Unsere Welt ist klein geworden. So klein wie eine Gummizelle: gut gepolstert, ausbruchssicher, überfüllt. Ein Elektroschock am einen Ende pflanzt sich bis zu den Insassen am anderen Ende fort. Und wir stecken mittendrin – woran TWASBO in dieser Reihe erinnert.

Hallo, Freunde der Sonne! Am morgigen Sonntag, dem 20. November 2022, beginnt im molligwarmen Wüsten-Emirat Katar die Fußball-WM. Es werden die größten, verschwenderischsten, widerwärtigsten, menschenrechtsverletzendsten, unverhüllt gierigsten, feige opportunistischsten, dank eisgekühlter Wüstenstadien ressourcenvernichtendsten, schwulenfeindlichsten, polizeistaatlichsten Weltkorruptionsfestpiele aller Zeiten. Und TWASBO ist dabei …

… lassen Sie mich ausreden: Und TWASBO ist dabei mal wieder nicht mit VIP-Lounge-Tickets, Gratisflügen, Fünfsternehotels und -buffets ausgestattet worden. Wo doch gerade die Mediendirektoren der „Fußball-WM 2022“ wissen sollten, dass jede Redaktion käuflich ist, kleinere sogar oft schon für 5.000 Euro (nicht jeder kann schließlich auf ehrliche Weise 5.000 Euro verdienen). Als diesbezüglicher kleiner Denkanstoß für die Ausrichter der nächsten Fußball-WM, die in der Fastenzeit des Jahres 2026 unter dem Motto „Fressen und huren, wo andere Hungerkuren machen“ zeitgleich in Nordkorea und Haiti stattfindet, werden wir das vierwöchige Spektakel von Katar jetzt so präsentieren, wie ein Qualitätsmedium es ohne bezahlte Narrative tun müsste.

Falls Sie also vorhatten, sich von den rauschenden Erfolgen des „Teams DFB“ bzw. „Teams Diversity“ mitreißen zu lassen, und schon ihre verf***ten Vuvuzelas von Südafrika 2010 aus dem Keller gekramt hatten: Freuen Sie sich zunächst auf unseren bunten Reigen der abstoßendsten Abscheulichkeiten rund um den Sportswashing-Staat, seine uralte Fußballkultur und seine gut versorgten Partygäste!

Aber lassen wir doch vielleicht für den Anfang die prickelnde Atmosphäre dieser Party auf uns einwirken! Die Jugend der Welt zu Gast bei Freunden, aufgepeitscht von niemand Geringerem als dem Feierbiest und Blatter-Nachfolger an der Fifa-Spitze, dem Mann mit dem großartigen Nachnamen, Gianni Infantino:

Mit derselben Begeisterung piepste das von Stimmungskanone Infantini infantilisierte Publikum übrigens auch noch „Fifa! Fifa! Fifa!“ Ob es sich beim Veranstaltungsort um einen Sportpalast handelt, ist mir nicht bekannt.

Jede Party braucht Regeln. Relax! Es sind nur diese paar hier:

Mich persönlich würde von all diesen Untaten – neben „Dating“ natürlich – am meisten stören, einem Fotografen in dieser lasziven Pose ausgeliefert zu sein. Das Verbot geht also in Ordnung.

„Faktenchecker“ fanden allerdings, nachdem diese Piktogramme die Runde im Internet machten, umgehend heraus: Diese Regeln hat gar nicht die Regierung aufgestellt, sondern lediglich eine „Graswurzelbewegung katarischer Frauen“, die für „konservative Kleidung“ und „andere Dinge“ eintritt. Ach so. Na dann ist es natürlich was anderes. Und das mit dem Alkohol zum Beispiel ist ja gar kein amtliches Verbot, jedenfalls nicht beim Stadionbesuch.

Update, 18.11.: Jetzt, wo es ernst wird, müsste man diesen ganzen Mist vor Ort zur Strafe auch noch vollkommen nüchtern konsumieren. Zwei Tage vor Turnierbeginn verbannte Katar das Bier aus den Arenen.

Bleiben wir beim oben abgebildeten Regelwerk und schauen uns mal an, wie Katar mit Homosexuellen umgeht. Da wäre zum Beispiel der katarische „WM-Botschater“ Khalid Salman, der Schwulsein als „Geistesdefekt“ bezeichnete. Oder die Sicherheitskräfte des Landes, die nach Angaben von Human Rights Watch noch im September 2022 Transfrauen in der Öffentlichkeit verhafteten – und ihnen eine Freilassung nur unter der Bedingung in Aussicht stellten, dass sie einer „Konversionstherapie“ in einem von der Regierung geförderten „Zentrum zur Verhaltensänderung“ zustimmten.

Der heutige Fußballfunktionär Thomas Hitzlsperger, ehemals deutscher Nationalspieler und erster Profi der englischen Premier League, der sich als schwul outete, fand als einer von ganz wenigen Fußballprofis ein klares Wort für diese Zustände: „ekelhaft“. Warum sich nicht mehr Kicker und Funktionäre in dieser Weise äußerten? Hitzlsperger skizziert kurz und knapp, wie das Spiel läuft: „Du kannst nicht von Katar oder der Fifa bezahlt werden und sie dann kritisieren.“ Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er zur Vergabe der WM durch die Fifa an Katar dann noch dies: „Wenn wir auf das Foto mit den an der Abstimmung beteiligten Leuten schauen, dann müssen wir sagen: Da sind Verbrecher dabei gewesen!“

Derselbe Thomas Hitzlsperger – der das Turnier allerdings auch als ARD-Experte begleiten wird – beließ es nicht bei Kommentaren aus dem Off. Bekanntlich sind die Stadien dieser WM in der Wüste auf den Gerippen nahezu rechtloser Wanderarbeiter aus Nepal errichtet worden, die zu Tausenden der Hitze und den Arbeitsbedingungen erlagen. Hitzlsperger fuhr selbst nach Nepal, um dort einen Dokumentarfilm über die Menschen zu drehen, die in Katar wie Arbeitssklaven gehalten wurden und in vielen Fällen im Sarg zu ihren Familien zurückkehrten. Doch er fuhr auch ins WM-Land, wo selbst eine einheimische „Menschenrechtsaktivistin“ beteuerte, noch nie etwas von solchen Opfern mitbekommen zu haben. Einen „Film voller Gegensätze“, nennt die ARD das. Sehenswert.

Was machen eigentlich unsere anderen deutschen Fußballhelden so in den nächsten vier Wochen? Man könnte ja mal Karl-Heinz Rummenigge fragen, einen erfahrenen Katar-Reisenden, der 2013 zu knapp 250.000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, weil er bei der Rückkehr nach Deutschland vergessen hatte, zwei ihm geschenkte Rolexe im Wert von 100.000 Euro zu verzollen. „Nachdem schon während des Verfahrens Fragen nach der Herkunft der Uhren auftraten“, so Wikipedia, „veröffentlichte das ZDF 2022 die Aussagen zweier Zeugen, die nahelegen, dass Rummenigge die Uhren auf einer Lobbyveranstaltung zur Weltmeisterschaft in Katar aus dem Umfeld des Sportfunktionärs Hassan al-Thawadis erhalten habe. Rummenigges Anwälte bestritten die Vorwürfe.“ Den Job als Vorstandschef der FC Bayern München AG kostete ihn die Sache nicht. Nach dem Aktiengesetz nicht schwerwiegend genug.

So, jetzt aber mal das Positive. Der DFB tut ja wohl was. Erstens wird die Kapitänsbinde beim Turnier knallhart ein Regenbogenherzchen mit dem Zusatz „One Love“ zieren, was allein für sich schon die Wüstensöhne das Fürchten lehren wird.

Update, 21.11.: Nope! Die Fifa hat das Tragen der Binde auf dem Spielfeld bei Strafe einer Gelben Karte untersagt.

Zweitens stand auf der Bordwand des Lufthansa-Mannschaftsfliegers dick und fett „Diversity wins“ – allerdings nur bis zum Zwischenstopp in Oman, wo das Flugzeug gegen ein neutrales getauscht wurde.

Drittens kümmert sich der DFB rigoros um die bedrohte Pressefreiheit (nicht in Deutschland, sondern in Katar). Auf der eigenen Verbandswebseite erklärte DFB-Präsident Neuendorf dazu: „Ich werde Gespräche suchen. Ich war mit der Bundesinnenministerin ja auch vor wenigen Wochen hier im Land und hatte die Gelegenheit, mit dem OK-Chef zu sprechen.“ Oh prima, dass er eine so ausgewiesene Verteidigerin der Grundrechte wie Nancy Faeser (USA) dabei hatte! Deren ureigenste Funktion als Welt-Innenministerin ist ja qua Amt das Innere der Welt. Da werden dem „OK-Chef“ (üblicherweise die Abkürzug für Organisierte Kriminalität) anschließend die Ohren geklingelt haben.

Hier übrigens noch ein wenig Anschauungsmaterial zur Lage der Medien, während sich das Emirat der Welt von seiner Schokoladenseite zeigt. Wie wohl die nicht so süße Seite aussähe?

Update, 21.11.:

Ach komm, einen noch. Weil er doch zu schön ist. Im Zentrum des Geschehens: Infantini-Vorgänger Sepp „Don“ Blatter himself ( Juli 2015).

 

Lieblings-Quote: „Where is my Security?“

Das ist in Kurzform Ihre WM 2022. Es ist klar, wie das Kalkül dieser ganzen korrupten, selbstherrlichen und menschenverachtenden Blase aussieht: Wenn die Spiele erst losgehen, werden die Fans schon vergessen, was hier sonst noch so los ist, und sich vom WM-Fieber anstecken lassen. Ich glaube das nicht. Ich glaube, durch all die Berichte über die Vorgeschichte des dekadenten Spektakels sind inzwischen so viele gegen diese Abscheulichkeit geimpft, dass man schon von einer Herdenimmunität sprechen kann.

Was also tun in den kommenden vier Wochen? Eigentlich gar nichts: Fahren Sie nicht hin, auch nicht – als sehr wohlhabende Person – kurzentschlossen, wenn „Team Diversity“ ins Finale kommt. Und natürlich auch später nicht in „Urlaub“ oder zum Shoppen (obwohl, wenn Sie schon in dieser Liga unterwegs sind, ist eh keine Hoffnung mehr). Lassen Sie die Produkte und Dienstleistungen der Sponsoren des Grauens links liegen, kaufen Sie keine Sonderausgaben der Sportpresse, nicht das Panini-Heft der Schande und auch nicht den ganzen blutigen Fanartikel-Müll. Gehen Sie bei drei Grad und Eisregen nicht zum „Public Viewing“. Schauen Sie die Spiele nicht live im TV, auch keine Zusammenfassung, drücken Sie messbar die Einschaltquoten.

Das Tollste daran: All das können Sie einfach durch Seinlassen ausrichten, statt aktiv etwas tun zu müssen. Wenn Sie aber darüber hinaus auch noch zum Aktivisten werden wollen: Teilen Sie gerne diesen Beitrag.

Update, 1.12:

Der Boykott wird Ihnen jetzt noch deutlich leichter gemacht: Die Geh-heim-Favoriten des Turniers kommen schon morgen nach Hause! Eine diverse Anti-Nationalmannschaft, die den Begriff der Nation oder gar des Nationalstolzes nicht mit der Kneifzange anfassen würde, weil die Eliten der sie beschäftigenden Anti-Nation ihr das so eingetrichtert haben, verlässt den Kreis der kickenden Pro-Nationen und setzt damit ein letztes starkes Zeichen: Wir machen nicht länger mit bei Katar 2022! Alles hat so seine schönste Richtigkeit. Die fettgedruckte Parole auf dem ideologisch befrachteten Lufthansa-Flieger sollte anlässlich der frühen Rückkehr nun ehrlicherweise lauten: „Diversity loses“.


TWASBO liebt Debatten. Zum Posten Ihrer Meinung und Ihrer Ergänzungen steht Ihnen das Kommentarfeld unter diesem Text offen. Ihr themenbezogener Beitrag wird freigeschaltet, ob pro oder contra, solange er nicht gegen Gesetze oder akzeptable Umgangsformen verstößt. Vielen Dank.