Nach dem Debakel um Annalenas Bildungswege: Wie wäre es, zur Abwechslung mal einen wirklich gebildeten Kanzler zu haben? Und wer um Himmels Willen könnte das bloß sein?

Was wir inzwischen über die grüne Kanzlerkandidatin wissen: Annalena ist keine Völkerrechtlerin (die „UN-Konvention“ ist entgegen ihrer Annahme kein politisches Gremium), in Politikwissenschaft brachte sie es bis zum Vordipolom, Hamburg-Ausgabe („Tanzen Sie drei mögliche Hauptstädte von Grönland“), und auf physikalischem Gebiet hat sie sich schon 2018 mit der Erkenntnis unsterblich gemacht, dass das Stromnetz als Stromspeicher dienen kann. Ich denke, das können wir unter „nicht so gebildet“ ablegen, aber mit Zertifikat von der London School of Economics.

Als Expertin auf technisch-physikalischem Gebiet gilt indes Merkels Angela, der vermeintliche Glücksfall einer akademischen Spitzenkraft im Zukunftssektor MINT (Marxismus und sozialistischer Internationalismus): Diplomarbeit über den „Einfluss der räumlichen Korrelation auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei bimokeularen Elementarreaktionen in dichten Medien“, Note: Sehr gut. Sogar so gut, dass diese Arbeit gleichzeitig als Beitrag zum Forschungsthema „Statistische und Chemische Physik“ von irgendwas im Bereich „Statististische und Physikalische Chemie“ am Zentralinstitut für noch irgendwas der Akademie der Wissenschaften der DDR aufgenommen wurde.

Und an dieser Akademie verfertigte Merkel – wenn sie nicht gerade ihre Tätigkeit als FDJ-Kulturreferentin in Beschlag nahm – als Dissertationsschrift ihre „Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“. Note: Sehr gut. Vermutlich hatte sie den einfachen Bindungsbruch ein für alle Mal geheilt – oder der physikalischen Welt sozial gerechtere Wege aufgezeigt, damit zu leben.

Leider aber taugte Merkels zum Studienabschluss ebenfalls notwendige Arbeit im Fach Marxismus-Leninismus über die Frage „Was ist sozialistische Lebensweise?“ 1986 nur die für die Note Genügend. Dabei konnte sie ML eigentlich richtig gut, ihre Konzentration war damals bloß bereits ganz auf die chemische Physik bzw. physikalische Chemie des sich am Horizont abzeichnenden World Wide Web gerichtet. Über das sie dann tief in den 2010er-Jahren sagen würde: „Das Internet ist ja für uns alle Neuland.“ Und wenn eine veritable Dr. rer. nat. DDR das sagt, dann wagt nicht mal ein Tim Berners-Lee zu widersprechen.

Schlag 2020 vertraute die von der immer bildungsferneren Journaille längst als „Gelehrten-Kanzlerin“ und „Physikerin der Macht“ Verherrlichte ihre Regentschaft dann voll und ganz der wissenschaftlichen Methode an. Sie ließ kurzerhand alle international renommierten Top-Experten zum Thema Corona und Virologie, die nicht zur Glaubensgemeinde ihrer „Null-Covid“-Sekte zählten, ungehört teeren und federn, mindestens aber canceln. Was uns zu dem ernüchternden Annalena-Befund zurückführt: eher nicht so gebildet, aber im Fall M. mit Doktortitel der Arbeiter- und Bauernmacht.

Wie lange ist das jetzt eigentlich her, dass jemand dieses Land regiert hat, von dem man sagen konnte, er (sorry, „sie“ gab es damals noch nicht) sei gebildet im Sinne des Wortes gewesen, nicht im Sinne von mehr oder weniger teuren Titeln? Vielleicht Gerhard Schröder (1998-2005)? Die kaufmännische Lehre im Porzellangeschäft war auf dem Papier sicher eine gute politische Grundqualifikation – wenn mit den Hartz-Beschlüssen und der Agenda 2010 später bloß nicht so viel soziales Steingut zerschlagen worden wäre.

Nach der Lehre Abitur, 1971 erstes juristisches Staatsexamen, Referendariat und 1976 zweites Staatsexamen. Dann Arbeit als Rechtsanwalt, wobei Schröder unter anderem den zeitweiligen SPD-Parteifreund und RAF-Gründer Horst Mahler vertrat. Für Mahler womöglich ein traumatisierendes Erlebnis, denn er wandelte sich im Weiteren vom Links- zum Rechtsextremen und Reichsbürger. Der Rest ist Politik bzw. Historie.

Aber ist es auch ein Fall von Bildungs-Kanzlertum? Doch, lassen wir mal gelten. Handwerkliche Geschicklichkeit aus der Prozellanbearbeitung vereinen sich bei Schröder mit Paragrafenreiterkünsten zur perfekten Symbiose: der erwiesenen Befähigung zum politischen Scherbengericht. Schröder also. Der letzte Bildungskanzler der Kohl’schen Bunzrepubligg. Wenn’s auch fast 16 Jahre her ist: Beggars canˋt be choosers.

Wer jedoch könnte ein würdiger Nach-Nachfolger sein, jemand, der uns auch international so repräsentiert, dass ein Alexander von Humboldt wohlwollend nicken würde? Das ist ein faszinierendes Gesellschaftsspiel, wenn man Bildung wie folgt definiert:

1. Bildungsstätte und Rang derselben egal, gleich ob Professur oder Meisterbrief, Autodidakt zählt auch.
2. Im Experiment überprüfbare Kenntnisse hinsichtlich der Gestaltung der dreidimensionalen Welt erhalten Bonuspunkte gegenüber Geisteswissenschaften, nicht aber gegenüber den Künsten.
3. Kandidat muss tatsächlich jahrelang gebüffelt haben, idealerweise in der Abgeschiedenheit eines Klosters bei Wasser und Brot (aber nicht verpflichtend).
4. Dieses Wissen oder Teile davon muss er oder sie dann auf politikfremdem Gebiet eine Zeitlang mit glänzendem Erfolg in berufliche Praxis umgesetzt haben – in einer Weise, die ein tiefes Verständnis der Mechanik der Welt und der menschlichen Fehlbarkeit signalisiert.
5. Von zusätzlichem Vorteil wäre es, wenn er oder sie Englisch und/oder Mandarin beherrscht, just because he can. Sieht einfach gut aus auf der internationalen Bühne.
6., aber das versteht sich von selbst: „Genderwissenschaften“ sind ein natürliches K.o.-Kriterium.

So, nun spielen Sie dieses Spiel mal am Abendbrottisch in geselliger Runde. Eines wird sehr schnell klar werden: Dieses Land hat keine Schwemme an geeigneten Persönlichkeiten. Im Gegenteil wird sich vermutlich eine lange, lastende Stille des Grübelns über Ihre Tafel legen. Dann wird einer „Richard David Precht“ sagen, und alle werden in erleichtertes Gelächter ausbrechen. Und dann, wenn das Gegacker verebbt, werden Sie immer noch niemanden haben.

Es ist natürlich auch nicht leicht, wenn fast alle in Frage kommenden Namen Verstorbenen gehören. Goethe zum Beispiel, der ja immerhin bereits Minister war, stelle ich mir als einen wunderbaren Kanzler vor: Jurastudium wie Gerhard Schröder, aber das ist nicht das Entscheidende. Denn unterwegs glänzte Goethe, anders als der Genosse der Bosse, durch zeitweilige Vernachlässigung der Rechtswissenschaft (Rebellion! Querdenkerei! Beides ausgespochen wichtige Charaktereigenschaften zur Führung eines Staates). Stattdessen Hinwendung zur Poetik, Schriftstellerei, Malerei und Kunstgeschichte sowie Holzschnitt und Radierung (Handarbeit!), Beschäftigung mit mystischen und alchemistischen Schriften sowie immer wieder – Schröder/Fischer vorwegnehmend – Frauen. Was ihn nicht davon abhielt, seine juristische Promotion „cum applausu“ zu absolvieren, eine Anwaltskanzlei zu eröffnen und den Götz von Berlichingen im Selbstverlag herauszubringen.

Außerdem bekämpfte er während seiner Phase im beamteten Staatsdienst die Korruption, was ich für einen ganz besonderen Ausweis von staatsmännischer Lebensklugheit und Pflichtgefühl halte – und das mit nicht mal Mitte dreißig. Als aber irgendwann mal Langeweile drohte, wurde Goethe auch noch zum Naturforscher: Geologie, Mineralogie, Botanik, Osteologie. Ja, in der Knochenkunde gelang ihm sogar die Entdeckung des menschlichen Zwischenkieferknochens! Dann, mit der Italienreise, wurde er zu einem Erfinder des Massentourismus, der allerdings zunächst dem Adel vorbehalten blieb. Dennoch: seiner Zeit weit voraus, und nebenbei noch Literaturpapst.

J. W. v. Goethe: Minister ja, Bundeskanzler leider nein

Über Goethe wurde, wen wundert es noch, der beste Steckbrief eines Bildungskanzlers verfasst, den ich mir vorstellen kann. Johann Christian Kestner, ein Kollege Goethes beim Reichskammergericht Wetzlar, schrieb über ihn in jungen Jahren:

„Er besitzt, was man Genie nennt, und eine ganze außerordentliche Einbildungskraft. Er ist in seinen Affekten heftig. Er hat eine edle Denkungsart. (…) Er liebt Kinder und kann sich mit ihnen sehr beschäftigen. Er ist bizarre und hat in seinem Betragen, seinem Äußerlichen verschiedenes, das ihn unangenehm machen könnte. Aber bei Kindern, bei Frauenzimmern und vielen andern ist er doch wohl angeschrieben. – Er tut, was ihm gefällt, ohne sich darum zu kümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhasst. (…) Aus den schönen Wissenschaften und Künsten hat er sein Hauptwerk gemacht oder vielmehr aus allen Wissenschaften, nur nicht denen sogenannten Brotwissenschaften.“

Also ich tät den Mann wählen, mit Erst- und Zweitstimme, wenn möglich. Aber ach, Goethe ist tot, wie man hört, und kann uns Heutige nicht mehr aus der Krise führen. Wer also? Wer?

Meine Damen und Herren, es kann nur einen geben. Ich nenne Ihnen nun die Alternative zu Annalena, zu Armin, zu Olaf und dem Rest der Rasselbande. Einen Menschen, der es auf gleich zwei ganz verschiedenen Gebieten zu konkurrenzlosem Welterfolg, ach was: Universalerfolg gebracht hat. Einen Menschen, der technologisch versiert genug war, die physikalischen Möglichkeiten elektrischer Geräte ins Quantenerotische zu erweitern und poetisch genug, unseren staunenden Blick zu den Sternen zu lenken. Die Killer Queen unter den Popidolen. Den Admiral Kirk der Scientific Space Force. Wir müssen ihn nur noch eindeutschen, falls das System Merkel diese rein formalistische und übrigens erschreckend xenophobe Bedingung für ein hohes Wahlamt in Deutschland nicht ohnehin bereits aus dem Grundgesetz gestrichen hat.

Ladies and Gentlemen: Be upstanding for Germany’s next Topchancellor – Dr. Brian Harold May!

Dr. Brian May kurz nach der Trennung von Queen

Das wussten Sie nicht? Brian May, der Gitarrist von Queen an der Seite von Freddie Mercury, hat einen Doktor in Astrophysik vom Imperial College London, wo er Mathematik und Physik studierte. Nach dem Bachelor 1968 erhielt er eine persönliche Einladung von Sir Bernard Lovell, dem berühmten Radioastronomen, am Jodrell Bank Observatory zu arbeiten. Und was tat May: Er lehnte es ab. Weil er sonst nicht weiter in seiner damaligen Band „Smile“ hätte spielen können. 1974 schmiss er sogar sein Doktorandenstudium vorübergehend, weil er mit Queen zu sehr beschäftigt war. Doch ähnlich wie Goethe und ganz anders als Gerhard Schröder veröffentlichte er trotzdem en passant zwei wissenschaftliche Aufsätze über seine Beobachtungen am Teide Observatorium auf Teneriffa.

Aufgeschoben war nicht aufgehoben: 2006 nahm May sein Astronomiestudium wieder auf und promovierte 2008, ein Jahr vor dem Zeitplan, mit der Arbeit „Eine Untersuchung der Radialgeschwindigkeiten in der Zodiakalen Staubwolke“. Zusammen mit berühmten Astronomen veröffentlichte er die Weltraumbücher „Bang! Die komplette Geschichte des Universums“ sowie „Der kosmische Tourist“. Der Königlich Britische Hofastronom Martin Rees beschied May sogar öffentlich: „Ich kenne keinen Wissenschaftler, der eine so große äußerliche Ähnlichkeit mit Isaac Newton hat wie Sie.“ Wobei Newton seinerseits für die Ähnlichkeit zu May sogar eine Lockenperücke benötigte.

Ja, und dann kam May zur NASA. Als „Science Team Collaborator“ für die Pluto-Mission „New Horizon“. Dort durfte er einige der ersten Fotografien dieses Zwergplaneten stereoskopisch bearbeiten, was sicher sehr nützlich für die weltweite Wissenschaftsgemeinde war.

Also: Dr. Brian May for Chancellor! Mut zur Locke statt zur Bildungslücke! Ich gehe davon aus, dass die Beweisführung wasserdicht war. Und weil seit Klima und Corona die Wissenschaft in der deutschen Politik so hoch im Kurs steht wie nie, sollte die K-Frage nunmehr beantwortet sein. Zumindest für die nächsten 16 Jahre.