„Du wirst nichts besitzen, und du wirst glücklich sein“, lehrt Klaus Schwab. Vormundschaft für die Masse, Immunität für die Eliten: Momentaufnahmen der entstehenden Ordnung in loser Folge

Na, haben Sie kurz vor der Europawahl immer noch nicht genug von Propagandaplakaten mit den Konterfeis von Sympathieträgerinnen wie Strack-Zimmermann (FDP) oder mitreißenden Parolen wie „Für Menschenrecht und Ordnung“ (Grüne)? Bitte, es ist noch reichlich Nachschlag da. Denn heute feiern wir das Hochfest unserer Demokratie: Vor genau 75 Jahren war der Tag der Verkündigung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat. Und daher gibt’s in diesem Jahr seit Wochen die doppelte Dröhnung an Agitation: Wahlplakate an jeder Ecke plus Verfassungsfrömmelei auf den Displays aller digitalen Bestrahlungsgeräte.

Achten Sie mal darauf: Im Stadtbild von Berlin bis Backnang wird pro Werbesäule derzeit etwa doppelt so viel Ideologie präsentiert wie Produktwerbung. Für jede Lidl-Reklame zwei grundgütige Botschaften unserer demokratischen Parteien und ihrer Freunde, etwa der unermüdlichen Firma Ströer. Ja, liebe Leute, es gibt etwas zu feiern: das gute Grundgesetz von 1949, Gott hab es selig.

Man spürt förmlich, wie die Werbefuzzis in den mit Steuergeld beauftragten Agenturen missmutig, sorgenvoll und inspirationsfrei vor dem Regierungs-Briefing saßen, mit dem sie instruiert wurden:

Der Auftrag besteht in der Konzeption eines schönen, bunten Plakats zum Thema Grundgesetz, das die Menschen in Feierlaune, aber nicht zum Nachdenken bringt. Das Plakat darf keine Anspielung darauf enthalten, dass das Grundgesetz deutschen Staatsbürgern spezielle Bürgerrechte als Abwehrrechte gegen den deutschen Staat zusicherte („Alle Deutschen haben das Recht …“). Es darf nicht thematisieren, dass dies laut Grundgesetz untrennbar mit der Zugehörigkeit zum deutschen Staatsvolk verbunden ist (jede Verbindung von Grundgesetz und „Volk“ ist unbedingt zu vermeiden!). Es darf nicht daran erinnern, dass wir diese unveräußerlichen Grund- und Bürgerrechte bei der ersten Schlechtwetterperiode („Pandemie“) allesamt ersatzlos einkassiert haben. Es darf nicht zum Inhalt haben, dass sich bei der Gelegenheit insbesondere die Pressefreiheit als hübsche Illusion erwiesen hat. Es darf auch nicht anklingen lassen, dass eine mit Grundrechten hinterlegte Staatsbürgerschaft ein Privileg ist, das über die allen Menschen im Staatsgebiet ohnehin zugesicherten Menschenrechte weit hinausging, im Gegenzug verknüpft mit Staatsbürgerpflichten, die das Bürgerliche Gesetzbuch regelt. Am besten, Sie kombinieren ein paar hübsche Bilder (z. B. Schmetterlinge, lachende junge Frauen) mit unverbindlichen Hashtags bzw. Slogans (gerne auch was mit Umweltschutz).

Und so geschah es.
#Together.
#WeDOOH.
#CreatingFuture.
Umweltschutz steht im Grundgesetz.
Leuchtturm der Freheit und Demokratie.
Ein Grundgesetz zum Feiern.
Pressefreiheit in deine Freiheit.

Die Symbolik der Bildsprache ist allerdings nicht perfekt gelungen. Man hätte das Grundgesetz als einen dürren, abgestorbenen Baum darstellen müssen, auf dessen toten Ästen wohlgenährte Menschen sitzen und sägen.

(Was von der Schutzwirkung des Grundgesetzes gegen einen vereinnahmenden und totalitären Staat nach 75 Jahren Misshandlung durch unsere demokratischen Parteien übrig blieb, ist akribisch hier zusammengefasst.)