„Glam Hamm“ nannte der stets stil- und trendsichere kid37 unseren ehemals verschlafenen Stadtteil kürzlich in diesen Spalten – in Erwartung kommender Dinge. Und wie recht er hatte. Denn Hamburg-Hamm war zwei Tage lang Hollyhamm, aber mit allen Schikanen. Und mit so viel Glamour, dass mancher Stammgast aus dem „Hammer Eck“ an eine Erscheinung geglaubt haben mochte. Das Beste daran: Das Epizentrum lag 20 Meter von meiner Haustür entfernt. Also quasi im verlängerten Wohnzimmer.

Wer diese Story seit Wochen wie ich gebannt verfolgt, der weiß: Es wurde die wahre Geschichte der Banklady gedreht. Fürs Kino, fürs große. Der alte Ünüvar-EDEKA von schräg gegenüber war dazu in eine Landesgirokasse von 1967 verwandelt worden, das war an sich schon spekakulär genug. Aber dann kamen sie. Sie alle. In Dutzenden von Trucks und Wagen. Und sie brachten viel Gerät mit. Kameras, Lampen, Dollies, Klappen Stative Spiegel Schirme, Garderobenständer und Verpflegungszelte, sogar einen Feuerwehrlöschwassertruck und einen Teleskopkranwagen, um Regen zu machen.

Horner Weg und Caspar-Voght-Straße waren gesperrt, lahmgelegt. Bei Tag und Nacht. Sogar der 116-er Bus wurde umgeleitet. Stattdessen standen da und rollten prächtige Autos aus den Swinging Sixties. Die magische Verwandlungswirkung einer Traumfabrik, da wehte sie durch unsere Straße.

Und all das war noch gar nichts gegen, nun ja, eben die Banklady. Hach, hach, hach! Nadeshda Brennicke, wie sie aus einem cremefarbenen VW Käfer steigt und auf weißen Stöckelschuhen in die Bank schwebt, das kann man gar nicht oft genug aus jedem beliebigen Blickwinkel filmen lassen.

Oder Charly Hübner, wie er in die Luft ballernd mit praller Ledertasche von der Arbeit kommt (will sagen: aus der Bank) und vom Personal des Geldinstituts verfolgt wird: „Das sind doch nur Platzpatronen“, brüllt der tollkühne Bankdirektor, seine Leute anfeuernd. „Ratatatatatatat!“, brüllt Charlys Knarre zurück, ihre scharfe Munition abfeuernd. Und vier Menschen liegen vor dem Ünüvar (pardon, vor der Bank) in ihrem Kunst-Blut. Dabei brennt auch noch der Mantel des Bankräubers, den er sich in wilder Flucht vom Leibe reißen muss.

Denn: Drinnen hatte ein Banker eine Kerze auf seinem Schreibtisch stehen. Und da hatte der Bankräuber bei diesem allerletzten Überfall, bei dem wirklich alles schiefging, eben auch noch Feuer gefangen. Wer sich so was ausdenkt, der darf niemals ein Drehbuch schreiben. Aber das Leben denkt sich so was aus (zumindest in Bad Segeberg 1967), und dann muss es der guten Wahrheit halber auch so gespielt werden.

Den Schauspielern hat das offensichtlich viel Spaß gemacht. Den zahlreichen Zaungästen, sofern sie nicht beregnet wurden, auch. Und uns Hammern war es ein Vergnügen, als Rückständiger-60er-Jahre-Lookalike-Stadtteil-Zurverfügungsteller vom Film entdeckt zu werden. Also, Leser: Ins Kino gehen im Jahr 2013! Das ist ein Überfall Befehl! „Banklady“ – der ganz große Kracher!

Nur ein Wermutstropfen fällt in diesen Wein: Den Ünüvar wird es, wenn dann der Saal dunkel und die Leinwand hell wird, nicht einmal mehr als leere Hülle geben. Doch dafür wird er auf andere Weise zum unsterblichen Kulturdenkmal geworden sein.


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