Jetzt also G20. In meiner Stadt. Fürs Protokoll: Mich hat niemand gefragt. Es ist ein surreales Gefühl, dass ein halbes Dutzend der aktuell drängendsten Menschheitsprobleme ein paar Fahrradminuten von meiner Wohnung entfernt auf einem Haufen konzentriert sein werden.

Ein abgehalfterter US-Fernsehfreak, der glaubwürdigen Analysen zufolge irgendwo zwischen Demenz, narzisstischer Persönlichkeitsstörung, Soziopathie und Raffgier vegetiert und dabei munter Klimaschutz, Krankenversicherung, Menschenwürde und andere Errungenschaften in die Steinzeit zurück dekretiert, zugleich aber den tattrigen Flutschfinger stets ganz nah über dem nuklearen Drücker hält;

Ein türkischer Quasi-Diktator, der Journalisten, Oppositionelle und andere Störer dank entfesselter Mobs von Schreihälsen und Schlägern aus dem Weg räumt und Schlimmeres, aber von der deutschen Kanzlerin als seriöser Partner für zigtausendfachen Menschenhandel auserkoren wurde, während er sich nicht scheut, eben jene zigtausend Menschen als Munitionsarsenal für seinen Expansionismus zu nutzen;

Ein russischer Wahlfälscher, nicht zufrieden damit, die Demokratie in seinem eigenen Land als schlechten Witz aufzufassen und die an Verarmung und Verrohung gewöhnten russischen Massen für seine Macht- und Bereicherungszwecke mit Hassobjekten und Sündenböcken zu versorgen, sondern durchaus ambitioniert, jetzt auch anderswo zu verfälschen, zu manipulieren und ganz allgemein Tod und Verderben über Weltregionen zu bringen;

Ein chinesischer Despot, dessen korrupte und brutale Machtclique ein Milliardenvolk mit ihrer ganz eigenen Version von Vulgärkapitalismus in Atem hält, beziehungsweise außer Atem, weil in seiner Welt weder atembare Luft noch trinkbares Wasser für die menschlichen Ameisen benötigt werden, denen man ansonsten problemlos gut vermarktbare Organe nach Bedarf entnehmen kann, nachdem man sie zwecks Exekution hat verschwinden lassen.

Ein abgehalfterter US-Fernsehfreak, der glaubwürdigen Analysen zufolge irgendwo zwischen Demenz, narzisstischer Persönlichkeitsstörung, Soziopathie und Raffgier vegetiert

Doch keine Sorge: Sie bzw. ihre Hofschranzen werden sich alle ganz wunderbar gepflegt unterhalten, fressen, saufen und, soweit ungefilmt möglich, huren. Und die “schwierigen Themen” werden sie ausklammern (wobei einer von ihnen sich die Freiheit nehmen wird, diese in zusammenhangslosen Sprachfragmenten live auf Twitter abzuhandeln).

Mich wundert bloß, dass die Herren Duterte von den Philippinen und Kim aus Nordkorea nicht eingeladen sind. Man würde sich auch mit diesen beiden Folterern, Schlächtern, Raffzähnen und Drogenbaronen bestens verständigen in den wohlklimatisierten Hamburger Messehallen. In dieser unserer wunderbar weltoffenen, liberalen, toleranten, SPD-regierten Hansestadt. Gerade Superhelden- und Superschurkendarsteller brauchen doch einander. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.

Auf allen Dächern Scharfschützen. In allen Straßen Polizeikolonnen. Über allen Häusern Polizeihubschrauber. Private Prätorianergarden mit Schießbefehl vor und hinter jedem zweiten Staatsgast. Die Grundrechte von Protestierenden mit Billigung des Innensenators außer Kraft gesetzt trotz entgegenstehender Gerichtsurteile. Millionen und Millionen von Euro hinausgeworfen zu Bewachung von politischen Triebtätern, die im Verein mit ihren macht- und geldgeilen Hinterleuten und Vasallen diese Welt am Fortschritt hindern und höchstpersönlich Schicksal um Schicksal auf dem Gewissen haben. Normalsterbliche werden die City zu meiden versuchen, in der sie – von wem auch immer – höchstens als weiche Ziele wahrgenommen würden.

[Nachtrag bzw. Einschub, 7. Juli, 17.13 Uhr:]

Nicht zu vergessen: ein saudi-arabischer Finanzminister in Vertretung seines Königs, der gerade zu sehr mit der Erpressung eines Nachbarlandes beschäftigt ist, vor Korruption durch Öl-Dollars kaum in der Lage zu laufen, seine extremistisch-mittelalterliche Religionssekte nach Möglichkeit aller Welt aufzwingend und dadurch Angst und Terror verbreitend, ferner Frauen im eigenen Land als eine Art Haustiere haltend und sich dabei ganz sicher, die Gnade Allahs bis zum  Weltuntergang gepachtet zu haben.

Und ganz sicher ebenfalls nicht zu vergessen: ein linksfaschistischer Mob von Serien-Gewalttätern, die – als Totengräber jedes legitimen Protests  – plündernd und randalierend Autos mit Kindersitzen anzünden, aber ganz ebenso gut auch Asylheime abfackeln oder im Auftrag der Mafia morden könnten, denn die Droge, auf der sie sind, lässt alle Unterschiede schwinden und jedes Bewusstsein für die eigene Abartigkeit ebenso, bis auf das sie gründlichst trügende Gefühl der eigenen Grandiosität.]

Dies ist der Stand der entwickelten Demokratie und Staatsräson, zu bewundern am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg, Deutschland.

Ich sage es ganz leise, denn eine sachliche und ruhige Tonlage ist diesem Schauspiel nach reiflicher Überlegung angemessen:

Zum Teufel mit euch.