Aufdröseln, was sonst verschwurbelt bliebe. Diesmal mit Blut-Krieger Bastian und den Saubermännern: Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!
Das ist der Bastian. Bastian ist unser „Blut-Krieger“ (BILD). Damals, als wir noch Fußball konnten, wurde er von den bösen Argentiniern im Endspiel gefällt wie eine deutsche Eiche, wieder und wieder und wieder. Jedes Mal stand er wieder auf, jedes Mal hatte er eine blutende Schramme mehr im Gesicht. Nie trat und schlug er zurück, denn tief drin war er ein friedlicher Junge vom Lande. Aber am Ende dann Weltmeister. Näher sind wir dem alten deutschen Ideal „zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl, sauber wie die Spielautomatenwirtschaft“ nach dem Krieg selten gekommen, und seit dem Sommer 2014 schon gar nicht.
Blut-Krieger Bastian Schweinsteiger jedenfalls weiß, wie weh unsauberes Spiel tut. Deshalb weiß er auch, wie wichtig ein sauberes ist, logisch. Deshalb wiederum hat ihn die deutsche Spielautomatenwirtschaft jetzt auserkoren, ihr neuer Sympathieträger und Vorzeige-Saubermann zu sein.
Schweini können alle rückhaltlos gut finden. Ihn auf dem Foto erkennen, sich erinnern, schwelgen. Und seine Botschaft verinnerlichen. Denn die gilt ja nicht nur für den Fußballplatz, sondern in Schweinis Worten „egal wo und was du spielst.“ Zum Beispiel an der Börse. Im Kindergarten. In der Politik. Oder eben, wenn du deine letzten Münzen in einer Automatenspielhalle verplemperst. Einsam, perspektivlos und von Hartz IV gezeichnet, in der unbegründeten Hoffnung, den Privatkonkurs doch noch abwenden zu können.
Das sagt uns der Basti: Die wollen nur Sauberkeit. Ach, das ist ja mal schön. Rechtschaffene Leute, die Spielautomatenbranchenleute.
Aber selbst diese Bastian Bastion des Idealismus hat heutzutage schwer zu kämpfen:
Sie kämpft den guten, den sauberen Kampf. Steht immer wieder auf. Trotz Fouls. Trotz Blutgrätsche. Für ein legales Spiel. Das ist es ja im Grunde nur, ein Spiel. Hey, bloß Spiel! Nicht existenzvernichtend krankhaftes Unglücks-Gedaddel und Ausbeutung eines industriell induzierten Gierreflexes, sondern fröhliche, entspannende Unterhaltung im zwanglosen Austausch mit einem ausgeklügelten mathematischen Profitabilitätsmodell.
Es ist nichts Geringeres als la légalité, für die sie kämpfen. Legalität – statt illegaler Internet-Spielhöllen, wo unlizensierte und nicht TÜV-geprüfte Casino-Webseiten den arglosen Spielern Stromschläge über die Tastatur verpassen. Wo neben dem Laptop die Flasche lauert. Wo versteckte Trojaner pausenlos ihre Manipulationen an den heimischen Rechner funken: „Überweis mir mehr Geld! Mehr! MEHR! Und jetzt noch das Häuschen, das dir Erbtante Annemarie auf dem Totenbett überschrieben hat!“
Nicht mit der deutschen Automatenwirtschaft! Sie hat die fünf goldenen Regeln, die so etwas verhindern. Also zumindest, dass jemand wirkliche Regeln aufstellt. Verpflichtende Regeln. Gesetzliche Regeln. Strafbewehrte Regeln. Solche, die das Ausbeuten des Spiel- und Gewinntriebs tatsächlich untersagen oder zumindest stark einschränken würden. Regeln zum Schutz der Angreifbaren vor den Angreifern.
Da! Ein Eichhörnchen!
Derartige Regeln würden vielleicht stattdessen heißen: Kein Zutritt ohne Nachweis finanzieller Eigenverantwortung und ausreichender Spielsucht-Resistenz. Keine Geschäfte mit der Sucht. Keine Ausschüttungsquote, die den Spieler gegenüber dem Spielautomatenbetreiber strukturell benachteiligt, dass es die Sau graust. Übernahme der Therapiekosten für Suchtopfer und Ausgleich der ihnen entstandenen materiellen Schäden.
Aber es gibt ja zum Glück schon strenge Normen („geprüfte Qualität“), weshalb sich der Gesetzgeber nicht mehr zu kümmern braucht. Die Arbeit hat ihm die Industrie abgenommen. Er kann beruhigt woanders hinschauen – da, ein Eichhörnchen!
Die deutsche Spielautomatenwirtschaft ist nämlich eigentlich eine Art Social Enterprise, eine Nichtregierungsorganisation mit Verantwortung für, ähm, Verantwortung. Und nicht einfach nur eine weitere Lobby, die durch eine fadenscheinige „Selbstregulierung“ die wirkliche, unerlässliche, längst überfällige Regulierung ein weiteres Mal abzuwenden sucht.
Ohnehin besser, wenn der Staat wegschaut. Allein in Nordrhein-Westfalen sind allein im Jahr 2014 rund 1,5 Milliarden Euro in den Geldschlitzen der Automaten verschwunden. Davon bekommt jetzt nicht nur Basti, der saubere Blut-Krieger, ein kleines Fotohonorar. Es bleibt auch noch was übrig für die darbenden Kommunen am Tropf der Spielautomatensteuer.
Wenn das nicht fair ist.