Die Älteren werden sich erinnern, dass auf Sommerhitze früher nach Monaten ein abkühlender Regenguss folgte. Für die nach 2017 Geborenen hier ein Bild, wie so etwas aussah:

(Disclaimer: Dieses Foto habe ich im Juni 2012 aufgenommen, am Beginn eines besonders hoffnungslosen Hamburger Regensommers. Aber da ich derzeit nichts auch nur annähernd Gleichnasses fotografieren kann, muss es reichen.)

Wie aber riecht es auf dem Foto? Ich meine jetzt nicht das arme Tier, das vermutlich seine besten Jahre bereits hinter sich hat und als sprichwörtliche „Ratte der Lüfte“ … lassen wir das.

Nein: Wie riecht der Regen auf dem heißen Teerpappen-Dach? Wie lautet der Fachbegriff für den Geruch des auf trockener Erde niedergehenden Wassergusses nach langer, großer Hitze? Sie wissen schon, dieses besonders in der Großstadt staubig-muffige, jedoch auch irgendwie würzige, an Heilkräuter oder Marihuana erinnernde Aroma. Ja-haa, da kommen Sie jetzt ins Schleudern!

Aber Herr Oliver mit seinem Gefühl für Regen und seinen 65 verschiedenen Begriffen für auffrischende Feuchtigkeit sagt es Ihnen. Der Name des Geruchs von Regen lautet: „Petrichor“.

Und zwar.

„Petr–“ kommt vom griechischen Wort „Petra“ für „Stein“. Und „Ichor“ war jene Flüssigkeit, die den Legenden zufolge durch die Adern der griechischen Götter pulsierte. Petr-Ichor. So weit klar?

Chemisch betrachtet wird Petrichor durch ein Öl ausgelöst, das bestimmte Pflanzen während langer Trockenzeiten absondern und das wiederum von Tonböden und Gesteinen adsorbiert wird. Während des Sommer- oder Gewitterregens wird dieses Öl – zusammen mit einer anderen Verbindung namens Geosmin – in die Luft freigesetzt. Geosmin wiederum ist ein „bicyclischer Alkohol“, der von Boden-Mikroorganismen produziert wird, mit einem ausgeprägt erdig-muffigen Geruch. (Er verleiht übrigens auch den Schimmelpilzen ihr abstoßendes Aroma.)

Was sinnloses Partywissen angeht, ist das ein ganz charmanter Fund, oder? So eine Hitzewelle bzw. Klimakatastrophe wirkt eben stark bewusstseins- und horizonterweiternd. Ist natürlich alles nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern der Begriff Petrichor wurde schon 1968 von den australischen Forschern I.J. Bear und R.G. Thomas geprägt. Und nachzuschlagen ist das Ganze wie immer in der Wikipedia. Ehre, wem Ehre gebührt.

Fun fact: Ein anderer Forscher mit dem schönen Namen C. Hugh Tyndale-Biscoe hat die These aufgestellt, dass der Petrichor-Geruch das Brunftverhalten von Känguruhs beeinflusst. Zwei Wochen nach einem Platzregen mit Petrichor-Emission waren nämlich 65 Prozent der von ihm untersuchten Känguruh-Damen brünstig. Ich weiß nicht, was für ein Forschugsgebiet C. Hugh Tyndale-Biscoe beackert, aber ich nehme mal an, er tut es aus meiner Sicht auf dem Kopf stehend.

So. Petrichor. Aber wie nun würde das zugehörige Adjektiv lauten? Dieser Regen riecht so wolllüstig, so brünstig, so … petrichorig? Petrichoral? Petrichoresk? Petrichoransk?

Weiß der Geier. Mich würde er, gargekocht wie ich bin, gerade jetzt jedenfalls ausgesprochen känguruh machen. Sollte der große Regen noch heute Abend niedergehen, würde ich auf die Straße stürzen, mir die spärliche Kleidung endgültig vom Leib reißen, tief einatmen und von Herzen intonieren:

Petri Dank!