzeit einen unangenehm nah kennenlernen musste. Die Medien boten einen fruchtbaren Nährboden für alte sozialistische Füchse. Viel später machte ich Bekanntschaft mit einem deutlich Jüngeren, der als netter Nachbar ohne Eigenschaften unauffällig systematisch daran arbeiten ließ, die deutsche Ausgabe des Weltlexikons Wikipedia zweckdienlich umschreiben zu lassen. Beide Male gab mir meine Intuition ein, mich von ihren verborgenen Geschäften fernzuhalten. Und beide Male verstand ich bewusst erst hinterher.

Die Hintermänner begnügen sich mit Wasserträgerrollen, den schrill falschen Ton geben die Frontfrauen an. Die feministische Außenministerin Annalena Baerbock, die einst in naiver Ehrlichkeit „unseren“ Krieg gegen Russland erklärte, hat dieser Tage US-Präsident Trump vor seinen beabsichtigten Friedensgesprächen mit Putin gewarnt. Es drohe nämlich ein „Scheinfrieden“. Unwillkürlich denkt man an die gepanzerte Präsidentenlimousine mit dem Spitznamen „The Beast“, die bekanntlich für niemanden bremst, nicht mal für Kinder. Möge Baerbock in München nicht noch unter die Räder kommen. Seit der dort heute zu Ende gehenden Sicherheitskonferenz hat sie ebenso wie ihre zahlreich versammelten Geschlechtsgenossinnen ohnehin schon ein Trauma zu verarbeiten: Die vermeintliche Schutzmacht USA zieht ihren Schirm ein und lässt sie teuer gestylt im Regen stehen.

Nicht Trump, aber der von ihm nach München entsandte Vizepräsident JD Vance sorgte vorgestern für das zweite Gemetzel in der Stadt innerhalb von 24 Stunden, diesmal ein politisches. In seiner inzwischen bereits als historisch eingestuften Rede watschte der zukünftige „JFK der Rechten“ die Europäer*innen aus den linksgrünen Regierungslagern ein ums andere Mal ab: Migrationspolitik, innere Sicherheit, Verteidigungspolitik, Gesellschaftspolitik – es klatschte nur so, aber das Geräusch war kein Applaus. Kaum jemand im Saal regte dazu die Hand, versteinert waren die Gesichter.

Er blicke irritiert auf all die freiheitsfeindlichen Maßnahmen in Brüssel und den Ländern der EU, dozierte der Mann aus Amerika, das sich durch demokratische Wahlen vom machtgreifenden Linkstotalitarismus befreit hat. Er blicke etwa nach Deutschland, „wo die Polizei Razzien gegen Bürger durchgeführt hat, die verdächtigt wurden, antifeministische Kommentare online gepostet zu haben“. Er blicke auch konkret nach München, „wo die Organisatoren dieser Konferenz Gesetzgeber populistischer Parteien, sowohl von links als auch von rechts, von der Teilnahme an diesen Gesprächen ausgeschlossen haben“. Und so in einem fort, Zumutung um Zumutung.

Sie trauten ihren Ohren nicht: Sprach hier nicht der Vizechef jener Supermacht, von deren politischem Establishment unsere Linksgrünfeminist*innen gelernt hatten, sich mit den Tech-Bros und anderen milliardenschweren Sugardaddys zu verbünden, die ebenso nach totaler Kontrolle über die westlichen Gesellschaften streben wie sie? War dies nicht die Nation, deren Konzerne das World Economic Forum dominieren, jenen fest mit ihnen alliierten Kampfapparat für totale Entgrenzung und entfesselte Migrationsströme? War nicht das WEF der strategische Förderer und Entwickler all ihrer feministischen Karrieren? Und dieser männliche Mann wagte es, sie moralisch zu verurteilen?

Dann ein Absatz, den man nach vier Jahren Joe Biden – manche sprechen lieber von der dritten Amtszeit Obamas – aus dem Munde eines US-Vizepräsidenten für unvorstellbar hielt: „Für viele von uns auf der anderen Seite des Atlantiks sieht es zunehmend so aus, als würden alte, etablierte Interessen sich hinter hässlichen, sowjetisch anmutenden Begriffen wie ‚Fehlinformation‘ und ‚Desinformation‘ verstecken, weil sie einfach nicht ertragen können, dass jemand mit einer alternativen Sichtweise eine andere Meinung äußert, geschweige denn anders wählt oder – Gott bewahre – eine Wahl gewinnt.“

Es gab noch viel mehr Einschläge solcher Kaliber. An dieser Stelle aber schalte ich aus der Münchner Halle zurück ins Studio, um nicht vor Hoffnung verrückt zu werden. Deutsch sein heiße, so Alexander Wendt kürzlich treffend, jede Sackgasse bis an ihr Ende gehen zu müssen, und das werden unsere Herrschenden tun. Zwar liegen nun in diesem Land, wenige Tage vor der Bundestagswahl, die beiden eingangs genannten Optionen klar auf dem Tisch: Ersetzt werden wird der unhaltbare Popanz „Unseredemokratie“ entweder durch die Vollendung des linksgrünen Kontrollregimes auf nationaler und EU-Ebene, dann wäre das vertraute D-Wort zur Folklore reduziert. Oder es kommt zum Entzug des Wörtchens „unsere“ und zur Rückführung auf das ehrwürdige System der frei wählbaren Mehrheitsregierung, mit anderen Worten: Es kommt die Wende zum Rechtspopulismus. Denn das wäre die Regierungsmehrheit, stünde denn das koalitionspolitische Handeln frei.

Oder es kommt zur Rückführung auf das ehrwürdige System der frei wählbaren Mehrheitsregierung, mit anderen Worten: Es kommt die Wende zum Rechtspopulismus.

Doch beide Begriffe, „rechts“ wie „Populismus“, wurden von den neomarxistischen Sprachingenieuren nach bewährtem Strickmuster so nachhaltig vergiftet, dass diese Wende im NS-traumatisierten Deutschland noch um vieles schwieriger zu bewerkstelligen ist als in den USA. Selbst gutwillige Bürger zucken allein beim Klang des Wortes terrorisiert zusammen, weil man es ihnen so eingeimpft hat. Dabei war „rechts“ bis noch vor kurzem etwas, das vielleicht einmal ein Wolfgang Schäuble verkörperte, der nicht gerade als Verfassungsfeind galt. Und Populismus ist eine Politik, die das Mehrheitsinteresse des zahlenden Volkes (lat. populus) umsetzt. Man hat das in Deutschland vergessen: Demokratie war dazu gedacht, Mehrheiten zu ermitteln und in ihrem Sinne zu handeln, nicht militanten und missionarischen Minderheiten den Steigbügel zu halten.

All das aber zählt im Brandmauerstaat aktuell wenig. Die Hysterie, in die sich die alten „Eliten“ verstiegen haben, kennt kein Maß und kein Ziel außer dem eigenen Machterhalt. Kronzeugin dafür ist einmal mehr Katrin Göring-Eckardt, die nach der Münchner Rede mutig auf der Feindesplattform X gegen Vance zurückschoss: „Das Problem ist, eine angebliche Meinung ‚des Volkes‘, die nicht gehört wurde, zu unterstellen. Nein, wir sind ein freies Land, eine Demokratie.“ Getwittert von einer evangelischen Bundestags-Vizepräsidentin, die sich seit 2015 bekanntlich darauf freut, wie sich Deutschland nun „auch religiös“ verändern wird. Ob sich das von KGE in distanzierende Anführungszeichen gesetzte Volk, dem sie auf Volkes Kosten vorsitzt, ebenfalls freut? Das ist eine andere Frage. Aber selbst wenn man es morgen fragte, muss man ja deshalb nicht tun, was es antwortet, in Unsererdemokratie. Weshalb es an ihr auch kein Rütteln gibt.

Es droht also weiter anhaltende Lähmung, Agonie, noch krassere Dysfunktionalität. Womöglich Neuwahlen nach den Neuwahlen oder forsche Korrektur von „kontroversen“ Ergebnissen nach Thüringer Muster, bis dem Establishment alles soweit passt. Doch selbst wenn Trump, Musk und Vance uns ausreichend zum Aufbruch stimuliert hätten: Unsere Grundschwäche in der entmannten Gesellschaft besteht darin, dass wir stets fremde Lichtgestalten für unsere friedlichen Revolutionen brauchen. Ob Gorbi 1989 oder Donald 2025 – nie haben Deutsche erfolgreich ein Regime vor die Tür gesetzt, das nicht schon von fremden Langstreckenraketen sturmreif geschossen worden wäre. Das, meine Landsleute, ist nicht nachhaltig. Der Schub muss schon von innen kommen.

Vor einer Weile schrieb mir mein alter Chef mal wieder ein paar Zeilen. Seine Botschaft: Ich möge mich bitte auch weiterhin nicht radikalisieren. Keine Sorge, Chef, mache ich nicht. Das überlasse ich den zweihunderttausend Minderheitlern, die ich im Fernsehen auf der Straße sehe. Sie werden auf Bestellung aus Berlin bis zum letzten Tag vor der Wahl ihre Massenaufmärsche, Menschenketten, Lichterketten, Mahnwachen und Blockaden gegen „rechts“ und für „Vielfalt“ machen. Sie werden wieder ihre Kinder schultern und ihre bunten Schilder hochhalten: Hass ist keine Meinung, wir sind mehr, ganz Haßloch hasst die AfD. Sie werden sich prächtig fühlen und sich auf der richtigen Seite der Geschichte wähnen. Sie werden ihr Kreuz an der Wahlurne mit dem bestem Gewissen machen. Sie werden Unseredemokratie stärken.

Und sie werden es sein, die unser aller Demokratie abwählen.