Nach den Plänen der Berliner Ampel sollen „mentale Grenzverschiebungen“ bald strafbare Gedankenverbrechen werden. Wer von der Regierung gesetzte politische Tabus dann auch nur anzweifelt, macht sich schuldig. Ganz anders, wenn Linksgrüne selbst die Grenzen verschieben.
Ein linksgrünes Dogma besagt: Alle Gefahr geht von rechts aus. Demnach ist das Nachdenken konservativer Oppositioneller über alternative Konzepte zur Offene-Tür-Zuwanderung, wie sie von der Ampel-Koalition praktiziert wird, bedrohlicher als das handfeste Demokratieabschaffungs-Vorhaben der amtierenden Innenministerin unter dem orwellesken Tarnnamen „Demokratieförderungsgesetz“. Oder als die handfeste Störung des Flugbetriebs am Münchner Flughafen durch „Extinction Rebellion“.
Es gibt „mentale Grenzverschiebungen“, die der linksgrüne Gesetzgeber künftig unter Strafe stellen will – wenn sie in Köpfen stattfinden, die er „rechts“ verortet. Äußerst großzügig hingegen verfährt derselbe „starke Staat“ mit sogar tätlichen Grenzüberschreitungen, die von linken Klima-Aktivisten oder von ihm selbst vorgenommen werden.
Ein guter Tag
Ein signifikantes Beispiel für die gefährliche Verdrehung von Gefährdungslagen – Tat vs. Gedanken – bietet die Münchner FFF-Aktivistin und Gegen-rechts-Demo-Organisatorin Lisa Pöttinger. Zum Anschlag auf den Tesla-Standort im brandenburgischen Grünheide am Dienstag schrieb sie auf der Plattform X:„Jeder Tag des Produktionsstopps bei #Tesla ist ein guter Tag für unsere Umwelt & unser Wasser – und damit für alle.“
Später löschte die Klima-Aktivistin diesen Tweet wieder, nachdem Kritik auf sie eingeprasselt war, sie habe die hochkriminelle Zerstörung eines Hochspannungsmasts gefeiert – mithin eine Sabotage kritischer Infrastruktur, zu der sich die sogenannte „Vulkangruppe Tesla abschalten“ auf der linksrextremistischen Webseite „Kontrapolis“ bekannt hat: „Wir haben heute Tesla sabotiert. Tesla frisst Erde, Ressourcen, Menschen, Arbeitskraft und spuckt dafür SUVs, Killermaschinen und Monstertrucks aus. Unser Geschenk zum 8. März heißt, Tesla abzuschalten. Denn die komplette Zerstörung der Gigafactory und mit ihr das Absägen von ‚Technofaschisten’ wie Elend [sic!] Musk sind ein Schritt auf dem Weg der Befreiung vom Patriarchat.“
Pöttinger lehnt den Begriff „Terrorismus“ für den Sabotageakt der „Vulkangruppe“ ab. Sie schürt lieber Angst vor „Rechtsextremisten“, die das Gedankenverbrechen begehen, über die Anwendung bestehender Gesetze zur Ausreisepflicht abgelehnter Asylbewerber nachzudenken. Ein realisierter Sabotageakt samt konkreter Ankündigung weiterer, großflächigerer „Zerstörungen“ ist in diesen Denkwelten nicht nur nicht illegal und nicht strafbar, sondern notwendig, wenn die so Denkenden die Sabotage als „gut für alle“ deklarieren. Ein Nachdenken darüber, geltendes Recht nicht nur auf dem Papier zu belassen, sondern in staatliches Handeln zu überführen, muss dagegen als staatsgefährdend unterbunden werden.
Auch das Aufreger-Thema „russische Abhöraktion“, bei dem die Qualitätsmedien allerdings nicht etwa den Inhalt des Abgehörten als aufregend empfanden, ist in diese irritierende neo-öko-militär-sozialistische Dialektik eingewoben. Denn beinahe selbstredend gilt in der linksgrünen Transformation, vom SPD-Kanzler als „Zeitenwende“ bezeichnet, die verbale und mentale Grenzverschiebung hochrangiger Bundeswehr-Offiziere nicht als sanktionswürdig.
Die Militärs hatten darüber schwadroniert („Interessante Ziele sind einmal so eine Brücke im Osten …“), zivile Infrastruktur Russlands mittels deutscher Taurus-Marschflugkörper „herauszunehmen“. Dabei schlossen sie den Tod von Zivilisten billigend mit ein, ohne über dieses Schreckensszenario auch nur ein Sterbenswörtchen zu verlieren. Für ihren obersten Dienstherrn, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), offenbar alles kein Problem.
Derweil tritt der „Herausnehmer“, eben jener Marschflugkörper aus deutscher Produktion, über den die abgehörten Offiziere so nonchalant plauderten, im ZDF-Kinderkanal gar als putzig sprechende Trickfilm-Figur auf: „Kein Wunder, dass die [das ukrainische Militär] mich haben wollen. Ich bin halt eindeutig der bessere Marschflugkörper!“ Und weil der Kanzler sich immer noch weigert, das freche kleine Tötungsinstrument zu liefern, macht es ihm gehörig Druck: „Dem Olaf Scholz müssten wir Marschflugkörper mal ordentlich den Marsch blasen.“
Das Ding
Das fand wohl auch der Inspekteur der Luftwaffe im abgehörten Chat. Generalleutnant Ingo Gerhartz bedauert, dass man „das Ding kurzfristig nicht zum Fliegen bringen“ könne. Dabei sei das „ein Super-Tool“, das man da habe. Das „Ding“ mit dem Akronym TAURUS ist ein “Target Adaptive Unitary and Dispenser Robotic Ubiquity System”. Wer sich darunter nichts Konkretes vorstellen kann, dem sei das Factsheet zur Lektüre empfohlen, das die herstellende Taurus Systems GmbH aus dem oberbayerischen Schrobenhausen auf ihrer Unternehmens-Website präsentiert: Der Flugkörper Taurus KEPD 350 sei „das überlegene abstandsfähige Waffensystem für Präzisionsangriffe gegen gehärtete und hochwertige Punkt- und Flächenziele“. Taurus durchdringt dem Hersteller zufolge „im Tiefstflug die dichte Luftverteidigung des Gegners und zerstört sein Ziel mit seinem hochwirksamen zweistufigen Gefechtskopfsystem“.
Im Factsheet des Anbieters wird das „Ding“ zur perfekten Inkarnation deutscher Waffenkunst: flink wie Windhund, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl. Nur formuliert man das in Scholz‘ „Zeitenwende“ mit etwas anderen Worten: flexibel, robust, hochpräzise, höhenreferenziert, bildgestützt, störresistent, nutzerfreundlich – und gekrönt von einem „Gefechtskopf mit sehr hoher Penetrationsfähigkeit gegen ein weites Spektrum an Hochwertzielen“. Das passt auch perfekt zum erklärten Ziel des „Sicherheits-Experten“ Roderich Kiesewetter (CDU), „den Krieg nach Russland zu tragen“.
Es trifft sich ebenfalls, dass der Abstand von der ukrainisch-russischen Grenze zur russischen Hauptstadt Moskau nahezu exakt jene Entfernung aufweist, die der Taurus laut Hersteller mit seiner „operationelle[n] Reichweite über 500 km“ überwinden kann. Am Ziel angelangt vernichtet er mit seiner „unerreichte[n] Penetrationsfähigkeit“ diverse „Hochwertziele“ mit „chirurgische[n] Einsatzmöglichkeiten unter allen Wetterbedingungen“ und einem „frei programmierbaren Mehrzweckzünder“.
Wem das immer noch zu abstrakt erscheint, der kann sich von der Penetrationskraft des Stiers einen visuellen Eindruck verschaffen. Als kundenorientiertes Unternehmen hat die Taurus Systems GmbH das Video „Taurus final“ produziert und unter der Rubrik Medien auf der firmeneigenen Homepage eingestellt. Ab Minute 1:46 ist in einer durchaus lebensnahen Animation zu sehen, wie der Marschflugkörper einen Bunker durchschlägt, um in Räume einzudringen, die mit Computer-Arbeitsplätzen ausgestattet sind.
Wer im Werbetext nicht verstanden haben sollte, was der Vorteil eines programmierbaren Zünders sein könnte, der kann nun im Bild mitverfolgen, wie „die Detonation des Penetrators in vorgewählten Stockwerken innerhalb der Zielstruktur initiiert“ wird. Das Eindringen inklusive beeindruckender Feuer-Ejakulation wiederholt sich aus Werbezwecken ab Minute 2:56 und gipfelt – musikalisch durchgängig beschwingt unterlegt – in einem stakkatoartigen Potpourri weiterer Einschläge bei 3:14, 3:16, 3:23 und 3:29. Ein Feuerwerk an Hochleistungstechnologie.
Leopard und Stier statt Taube
Infantile Verniedlichung von Waffen hat inzwischen schon eine ungute Tradition begründet – vor allem bei der Partei, die bis vor ein paar Jahren mit Protesten gegen Rüstungsgüterproduzenten aufgefallen ist und noch zu den Bundestagswahlen 2021 mit dem Versprechen „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“ antrat. Bald darauf aber, nun in Regierungsverantwortung, wandelte sich die grüne Taube zum Taurus und zur „Hoffnung der Rüstungsindustrie“ (Der Spiegel).
Grüne Regierende mutierten in atemberaubender Geschwindigkeit von Pazifisten zu „Bellizisten“ (Zeit), die „Frieden schaffen mit mehr Waffen“ (FAZ). Vor allem der Leopard hatte es den neuen „Olivgrünen“ und „Panzerfans“ (Spiegel) angetan. So groß war die Faszination, dass unter dem Zepter der grünen Außenministerin Baerbock alle Hemmungen fielen – beginnend bei der früheren Kirchentagspräsidentin Karin Göring-Eckardt, die den Erfolg der geschmacklosen Panzerlieferungs-Kampagne „Free the Leopards“ per Tweet feierte, bis zur obszönen Aktion der kurz darauf abgelösten Botschafterin in Kiew, Anka Feldhusen, die im März 2023 einen Plüsch-Panzer als ihr „neues Lieblingsspielzeug“ streichelte.
Angesichts dieses unfassbaren Missgriffs wirkt die Kostümierung der grünen Bundestagsabgeordneten Sara Nanni, die sich zur Debatte um die Panzerlieferung an die Ukraine in einem Pulli mit Leoparden-Muster zeigte, fast schon wie eine schülerinnenhafte Petitesse. Nanni war, das sei zu ihrer Panzer-Begeisterung angemerkt, von 2015 bis 2020 Sprecherin der grünen „Bundesarbeitsgemeinschaft für Frieden“.
Locker an Stillosigkeit übertroffen wurde sie von der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Auf der Münchner Sicherheitskonferenz erschien sie in einem Oberteil mit schnaubendem Stier samt Aufschrift „Taurus für die Ukraine. Zusammen bis zum Sieg“. Der Berliner Zeitung gefiel das: „Schneidig“. Für ein Fan-Outfit bei Eishockey vielleicht schon.
Harmlose Marschflugkörper, gefährliche Autos
Zeitgleich mit der kindungerechten Verniedlichung (ZDF, Grüne) und verantwortungslosen Verharmlosung (Generalleutnant Gerhartz) eines todbringenden Waffensystems bezeichnet die „Vulkangruppe“ Autos von Tesla wie zitiert als „Killermaschinen“. Die Linksextremisten geben sie im Bekennerschreiben zum Abfackeln frei: „In dem heimlichen Poesiealbum einer jeden Aktivistin sollte ein abgewrackter Tesla nicht fehlen. Kein Tesla auf der Welt soll mehr sicher sein vor unserer flammenden Wut. Jeder Tesla, der brennt, sabotiert die imperiale Lebensweise.“
Neue Normalität in der Zeitenwende: Eine wirkliche Killermaschine wie der Taurus ist eine lustig bunte Zeichentrickfigur, quasi nur eine virtuell bespielbare Projektionsfläche, die den Frieden sichert, indem sie den Krieg ins Feindesland trägt. Ein ziviles Kraftfahrzeug dagegen wird im Bekennerschreiben der „Vulkangruppe“ als gefährliche Waffe und todbringendes Kriegsgerät denunziert, dessen Funktion es geradezu sei, den Frieden auf den Straßen zu gefährden: „Tesla militarisiert die Straße. Seine fahrenden Panzer sind Kriegsgerät. Das Auto als Waffe. Die Straße das Schlachtfeld. Tesla hat statt 9 mm jetzt 856 PS in die Welt gesetzt.“
Orwells Doppeldenk in Perfektion.
@Jürgen Schmid, die Sabotage der Stromversorgung des Tesla-Werkes und der Krieg in der Ukraine liegen für mich in nahezu jeder Hinsicht dermaßen weit auseinander, dass ich Ihren bemühten Vergleich nur als oberflächliche Klage über die politische Wetterlage wahrnehmen kann.
Schmid beschreibt die willkürliche Umdeutung von Begriffen und Kausalitäten anhand von zwei Beispielen. Er behauptet nirgends, dass beide miteinander zu tun hätten. Aber der Mechanismus, den die linken Realitätsfälscher bei ihren Manipulationen anwenden, ist identisch.
Auf dem Nachrichtenportal t-online habe ich einen ähnlichen Kommentar zur TAURUS Diskussion gelesen. Ich kann die weitsichtige Ablehnung des Deutschen Bundeskanzlers jetzt besser verstehen: das Ding fliegt theoretisch bis Moskau. Auch wenn die Ukraine im Moment anderes verspricht: kurz vor der Niederlage mit dem Rücken zur Wand könnte eventuell doch jemand auf die Idee kommen den TAURUS Richtung Kreml zu schicken.